Zur Sache: Die ePA als Herzstück der (digitalen) Versorgung
Interview aus Hamburg
Die elektronische Patientenakte (ePA) beschleunigt die digitale Transformation des Gesundheitswesens. Wie das gelingt, erläutert Maren Puttfarcken im Interview.

Seit Anfang 2021 müssen alle gesetzlichen Krankenversicherungen ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) zur Verfügung stellen. Welchen Beitrag die ePA zu einem digitalen Gesundheitswesen leistet, welchen Mehrwert sie seit ihrem Start bietet und welches Potential in ihr steckt, erklärt Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg, im Interview.
TK: Frau Puttfarcken, wie schafft es die elektronische Patientenakte, das deutsche Gesundheitswesen auf digitale Füße zu stellen?
Maren Puttfarcken: Wir beschäftigen uns bei der TK schon lange mit dem Thema "digitale Akte". Bereits 2018 haben wir unsere elektronische Gesundheitsakte (eGA) vorgestellt und beobachten die Entwicklung seither sehr genau. Der größte Vorteil einer elektronischen Patientenakte (ePA) liegt darin, dass die Gesundheitsdaten an einem Ort zusammen geführt werden. Bisher sind diese Daten verteilt wie auf einem Flickenteppich: Bei den Leistungserbringern, bei den Krankenkassen und bei den Versicherten. Wer hat da noch einen Überblick? Die ePA, in unserem Fall TK-Safe, bündelt erstmalig im deutschen Gesundheitswesen die Gesundheitsdaten, und die Patientin oder der Patient hat die Hoheit darüber, wer wann welche Daten, wie zum Beispiel Arztbrief, Medikationsplan, Notfalldaten oder persönliche Erklärungen zur Organspende, einsehen darf. Das ist von großer Bedeutung und muss an dieser Stelle gesagt sein!
Betrachten wir auch die anderen Akteure im Gesundheitswesen. Die ePA vernetzt auch die Leistungserbringer - Stichwort Telematikinfrastruktur. Der Medikationsplan wird von Ärztinnen und Ärzten erstellt und bei Änderungen kann dieser von Apothekerinnen und Apothekern angepasst werden. Ärztinnen und Ärzte können die Arztbriefe anderer Kolleginnen und Kollegen einsehen und ihre Therapie auf bereits vorhandene abstimmen. In medizinischen Notfällen haben sie zügig Einblick in überlebenswichtige Informationen. All das natürlich nur dann, wenn die Versicherten sie dazu berechtigen. In weiteren Schritten sollen analoge Prozesse digitalisiert werden: der gelbe Impfausweis, das Zahnbonusheft etc.
Maren Puttfarcken
TK: Die Menschen wollen ihre Daten vor unbefugten Zugriffen geschützt wissen. Wie sicher sind die Patientendaten in der digitalen Akte?
Puttfarcken: Das Thema Datenschutz ist in Deutschland besonders im Zusammenhang mit digitalen Anwendungen und sensiblen Informationen wie den Gesundheitsdaten wichtig. Das ist richtig so! Dennoch hören wir in Gesprächen in Bezug zur ePA von Missverständnissen und auch Halbwahrheiten. Wir müssen deutlich rausstellen: Die Daten der ePA sind auf deutschen Servern gespeichert. Dort liegen sie sicher Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Eine Zwei-Faktor-Authentifizierung ist grundlegend für eine Nutzung. Der eine Faktor ist die Registrierung des Endgerätes (Besitz), der andere Faktor die Anmeldung in der App mit dem Benutzernamen und Passwort (Wissen). Daher ist es nur für Versicherte selbst möglich, ihre Daten zu lesen - nur sie haben Zugriff. Dafür sorgt der für jeden einzigartige und zufallsgenerierte "Schlüssel". Nur, wenn die Nutzerinnen und Nutzer einwilligen, ihre Daten und Dokumente freizugeben, können diese ebenfalls von anderen - wie zum Beispiel Ärztinnen und Ärzten - eingesehen werden.
Eine historische Chance haben Neugeborene: Ihre Eltern können stellvertretend die digitale Akte ab Geburt füllen lassen.
TK: Für die ePA gibt es eine Roadmap für die nächsten Jahre. Was sind die nächsten Schritte?
Puttfarcken: Die neue digitale Welt könnte in hoffentlich wenigen Jahren so aussehen: Ich erhalte über eine Push-Benachrichtigung von TK-Safe eine Erinnerung an eine anstehende Impfung. In der TK-Safe-App prüfe ich impfrelevante Erkrankungen und buche anschließend komfortabel einen Termin online - in der App. Wenn ich meine Impfung bekomme, dokumentiert meine Hausärztin dies in ihrem Praxisverwaltungssystem, und dies wird automatisch an meine ePA "TK-Safe" ausgespielt, weil ich diesen Service auch nutzen möchte und meine Einwilligung gegeben habe. So startet der Prozess bei der nächsten Impfung von neuem. Eine historische Chance haben Neugeborene: Ihre Eltern können stellvertretend die digitale Akte ab Geburt füllen lassen. Sie müssen sich nicht mehr den Kopf zerbrechen, wann welche Auffrischungsimpfung ansteht oder wie sie bei einem Wohnort- oder Arztwechsel ihre Gesundheitsdaten mitziehen lassen.
Bis dahin ist aber noch einiges zu tun. Die Arztpraxen müssen an die ePA angeschlossen werden. Und damit die ePA wahrhaftig das Herzstück der digitalen Versorgung werden kann, muss sie ein Absprungpunkt für alle Belange rund um die eigene Gesundheit werden. Dazu darf sich der Trend nicht fortsetzen, für alle Themen eine eigene App entwickeln zu lassen - wie zum Beispiel für das E-Rezept. Das ist kontraproduktiv. Die ePA lebt durch die Nutzung, und dafür müssen die Patientinnen und Patienten einen echten Mehrwert für sich erkennen können. TK-Safe ist schon jetzt nutzerfreundlich, und ich freue mich auf jede weitere Funktion, die hinzukommen wird.