Meistens kommen rote, entzündete Hautstellen an typischen Körperarealen wie Ellenbeugen, Kniekehlen oder Händen und ein unerträglicher Juckreiz hinzu. In Hamburg leiden rund vier Prozent der Menschen unter der chronischen und entzündlichen Hautkrankheit (genau: 4,1 Prozent). Kinder und junge Erwachsene unter 20 Jahren sind dabei mit knapp acht Prozent (genau: 7,7 Prozent) besonders häufig betroffen. Der Neurodermitis-Report, der in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse (TK), dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Universität Bremen entstanden ist, geht dem Krankheitsbild auf den Grund. 

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Report? Fragen dazu an den Mitherausgeber Prof. Dr. Matthias Augustin, Direktor am Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Facharzt für Hauterkrankungen am UKE.

TK: Herr Prof. Dr. Augustin, Neurodermitis ist eine chronische entzündliche Hauterkrankung, die auf einer erblichen Veranlagung beruht. Durch welche Faktoren kann sie ausgelöst werden?

Prof. Dr. Matthias Augustin: Als potenzielle Auslöser für Schübe der Neurodermitis und auch als Erstauslöser kommen eine Vielzahl verschiedener Faktoren in Frage, die wir beim einzelnen Patienten in sehr unterschiedlicher Form und Ausprägung finden. Zu den häufigsten Auslösern gehören die folgenden Gruppen:

  1. Allergische Reaktionen (zum Beispiel Unverträglichkeiten auf Hausstaubmilben, Tierhaare, Pollen oder auch Kontaktallergien),
  2. Stress und individuelle psychische Belastungen,
  3. Umweltfaktoren (zum Beispiel trockene Luft, heißes Klima, Staubbelastung),
  4. Irritation der Haut (zum Beispiel Waschen, Kleidung oder Kratzen),
  5. Infektionen der Haut,
  6. weitere Grunderkrankungen und Medikamente.

Es ist daher eine sorgfältige individuelle Diagnostik und Therapie nötig.

Prof. Dr. Matthias Augustin

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Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Hamburg steht in der leitliniengerechten Arzneimitteltherapie sehr gut da und weist die höchsten Anteile an gut versorgten Patienten innerhalb Deutschlands auf. Prof. Dr. Matthias Augustin, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

TK: Sind Frauen und Männer gleich häufig von Neurodermitis betroffen?

Prof. Dr. Augustin: Neurodermitis kommt in allen Altersgruppen und bei allen Geschlechtern vor. Frauen sind jedoch in der Versorgung häufiger betroffen als Männer, das Verhältnis liegt in der Versorgung etwa bei sechs zu vier.

TK: Wie wird Neurodermitis behandelt? Gibt es regionale Besonderheiten in Bezug auf Hamburg?

Prof. Dr. Augustin: Die Behandlung der Neurodermitis beruht auf einer sorgfältigen Diagnostik und Diagnosestellung. Dabei ist zum einen auf die Auslösefaktoren zu achten, zum anderen auf eine rasche und konsequente Linderung des hohen Leidensdruckes. Die Behandlung ist sehr komplex und setzt individuell beim einzelnen Patienten an. In der Therapie werden grundsätzlich Maßnahmen zur Verbesserung des Hautstatus, insbesondere der gestörten Hautbarriere eingeleitet. Danach kommen individuell Medikamente zum Einsatz, dies meist erst äußerlich, in schweren Fällen auch innerlich. 

Ziel ist es, die Entzündung zu mindern, den Juckreiz zu dämpfen, Infektionen an der Haut zu beseitigen und insgesamt die Verfassung der Haut zu verbessern. Von ganz großer Wichtigkeit sind auch psychosoziale Maßnahmen, Patientenschulungen und Entspannungsverfahren. Die hierfür entwickelten Programme haben sich als hochgradig wirksam und nutzbringend erwiesen. 

Hamburg steht in der leitliniengerechten Arzneimitteltherapie sehr gut da und weist die höchsten Anteile an gut versorgten Patienten innerhalb Deutschlands auf.

TK: Viele Menschen mit Neurodermitis leiden zusätzlich unter verschiedenen Unverträglichkeiten. Empfehlen Sie aktuell Betroffenen eine Impfung gegen das Corona-Virus?

Prof. Dr. Augustin: Zusätzliche Unverträglichkeiten wie allergische Sensibilisierungen oder besondere Hautempfindlichkeit liegt bei den meisten vor.
Ich empfehle uneingeschränkt die Impfung gegen COVID-19 mit den zugelassenen Impfstoffen, Details dazu finden Interessierte in unserem Neurodermitis-Ratgeber. Einzig eine besondere Vorsicht besteht bei Personen, die bereits eine schwere allergische Reaktion gegenüber Impfungen hatten, was allerdings sehr selten ist. Hier ist die Abstimmung mit dem behandelnden Arzt zu empfehlen.

Hinweis für die Redaktion

Der Neurodermitisreport steht in zwei Versionen zum Download im Portal "Presse & Politik" bereit, einmal in einer Lang- und einmal in einer Kurzversion, die sich insbesondere an interessierte Betroffene richtet. Er enthält auch zahlreiche Tipps zum Umgang mit Neurodermitis.