Drug-Future-Report
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Der Report gibt einen Ausblick auf die Entwicklung neuer Arzneimitteltherapien sowie auf die Herausforderungen an das deutsche Gesundheitssystem.

Die Techniker Krankenkasse (TK) hat bei der Vorstellung des Drug-Future-Reports neue Bewertungsverfahren für Gentherapien gefordert.
"Die bisherigen Bewertungsverfahren für Arzneimittel sind für diese Therapien nicht konzipiert und ungeeignet", erklärt TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas bei der Vorstellung des "Drug-Future-Reports" über neue zukunftsweisende Arzneimitteltherapien in Berlin. "Wir brauchen einen schnelleren Marktzugang für diese vielversprechenden Therapien und eine regelmäßige Überprüfung ihrer Erfolge und Kosten." Hierzu hat die TK unter dem Namen "Dynamischer Evidenzpreis" ein neues Konzept entwickelt.
Reportage zum Drug-Future-Report 2019

Herausforderungen durch innovative Arzneimitteltherapien
"In den kommenden Jahren werden wir einen Innovationsschub auf dem Arzneimittelmarkt erleben. Wenn wir unser Gesundheitssystem nicht jetzt darauf vorbereiten, dann stehen wir in ein paar Jahren vor dem Problem, dass wir reihenweise neue Therapien haben, die durch das System von Zulassung und Erstattung fallen und daher in Deutschland den Patienten nicht zur Verfügung stehen", so Baas.
Drug-Future-Report
Gesundheitssystem droht Kostenexplosion
So gebe es in Deutschland beispielsweise rund 4000 Bluter-Patienten mit einer Dauermedikation. Für die aktuelle Standardtherapie mit Faktor-Präparaten wende die gesetzliche Krankenversicherung derzeit insgesamt etwa 480 Millionen Euro auf. Bei der Einführung der 2023 erwarteten Gentherapie für diese Krankheit könnten die GKV-Ausgaben auf vier Milliarden Euro steigen. Das wären rund zehn Prozent der gesamten Arzneimittelausgaben. Dabei sei die Bluterkrankheit nur eine von zahlreichen Krankheiten, bei der mit Fortschritten gerechnet werde.
Datenlage häufig sehr dünn
Ein Problem sei die häufig sehr dünne Datenlage beim Markteintritt von neuen Therapien. Die untersuchte Patientenzahl vor Marktzulassung sei in vielen Fällen zu klein, um Sicherheit und Langzeitwirksamkeit nachzuweisen. Besonders bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen - sogenannten Orphan Arzneimittel - werde der Wirksamkeitsnachweis häufig auch Jahre nach der Zulassung noch nicht erbracht. Baas: "Das müssen wir mit einem neuen System ändern."
TK-Konzept: "Dynamischer Evidenzpreis"
Das Konzept des Dynamischen Evidenzpreises sieht eine von Herstellern und Kassen unabhängige Datenerhebung über die Therapieerfolge in einem zentralen Register vor. "Dadurch können wir beim Markteintritt noch bestehende Evidenzlücken so schnell wie möglich schließen, was zu einer höheren Patientensicherheit führt", erklärt der Leiter der TK-Arzneimittelversorgung Tim Steimle. In den ersten beiden Jahren nach der Markteinführung könnten die Pharmahersteller ihre Preise bis zu einer Obergrenze, die sich an den europäischen Durchschnittspreisen orientiert, frei wählen. Danach sollen Hersteller und Kassen anhand der ermittelten Daten erstmals über die Erstattungspreise verhandeln. Diese Preisverhandlungen sollen danach in 12-Monats-Abständen auf Basis des jeweils aktuellen Datenstandes wiederholt werden.
Silicon Valley forscht an den Therapien von morgen
Nach Einschätzung des Publizisten und Journalisten Thomas Schulz ist der anstehende Innovationsschub unter anderem auf neue Erkenntnisse durch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms zurückzuführen. Gleichzeitig erlauben immer schnellere Rechner und die weltweite Vernetzung immer umfangreichere Datenanalysen. Viele dieser Innovationen kommen aus dem Silicon Valley, wo derzeit mit großen finanziellen Mitteln und viel Enthusiasmus an den Therapien von morgen geforscht wird.
Thomas Schulz
"Die Vordenker im Silicon Valley sind sich einig: In der Medizin ist eine Revolution im Gange, schon in wenigen Jahren wird sie ganz anders aussehen."