Artikel aus Hessen
Virtual Reality - Abtauchen war nie einfacher
Bei der "HLS-Cloud Conference 2017" haben Experten erstmals bei einer Fachtagung über Chancen der virtuellen Realität (VR) für das Gesundheitswesen diskutiert. Dabei haben sie auch aufgezeigt, in welchen Dimensionen sich VR grundsätzlich abspielt und sind auf mögliche Suchtrisiken eingegangen, die durch die neue Technologie entstehen können. Die Tagung wurde von der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS) e. V. veranstaltet, in Kooperation mit der TK-Landesvertretung Hessen.

Cloud-Conference-24-August-2017

Die Teilnehmer der "HLS-Cloud Conference 2017 - Virtual Reality - Abtauchen war nie einfacher" kamen überwiegend aus den hessischen Suchtberatungsstellen. Der Bedarf, sich auszutauschen und die Erkenntnisse zu den neuen Technologien in die tägliche Arbeit einzubauen, war vielen sehr wichtig. Es hat sich gezeigt, dass das Wissen zum Thema virtuelle Realität extrem weit auseinander geht. Die Sorge um die Menschen, die möglicherweise durch die besonders anziehende virtuelle Realität dem echten Alltag entgleiten, war jedoch bei allen Beteiligten gleich groß. Entsprechend überrascht zeigten sich viele Teilnehmer über die besonderen Chancen, die die neue Technologie eröffnet.
VR ermöglicht Therapie
Der Nutzen von VR beispielsweise in der Therapie von Phobien ist in der Forschung inzwischen unumstritten. Menschen, die etwa unter einer Sozialphobie leiden, können mit VR üben, vor anderen zu sprechen. Sobald sie ihre VR-Brille aufsetzen, sind sie selbst Teil der Szenerie. Ihre körperlichen Reaktionen sind dieselben, als wenn sie tatsächlich in der beängstigenden Situation wären. Durch das Therapieprogramm ist es jedoch möglich, jede Form der Konfrontation gezielt zu steuern, sodass der Patient niemals überfordert wird. Dasselbe gilt für Therapien gegen andere Ängste, zum Beispiel bei Spinnen- oder Höhenangst.
VR dient der Qualitätssicherung
In der ärztlichen Ausbildung können Chirurgen bereits heute Operationen virtuell erproben, bevor sie am Patienten operieren dürfen. "Dadurch können Ausbildungsinhalte effektiver transportiert und Maßnahmen zur Qualitätssicherung zielgerichteter durchgeführt werden", sagt Dr. Barbara Voß, Leiterin der TK-Landesvertretung Hessen.
VR bildet
Teil einer Szenerie zu sein, kann auch dabei helfen, Dinge besser zu verstehen und zu lernen. Mit VR können sich ganze Schulklassen an Orte begeben, die sie so nie besuchen könnten, und dadurch Lebensräume von Tieren erkunden, geschichtliche Zusammenhänge erleben oder sich in die Lebenssituationen anderer Menschen hineinversetzen.
VR - ein Suchtrisiko?
Menschen, die generell gerne in virtuelle Welten eintauchen, gehen mit VR einen Schritt weiter. Das kann dazu führen, dass sie lieber die meiste Zeit in ihrer eigenen Welt bleiben, anstatt am normalen Leben teilzuhaben. Aber, so sieht es Prof. Dr. Frank Steinicke von der Universität Hamburg: "Die Gefahr, das alle nur noch in VR leben wollen, wird es nicht geben."
Cloud-Conference-Schmidt-Rosengarten-2017

VR braucht Medienkompetenz
Der beste Schutz vor exzessivem Medienkonsum - egal in welcher Technologie - ist eine gut ausgebildete Medienkompetenz. Die TK in Hessen kümmert sich bereits seit Jahren darum Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte für einen selbstbestimmten Medienkonsum fit zu machen und sie für eine digitale Balance zu sensibilisieren.
VR - und jetzt?
Alle Beteiligten der "HLS Cloud Conference 2017 - Virtual Reality - Abtauchen war nie einfacher" waren sich einig: Die Gesellschaft braucht einen Moralkodex für ein Leben mit VR. Zum einen sind hier die Entwickler von VR-Spielen und VR-Trainingsprogrammen gefragt, zum anderen jeder einzelne Nutzer selbst. "Die Umgangsformen in der virtuellen Realität muss man sich erarbeiten", sagt Beate Kremser vom Infocafé Neu-Isenburg aus ihren Erfahrungen in der Jugendarbeit mit VR. Darüber hinaus ist es erforderlich, das richtige Maß für die Ausflüge in andere Realitäten zu finden. Unter diesen Voraussetzungen übertreffen die Potenziale von VR die Suchtrisiken.
Die Cloud Conference und ihre Referenten
Virtuelle Realität - Wirkungen und Folgen
Live aus dem Silicon Valley - Einsatzmöglichkeiten der VR
Risiken und Nebenwirkungen der virtuellen Realität
Science Slams - Abenteuer, echt?
Realität hat viele Dimensionen
Microadventures: Abenteuer gibt es überall, jederzeit
Florian Schmeing ist Student der Chemie an der Technischen Universität Clausthal und Research Assistant beim Clausthaler Forschungszentrum für Rohstoffsicherung und Ressourcen-Effizienz. Er ist der Verfechter der analogen Abenteuer. Mit Microadventures - kleinen Abenteuern - stillt er seine Sehnsucht, aus dem Alltag auszubrechen. Seine Botschaft: an einem freien Tag einfach mal raus aus der Komfortzone, weg mit dem Handy und mal ohne Plan die Gegend erkunden. Wer das nicht mehr gewohnt ist, gewinnt neue Eindrücke und hat am Ende des Tages wahrscheinlich mehr analoge, statt virtuelle Erlebnisse zu erzählen.
Workshops - Jugend, Bildung, Beratung, Sucht
VR in der offenen Jugendarbeit - Praxiserfahrungen
VR im Bildungskontext
Benjamin Wockenfuß leitet das Projekt "DigiKids" in der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS) e.V. Der Social Media Manager und Suchttherapeut hat derzeit im Fachgebiet "Kinder in der digitalen Welt" einen Lehrauftrag an der Frankfurt University of Applied Science inne. "In der Bildung kann virtuelle Realität lehrreiche Erlebnisse schenken: Kinder können sich in andere Lebenswelten hineinversetzen, andere Kulturen begreifen oder auch unerreichbare Orte kennenlernen - einmal in die Arktis und zurück. Auch abstrakte und komplexe Unterrichtsthemen werden nachvollziehbar und erlebbar", beschreibt Wockenfuß seine Motivation für die angeleitete virtuelle Realität in der Schule.
Total Immersion - Herausforderungen um Virtual Reality in Beratung und Behandlung
Behandlungsansätze für Menschen mit exzessivem Medienkonsum