Mainz, 16. März 2023. Aus Sicht der rheinland-pfälzischen Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK) sind die so genannten "Apps auf Rezept", die seit rund zweieinhalb Jahren verordnet werden können, in der Versorgung angekommen. Anfang März waren im Verzeichnis für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) 44 Anwendungen gelistet. Bundesweit verzeichnete die TK bisher knapp 75.000 Anträge für DiGA, davon knapp 3.400 in Rheinland-Pfalz. Dabei stehen die DiGA bei Frauen höher im Kurs, sie machen zwei Drittel der Nutzer und Nutzerinnen aus. Besonders gefragt sind bei der TK eine App gegen Rückenschmerzen, eine Anwendung zur Behandlung von Tinnitus sowie eine zur Unterstützung bei Adipositas. Auf sie beziehen sich rund 41 Prozent aller Anträge bei der bundesweit größten Kasse.

Nachweis des medizinischen Nutzens fehlt häufig

Allerding gibt es noch Verbesserungspotential, beispielsweise beim Nachweis des medizinischen Nutzens. "Drei von vier Hersteller konnten zum Start der DiGA noch keinen Nutzennachweis erbringen und haben deshalb nur einen Antrag auf vorläufige Aufnahme in das Verzeichnis gestellt", sagt Jörn Simon, Leiter der TK-Landesvertretung in Rheinland-Pfalz. Häufig werde die Erprobungsphase verlängert oder die App wieder vom Markt genommen, wenn der Nutzen nicht nachgewiesen werden könne. Zahlen müssten die Kassen die App aber trotzdem.

"Aus unserer Sicht muss das Bewertungs- und Zulassungsverfahren überprüft und weiterentwickelt werden. Der Arzt oder die Ärztin, die die App verordnet, muss sich darauf verlassen können, dass das Produkt einen Nutzen hat. Deshalb sollte die Erprobungsphase nur in Ausnahmefällen verlängert werden dürfen", fordert Simon.

"Mondpreise" im ersten Jahr

Kritisch sieht der Landes-Chef auch die Preisgestaltung. "Ähnlich wie bei Medikamenten dürfen die Hersteller die Vergütung im ersten Jahr frei bestimmen. So kommt es teilweise zu "Mondpreisen" von bis zu 2.077 Euro. Das ist unverhältnismäßig im Vergleich zu den Kosten einer analogen Arztbehandlung", sagt Simon. Die TK fordert daher wirksamere Mechanismen zur Regulierung des Preisniveaus im ersten Jahr und eine Orientierung am Preis der analogen Therapie der jeweiligen Behandlung.

Mehrwert für Patienten stärker in den Blick nehmen

Nutzerinnen und Nutzer, die zu ihrer Zufriedenheit und dem Nutzungsverhalten der DiGA befragt wurden, gaben ein gemischtes Bild ab: Etwa ein Drittel sagte, dass ihnen die App nicht oder eher nicht geholfen hat, 19 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass ihre Beschwerden gelindert worden seien und 43 Prozent gaben an, dass ihnen die Anwendung eher geholfen habe.  37 Prozent der Befragten sagten, dass sie Apps auf Rezept jeden Tag nutzten, 30 Prozent ein bis drei Mal in der Woche und 17 Prozent vier bis sechs Mal in der Woche. Jede oder jeder Zehnte gab an, sich nur wenige Male im Monat anzumelden und sechs Prozent nutzten die App gar nicht. "Die Umfrage-Ergebnisse zeigen, dass der Mehrwert der DiGA für die Patienten noch stärker in den Blick genommen werden muss. Wo wir als TK eine große Wissenslücke sehen, ist die tatsächliche Anwendungs- und Abbruchrate jeder einzelnen DiGA, die nur der Anbieter ermitteln kann. Wir fordern deshalb, dass die Anbieter verpflichtet werden, die Nutzungshäufigkeit und Compliance zu analysieren, auch um möglicherweise Verbesserungspotential zu erkennen", sagt Simon.

Hinweis an die Redaktion: 

Für den DiGA-Report 2022 hat die Techniker Krankenkasse alle Verordnungen für Apps auf Rezept ausgewertet, die von Oktober 2020 bis Dezember 2021 bei der TK eingegangen sind.