Nachgefragt: IDV-Zentren - Kliniken vernetzen sich
Interview aus Baden-Württemberg
Die Abkürzung IDV steht für ein "intensivmedizinisch digital-gestütztes Versorgungsnetzwerk". Expertenwissen kommt darin per Telemedizin in die breite Versorgung.

Der G-BA hat beschlossen, dass Spezialkliniken der Herz- und Lungenmedizin, die ihre Expertise bei der Versorgung von Corona-Kranken per Audio-Videoübertragung oder in virtuellen Fallbesprechungen anderen Krankenhäusern zur Verfügung stellen, zeitlich befristet Zentrumszuschläge erhalten sollen.
TK: Herr Koffner, der Beschluss des G-BA dürfte bei der TK gut angekommen sein?
Markus Koffner: Das ist in der Tat ein weiterer Schritt in Richtung eines umfassenden telemedizinischen Versorgungsnetzwerkes. Ich erhoffe mir dadurch unter anderem Rückenwind für das von der Landesregierung geförderte Projekt "Sektorenübergreifende Telemedizinplattform 2025 in Baden-Württemberg", das um die RKH Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim entsteht.
Markus Koffner
Zwar gilt der Beschluss zeitlich befristet und auch nur für Corona-Patientinnen und -patienten. Doch wenn die Vorteile dabei sichtbar werden, kann eine Ausweitung auf weitere Indikationen einfacher erfolgen.
TK: Blicken wir etwas in die Details der Regelung. Was gefällt Ihnen, was nicht?
Koffner: Positiv ist zum einen, dass die Krankenhäuser, die als IDV-Zentrum fungieren möchten, besondere telemedizinische Kompetenz und Ausstattung anhand von konkreten Anforderungen vorweisen müssen. So muss beispielsweise eine Fachärztin oder ein Facharzt mit der Zusatzweiterbildung Intensivmedizin werktags zwischen 8 und 18 Uhr mindestens sieben Stunden im Telemedizinzentrum anwesend sein - und dabei keine anderen Aufgaben übernehmen. Außerdem muss eine hochauflösende bidirektionale Audio- und Videoübertragung in Echtzeit jederzeit unmittelbar durchführbar sein.
Kritisch sehen wir dagegen die Zentrums-Zuschläge als Finanzierungsinstrument. Zwar wurden solche Zuschläge 2020 eingeführt, um die besonderen personellen und organisatorischen Aufwendungen zu vergüten, die an Zentren anfallen, etwa bei der Behandlung seltener Erkrankungen. Im Fall der IDV-Zentren bleiben die Patientinnen und Patienten jedoch in den Kreiskrankenhäusern. Deshalb wäre es der bessere Weg, wenn diese die IDV-Zentren für deren telemedizinische Unterstützung vergüten und dafür dann Zuschläge von den Krankenkassen erhalten. Diese Lösung wäre transparenter und verursachungsgerecht.
TK: Welche weiteren Möglichkeiten sehen Sie generell, um Digitalisierung und Telemedizin in der stationären Versorgung weiter voran zu bringen?
Koffner: In den letzten Monaten wurde viel unternommen, damit die Digitalisierung nicht nur in Leuchtturm-Projekten stattfindet, sondern in der Regelversorgung ankommt. Mit der Pflicht zur Anbindung an die Telematik-Infrastruktur (TI) wurden dafür die technischen Voraussetzungen geschaffen. Am Geld sollte es ebenfalls nicht scheitern: Das "Zukunftsprogramm Krankenhäuser" des BMG bringt den Kliniken im Südwesten rund eine halbe Milliarde Euro, die nun für Digitalisierung zur Verfügung stehen.
Die Antragsformulare sind online. Nun gilt es, keine Zeit mehr zu verlieren. Auch die Landesregierung ist gefordert, um mit einer intelligenten Krankenhausplanung den richtigen Rahmen vorzugeben: Weg mit den Planbetten, hin zu den Parametern Qualität und Vernetzung.