Neue Rezepte für die "Apps auf Rezept"
Position aus Rheinland-Pfalz
Ein Standpunkt von Jörn Simon, Leiter der TK-Landesvertretung Rheinland-Pfalz, zu den Digitalen Gesundheitsanwendungen.

Henry Ford soll einmal gesagt haben: "Besorgt mir Ingenieure, die noch nicht gelernt haben, was nicht geht!" Ein schönes Zitat zum Thema Innovation. Beim Thema DiGA, den Digitalen Gesundheitsanwendungen - vielen besser bekannt als "App auf Rezept", wollte der Gesetzgeber auch vor allem erst mal erreichen, dass "etwas geht", dass etwas in Schwung kommt. Grundsätzlich begrüßen wir als TK auch die Idee, durch solche Apps die Gesundheitsversorgung voran zu bringen, neue Wege zu gehen und die Digitalisierung insgesamt damit zu stärken. DiGA als Grundidee sind nämlich sicher eine gute Innovation.
Jörn Simon
Schnellere Nutzeneinschätzung nötig
Nach gut anderthalb Jahren ist es aber Zeit einmal Bilanz zu ziehen und auch zu zeigen, wie muss das Thema weiterentwickelt werden. Eine wichtige Facette dabei ist die Frage nach dem Nutzen. So wurde jetzt im März eine Gesundheitsanwendung aus dem entsprechenden Verzeichnis genommen, das zur Verschreibung der DiGA berechtigt, da sie den Nutzennachweis nicht erbringen konnte. Das hat die Versichertengemeinschaft bis dahin immerhin eine Millionen Euro gekosten - ohne offensichtlichen Nutzen.
DiGA werden nach einem sogenannten Fast-Track-Verfahren bei dem einige grundlegenden Anforderungen wie Sicherheit, Funktionstauglichkeit, und Datenschutz sichergestellt sein müssen, im DiGA-Verzeichnis gelistet und dürfen damit verordnet werden. Zudem müssen sie "positive Versorgungseffekte" nachweisen, dafür haben sie aber bei Bedarf noch ein weiteres Jahr - schon während der Verordnungsfähigkeit - Zeit. Meist wird hier nach einem Jahr sogar eine weitere Verlängerung beantragt.
Wir fordern: Hier muss im Sinne der Versicherten eine schnellere Nutzeneinschätzung her! Zudem muss die Verlängerung der Erprobungsphase zur Ausnahme werden und darf nicht die Regel sein.
Preise müssen angemessen und fair sein
Ein zweiter wichtiger Punkt ist der grundlegende Preis. DiGA-Hersteller sind im ersten Jahr - sieht man von einer zu wirkungsarmen Höchstpreisbremse ab - frei in ihrer Preisgestaltung. Wir stellen fest, dass die gewählten Preise meistens nicht angemessen sind. Vor der Listung im DiGA-Verzeichnis werden teilweise deutlich niedrigere Preise aufgerufen. In vier Fällen haben die Hersteller im ersten Jahr die Preise sogar nochmal aufgeschlagen. Bei zwei Apps wurde jetzt vom Schiedsamt nach der Erprobungsphase der Preis festgelegt und lag zweimal unter 50 Prozent des zuvor genommenen Herstellerpreises.
Wir fordern eine angemessene und faire Preisbildung, die die Versichertengemeinschaft nicht überfordert! Die Preismechanismen im ersten Jahr müssen wirksamer begrenzt werden.
Geld folgt Leistung
Ein weiterer Kritikpunkt steckt in der tatsächlichen Verwendung der App. Immerhin haben laut TK-DiGA-Report sechs Prozent der Patientinnen und Patienten die verschriebene App nie genutzt. Zehn Prozent gaben an, sie nur wenige Male zu verwenden. Warum also nicht einmal Testverordnungen für kürzere Zeiträume ausstellen, statt die App - wie es bislang gilt - direkt für 90 Tage zu verschreiben? Der Hersteller der App "Selfappy" stellt als positives Beispiel seine DiGA erst in Rechnung, wenn zwei Lektionen wirklich bearbeitet wurden.
Wir fordern: Therapieabbrüche und Nutzungshäufigkeit von DiGA müssen analysiert und die Ergebnisse mit Konsequenzen berücksichtigt werden!
Fazit
Seit Oktober 2020 dürfen Apps auf Rezept verordnet werden, was scheinbar zunehmend geschieht. Bis Ende 2021 wurden allein bei der TK fast 20.000 DiGA-Codes im Wert von über 6 Millionen Euro vergeben. Damit diese begrüßenswerte neue Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung aber weiter in sinnvollen Bahnen verläuft muss bei einigen Punkten nachgeschärft werden, was bei neuen Entwicklungen ja auch durchaus normal ist. Wenn das geschieht, tragen die DiGA sicher auch weiter zu einer positiven Digitalisierungsdynamik bei.