Der Ideensprint brachte im Jahr 2023 etablierte und angehende Fachkräfte des Gesundheitswesens gemeinsam auf die Bühne. In dem von TK-Landeschefin Manon Austenat-Wied moderierten Format widmeten sich die folgenden Teilnehmenden den Wegen zu mehr Patientensicherheit in der Versorgung:

  • Christine Klingohr (Gesundheitspolitische Sprecherin SPD-Fraktion Landtag Mecklenburg-Vorpommern)
  • Prof. Dr. Lieven Kennes (Professor für Ökonometrie und Statistik Hochschule Stralsund)
  • Dr. Ina Bossow (Vorstandsvorsitzende Mediziner Dienst Mecklenburg-Vorpommern)
  • Hardy Müller (Patientensicherheitsbeauftragter Techniker Krankenkasse)
  • Sebastian Paschen (Fachschaftsrat Medizin Universität Greifswald)
  • Theresa La Guma (Fachschaftsrat Pflegewissenschaften Universität Greifswald)

Annäherung an den Begriff Patientensicherheit 

Hardy Müller brachte den Teilnehmenden, wie auch den Zuhörerinnen und Zuhörern das Thema Patientensicherheit näher. Seinen Ausführungen nach beschreibt der Begriff im positiven Sinne den Zustand eines Menschen, der sich frei von Einwirkungen anderer Menschen nicht in Gefahr befindet. Durch unerwünschte Ereignisse wird dieser Zustand im Gesundheitswesen gefährdet. Störungsmomente des Sicherheitszustands können zum Beispiel durch Behandlungsfehler entstehen. Dabei betonte Hardy Müller, dass in der Bevölkerung ein ausgeprägtes Bewusstsein über die vorhandenen Risiken von medizinischen Behandlungen besteht. Die Risiken werden in großen bevölkerungsrepräsentativen Umfragen in der Regel in allen Versorgungssektoren gleich hoch eingeschätzt.

Für Christine Klingohr ist die Sicherheit der Patientinnen und Patienten eng mit der Passgenauigkeit und Qualität der vorhandenen Versorgungsstrukturen verknüpft. Auch in den anstehenden politischen Maßnahmen wird es demnach darum gehen, die Sicherheit und Zufriedenheit mit der Versorgung in der Bevölkerung auszubauen. Damit diese politischen Maßnahmen tatsächlich etwas bewirken können, betonte Prof. Kennes die Notwendigkeit verlässlicher Prüfungen vorab. Denn auch die Auswertung von strukturierten Daten kann wichtige Erkenntnisse für mehr Patientensicherheit liefern. Als Forscher wünscht er sich daher vor allem neue und sichere Möglichkeiten der Datenakquise.

Theorie und Praxis versöhnen

Hardy Müller und Christine Klingohr betonten gleichermaßen, dass die wissenschaftliche Befundlage weitere Anpassungen - vor allem im Versorgungsalltag - notwendig macht, wenn die Patientensicherheit verbessert werden soll. Konkrete und kongruente Vorschläge dazu machten die angehenden Fachkräfte Sebastian Paschen und Theresa La Guma. Sie wünschen sich eine bessere Zusammenarbeit der Professionen im Gesundheitswesen, weniger hierarchische Strukturen und mehr Austausch über das Wohlergehen der Patientinnen und Patienten im Alltag. Manon Austenat-Wied berichtete, dass etwa 30 Prozent der Arbeitszeit von Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzten für bürokratische Prozesse verwendet werden müssen. Wenn diese entlastet werden könnten, würden Kapazitäten für mehr Arbeit in der direkten Versorgung frei. Außerdem könnten der Druck und die Arbeitslast im Alltag reduziert werden. 

Mit Blick auf die immer geringer werdende Anzahl an Fachkräften im Gesundheitswesen betonten Sebastian Paschen und Theresa La Guma die Notwendigkeit von veränderten Arbeitsprozessen. Die heute vorhandenen Arbeitsabläufe im Gesundheitswesen dürften sich zukünftig nicht nur auf die noch vorhandenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verteilen. Hier setzen die nachkommenden beruflichen Generationen auf technische Entlastung. Digitale Anwendungen, smarte Services und KI-Assistenzsysteme sollen ihnen so viel wie möglich Arbeitszeit für die direkte Arbeit an den Patientinnen und Patienten erlauben.

Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kulturwandel

Damit die zentralen Wünsche der Session-Teilnehmenden Realität werden können, braucht es Engagement. Manon Austenat-Wied unterbreitete daher Vorschläge, wie die ersten Schritte auf dem Weg zu einem interprofessionellen, digitalen und dennoch menschlichen Gesundheitswesen aussehen könnten. Zunächst könnten aus ihrer Sicht gemeinsame Ausbildungsabschnitte, zum Beispiel im Bereich der digitalen Technologien, einen wesentlichen Beitrag für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Pflegenden und Medizinerinnen beziehungsweise Medizinern leisten. Denn wenn mehr und besser kommuniziert wird, sinkt auch die Wahrscheinlichkeit für Fehler.

Als zweiten Aspekt initiierte das Publikum im Dialog mit den Diskutanten die Idee für einen Kulturwandel. Der Weg müsse demnach zu einer echten Sicherheitskultur im Gesundheitswesen führen. Fehler dürfen nicht vertuscht werden, sondern durch spezifische Sicherheitsmaßnahmen und gegenseitige Unterstützung im Vorfeld verhindert werden. Die Zeit der Täuschungen und Schuldzuweisungen sollte im Gesundheitswesen und andernorts endgültig vorbei sein.