Work from anywhere? Aber (rechts-)sicher!
Für viele Unternehmen gehört "work from home" mittlerweile zum allgemeinen Tagesgeschäft. Dabei denken einige von ihnen schon heute an eine Lösung für morgen: "work from anywhere". Um im Sinne von Mitarbeitenden und gleichzeitig rechtssicher für das Unternehmen zu entscheiden, sollten Personalverantwortliche einiges beachten.
Das Interesse an Mobile Working im Ausland steigt derzeit enorm - sowohl auf Arbeitnehmer - als auch auf Arbeitgeberseite. Omer Dotou, Unternehmensberater und Auslandsspezialist in der BDAE-Gruppe, berichtet im Gespräch mit der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK): "90 Prozent der Anfragen, die bei uns in der Unternehmensberatung eingehen, drehen sich derzeit ums Homeoffice, Mobiles Arbeiten oder Workation im Ausland". Die Nachfrage der Personalabteilungen nach entsprechenden Webinaren - unter anderem in Kooperation mit der TK - sei enorm.
Es zeigt sich also: In Zeiten von Arbeitnehmermarkt und Fachkräftemangel wollen oder müssen Unternehmen sich bewegen, sich Mitarbeitenden gegenüber flexibel zeigen und "work from anywhere" zumindest in Erwägung ziehen.
Gleichzeitig herrscht in den Personalabteilungen noch Unklarheit, was in welchem Fall zu beachten und vorzubereiten ist. Denn Remote Work bzw. Homeoffice im Ausland ist in zahlreichen unterschiedlichen Formen denkbar, wobei jede einzelne ihre Besonderheiten und auch rechtlichen Risiken mit sich bringt.
Häufig nachgefragt, vergleichsweise unkompliziert: "Workation"
Dazu ein Beispiel-Szenario: Ein Arbeitnehmer - in Deutschland vorwiegend im Homeoffice tätig - beabsichtigt, nach dem eigentlichen Urlaub noch einige Wochen im Ausland zu verbringen. Statt im heimischen Arbeitszimmer möchte er im Ferienhaus in Spanien arbeiten. Was ist zu beachten?
Hier handelt es sich um die sogenannte Workation, das heißt eine neue Arbeitsform, die sich aus den Begriffen "Work" und "Vacation" zusammensetzt und insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie von Mitarbeitenden vermehrt nachgefragt wird. Ein im ersten Moment naheliegender Gedanke: Da der Arbeitnehmer ohnehin nicht oder nur selten im Betriebsgebäude tätig ist, dürfte es keinen Unterschied machen, ob er seine Arbeit in Hamburg oder vorübergehend aus Barcelona verrichtet. Doch auch wenn der Fall tatsächlich vergleichsweise unkompliziert ist, zeigt er bereits einige typische Punkte auf, die zum Thema Homeoffice im Ausland zu beachten sind. Experte Dotou rät daher bereits im Falle einer Workation zu einer Vorlaufzeit von vier bis sechs Wochen, um alle relevanten Fragen zu klären. Darunter:
Dauer der Workation
Ist die Workation auf weniger als vier Wochen begrenzt, besteht kein arbeitsrechtlicher Handlungsbedarf. Änderungen im Arbeitsvertrag sind nicht erforderlich. Bei längeren Aufenthalten ist eine präzise vertragliche Zusatzvereinbarung empfehlenswert.
Bestimmungen im Zielland
In jedem Fall sollte geprüft werden, ob es für die jeweilige Person legal ist, im gewünschten Land zu arbeiten. Unter Umständen sind ein Aufenthaltstitel oder eine Arbeitserlaubnis erforderlich. In den USA etwa wird immer ein Arbeitsvisum benötigt, unabhängig von der Dauer der Tätigkeit. Personalverantwortliche sollten zudem mit den jeweils vor Ort geltenden arbeitsrechtlichen Anforderungen wie Arbeitszeit- und Pausenregelungen sowie Vergütungsvorschriften vertraut sein - und das für jedes einzelne Land.
Visum
Vor allem für Nicht-EU-Bürger, die mobiles Arbeiten im Ausland planen, kann unter Umständen ein Visum erforderlich sein. Die Visa-Frage stellt sich zudem für Deutsche, die in einem Land außerhalb der EU arbeiten möchten.
Wohnsitz(e)
Handelt es sich im oben genannten Beispiel um eine angemietete Ferienwohnung oder hat der Mitarbeiter in Barcelona einen zweiten Wohnsitz? Im letzteren Fall ist es möglich, dass er auch in Spanien lohnsteuerpflichtig ist - ohne vorherige Klärung könnten Steuernachzahlungen für den deutschen Arbeitgeber drohen.
Sozialversicherung
Auch wenn eine Workation in der Regel auf Wunsch der Mitarbeitenden stattfindet, ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Einwilligung hier in der Pflicht. Seit 2021 gilt die Workation seitens der Sozialversicherungsträger als Entsendung, sodass Mitarbeitende im Rahmen einer Auslandsentsendung versichert werden können. Arbeitgeber sollten sich also mit der jeweils zuständigen Krankenkasse in Verbindung setzen, um zu gewährleisten, dass der Schutz durch die Sozialversicherung auch im Ausland bestehen bleibt.
Steuern
Je nach Dauer und Art der Tätigkeit können Themen wie die steuerrechtliche Betriebsstätte oder eine Steuerpflicht im Ausland relevant werden. Wird beispielsweise ein Vertriebsmitarbeiter im Ausland tätig, besteht für den Arbeitgeber aufgrund des geschäftsfördernden Aufgabenbereichs unter Umständen das Risiko einer steuerlichen Betriebsstätte. Zudem ist die pauschale Anwendung der sogenannten 182-Tage-Regelung laut Experte Dotou im Falle einer Workation zu vermeiden.
Es geht komplizierter: "Rechtliche Beratung ist derzeit immer nötig"
In anderen Fällen, die unter den weiten Begriff Mobile Working im Ausland fallen, sind weitaus mehr Fragen zu klären und Vorbereitungen zu treffen. Komplexer wird es beispielsweise, wenn Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz dauerhaft ins Ausland verlegen und im Homeoffice für das deutsche Unternehmen arbeiten.
Wieder andere Aspekte sind zu beachten, wenn internationale Fachkräfte aus dem ausländischen Homeoffice - gerade bei IT-Fachkräften oftmals außerhalb der EU - für deutsche Unternehmen tätig werden. Entsprechend empfiehlt Auslandsexperte Dotou, in puncto Homeoffice im Ausland vorschnelle Zusagen zu vermeiden und genügend Vorlaufzeit für die Klärung aller relevanten Fragen einzuplanen: "Rechtliche Beratung ist derzeit immer nötig, weil jeder Fall eine eigene Komplexität mitbringt."