TK: Frau Ministerin Nonnemacher, die Hälfte der Legislaturperiode ist fast vorbei. Worauf sind Sie stolz und was sind die nächsten Punkte, die Sie angehen wollen?

Ursula Nonnemacher: Coronapandemie, Afrikanische Schweinepest, Aufnahme von Geflüchteten - trotz Dauerkrisenmodus und angespannter Haushaltslage ist es uns gelungen, viele wichtige Projekte umzusetzen. Unsere Halbzeitbilanz kann sich sehen lassen.

Im Pakt für Pflege wurden Förderrichtlinien auf den Weg gebracht, um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen besonders im ländlichen Raum zu unterstützen, Beratungsstrukturen auszubauen und die Fachkräftesicherung durch attraktive Ausbildungs- und Beschäftigungsbedingungen zu fördern. Unter dem Dach der Gemeinsamen Krankenhausplanung mit Berlin werden alle Krankenhausstandorte in Brandenburg erhalten.

Brandenburg erlebt schon heute die Folgen des Klimawandels: Hitze, Waldbrände und Wasserknappheit. Deshalb haben Klimaneutralität und Ressourcenschutz für uns hohe Priorität.

Insgesamt sind wir gut durch die Pandemie gekommen. Ursula Nonnemacher

TK: Sie hatten in den letzten Jahren auch mit Gegenwind in der Coronapandemie zu kämpfen. Was würden Sie rückblickend anders machen?

Nonnemacher: Die einschränkenden Maßnahmen und Lockdowns waren angesichts des neuartigen Coronavirus notwendig und richtig. Am Anfang hatten wir alle die Bilder von Wuhan und Bergamo vor Augen. Da mussten wir entschlossen handeln. Und das haben wir getan. Es ging darum, Menschenleben zu retten und unser Gesundheitssystem vor Überlastungen zu schützen.

Insgesamt sind wir gut durch die Pandemie gekommen. Die Pandemie hat uns aber auch vor Augen geführt, dass im gesundheitlichen Bevölkerungsschutz Nachholbedarf besteht, zum Beispiel bei der Digitalisierung. Die Pandemie und ihre Eindämmung führt zu langfristigen Folgen für die psychische und physische Gesundheit sowie zu einer Zunahme von Gewalt- und Suchtproblematiken.

Auch die spezielle Versorgung von Long-Covid-Patienten ist eine neue Herausforderung für die Gesundheitsversorgung, die uns noch lange beschäftigen wird.

Ursula Nonne­ma­cher

Ursula Nonnemacher Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg

TK: Das Berliner Gesundheitsressort ist seit Dezember auch grün geführt. Ergeben sich damit neue Synergien für die Zusammenarbeit?  

Nonnemacher: In der Gesundheitspolitik arbeiten Berlin und Brandenburg bereits seit vielen Jahren sehr eng zusammen. Beide Länder stellen eine Gesundheitsregion dar. Ein großer Erfolg ist zum Beispiel, dass beide Länder zum ersten Mal ihre jeweiligen Krankenhausplanungen umfassend miteinander abgestimmt und auf der Grundlage gemeinsamer Versorgungsziele und Planungsgrundsätze sowie einheitlicher Datengrundlage zeitgleich beschlossen haben. Natürlich wollen wir diese gute Zusammenarbeit weiter intensivieren.

TK: In Cottbus soll mit dem "Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus" (IUC) eine neue Medizinausbildung entstehen. Was braucht es, damit dieses Projekt gelingt?

Nonnemacher: Der Aufbau einer staatlichen Universitätsmedizin in Cottbus ist eines der ambitioniertesten Projekte für den Strukturwandel in der Lausitz. Zugleich ist es auch eines der größten und anspruchsvollsten Projekte der Landesregierung in dieser Legislaturperiode. Das IUC mit dem Carl-Thiem-Klinikum, das zu einem Universitätsklinikum und zu einem "Digitalen Leitkrankenhaus" ausgebaut werden soll, hat enormes Potenzial, die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern und zu einem echten Wachstumsmotor für die Region zu werden. Die Umsetzung ist sehr anspruchsvoll.

Dieses Großprojekt kann nur gelingen, wenn alle an der Gesundheit und Pflege beteiligten Akteurinnen und Akteure frühzeitig eingebunden sind und sich aktiv beteiligen. Das Gemeinsame Landesgremium nach § 90 SGB V begleitet deshalb den gesamten Prozess.

TK: Und zuletzt: Wie generieren Sie nach zwei Jahren Pandemie, verschiedenen Tierseuchen und dem Ukrainekrieg Kraft und Zuversicht?

Nonnemacher: Die Krisen haben uns allen enorm viel abverlangt. Ich bin von Haus aus zuversichtlich und optimistisch. Politik muss gestalten und immer wieder Kompromisse finden. Das fordert mich und spornt mich an.

Entscheidend bei allen Herausforderungen ist aber immer ein sachlicher Diskurs. In unserer pluralistischen Gesellschaft wird es immer verschiedene Meinungen geben. Und das ist auch gut so. Was wir aber niemals akzeptieren dürfen, sind Hass, Hetze und Gewalt. In unserer Demokratie darf niemals das Recht des Stärkeren gelten. Es ist wichtig, dass wir immer auch die Belange von Schutz- und Hilfebedürftigen im Blick behalten. Und dafür will ich mich weiter einsetzen.

Zur Person

Ursula Nonnemacher ist seit November 2019 Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg. Sie studierte Humanmedizin in Mainz und Berlin und trat 1994 Bündnis 90/Die Grünen bei. Von 2009 bis 2019 war sie Mitglied des Landtages und dort unter anderem im Innen- und Gesundheitsausschuss tätig.