"Wir werden das virtuelle Krankenhaus weiter ausbauen."
Interview aus Nordrhein-Westfalen
Komplizierte medizinische Eingriffe gehören in die Hände von Spezialisten mit ausreichend Erfahrung und Können, sagt Peter Preuß, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im NRW-Landtag im Interview zur Landtagswahl 2022.

TK: In dieser Legislaturperiode wurde die Reform der Krankenhausplanung in NRW auf den Weg gebracht. Wie sollte die Struktur- und Finanzplanung für die Krankenhäuser in NRW in den nächsten Jahren gestaltet werden?
Peter Preuß: Unsere Krankenhäuser sind wichtige Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Es kann nicht allein dem Markt überlassen werden, wo welches Krankenhaus mit welchem medizinischen Angebot steht. Grund- und Notfallversorgung, Geburtshilfe und Kinder- und Jugendmedizin, müssen flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung stehen. Komplizierte medizinische Eingriffe gehören hingegen in die Hände von Spezialisten mit ausreichend Erfahrung und Können. Wir stehen für eine Krankenhausplanung, die den Namen verdient.
Peter Preuß, MdL (CDU)
Wir wollen eine flächendeckende Krankenhausversorgung mit Grundversorgung und Spezialisierungen, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Über- und Unterkapazitäten sollen verhindert werden.
Wir werden die Reform der Krankenhausplanung weiterführen. Konkrete, überprüfbare Qualitätsvorgaben auf Grundlage von Leistungsgruppen werden zu einer zukunftsfesten, wirtschaftlich tragfähigen Krankenhausstruktur führen und die Qualität der Krankenhausversorgung für alle Menschen verbessern.
Unsere Krankenhäuser gehören genauso wie die Feuerwehr, die Polizei, Schulen und Straßen zur zentralen Infrastruktur des Landes. Sie müssen ausreichend finanziert werden.
- Über ein Krankenhaus-Modernisierungsprogramm werden wir in den kommenden fünf Jahren insgesamt 2,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stellen, um die Krankenhäuser zu modernisieren und die Krankenhausversorgung zu verbessern.
- Wir werden die pauschale Krankenhausinvestitionskostenförderung verbessern und ab dem Jahr 2023 um jährlich 200 Millionen Euro anheben - um die bauliche Infrastruktur zu modernisieren und den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.
- Die neue Krankenhausplanung wird zu notwendigen Strukturveränderungen in der Krankenhauslandschaft führen, die Investitionen bei den Krankenhausträgern auslösen werden. Diese müssen durch das Land finanziell unterstützt werden. Hierfür werden wir ab dem Jahr 2023 über die Einzelförderung der Krankenhäuser rund 300 Millionen Euro jährlich für die Anschubfinanzierung zur Verfügung stellen. So machen wir die Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen fit für die Zukunft.
- Um die IT-Ausstattung von Krankenhäusern und den Schutz vor Cyber-Angriffen zu verbessern, werden wir ab dem Jahr 2023 jährlich 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
- Auf Bundesebene werden wir uns für eine Reform des Fallpauschalensystems einsetzen, um die Grundfinanzierung der Betriebskosten von Krankenhäusern der Grund- und Notfallversorgung, der Geburtshilfen und der Kinder- und Jugendmedizin sicherzustellen. Das aktuelle DRG-System hat sich nicht bewährt.
TK: Eine große Herausforderung ist die wohnortnahe medizinische Versorgung in den ländlichen Räumen in NRW. Mit welchen Maßnahmen möchten Sie die sektorenübergreifende medizinische Versorgung in ländlichen Räumen sicherstellen?
Preuß: Die Digitalisierung dient dazu, den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen ambulanten, stationären und sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung in der Fläche zu erhalten. Auch die Teilhabe am medizinischen Fortschritt wird gesichert und durch schnelle Diagnosen und individuell abgestimmte Therapien wird der Heilungserfolg erhöht. Das von uns geschaffene virtuelle Krankenhaus hat sich gerade in der Corona-Pandemie als voller Erfolg gezeigt.
- Telemedizin kann Leben retten. Deshalb werden wir das Virtuelle Krankenhaus weiter ausbauen. Die herausragende Expertise der Universitätskliniken werden wir so den Krankenhäusern in der Fläche zugänglich machen, die Versorgung weiter verbessern und können knappe Ressourcen effektiver nutzen.
- Nach der Intensivmedizin und Infektiologie werden wir das Virtuelle Krankenhaus auf weitere Indikationen und auf alle Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen ausdehnen. Wir werden sicherstellen, dass telemedizinische Leistungen, Telekonsile und Televisiten angemessen vergütet werden.
- Das Telenotarztsystem ergänzt die Strukturen des Rettungswesens. Hiervon profitieren vor allem die Patientinnen und Patienten, bei denen jede Minute zählt. Wir werden das bundesweit vorbildliche Telenotarztsystem in Nordrhein-Westfalen flächendeckend ausbauen und die telenotfallmedizinische Versorgung landesweit weiter verbessern.
- Das System der sogenannten Portalpraxen werden wir mit den Krankenhäusern und den Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen weiter ausbauen, um die Zusammenarbeit zwischen den Sektoren Ambulant und Stationär sowie die Notfallversorgung zu stärken.
- Damit Patientinnen und Patienten schnell zum richtigen Behandlungsort weitergeleitet werden können, wollen wir einen zentralen Empfang ("Ein-Tresen-Modell") bzw. ein strukturiertes Ersteinschätzungssystem in den Krankenhäusern, Notfalldienstpraxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und in der ambulanten Arztpraxis. Damit wollen wir die Inanspruchnahme der Klinikambulanzen und Notaufnahmen verringern.
- Die Menschen auf dem Land haben ebenso wie in den Städten das Recht auf eine angemessene und wohnortnahe Versorgung. Diese werden wir sicherstellen.
- Wir werden die Landarztquote fortführen. Studienplätze der Humanmedizin werden wir über ein Auswahlverfahren an die vergeben, die im Anschluss an ihr Studium eine hausärztliche Tätigkeit in einer unterversorgten Region Nordrhein-Westfalens ausüben. Wir wollen die Zahl der Medizinstudienplätze erhöhen, die über die Landarztquote vergeben werden.
- Die neue Medizinische Fakultät Ostwestfalen-Lippe wird weiterhin Hausärztinnen und Hausärzte für die Region ausbilden. Die Schwerpunkte der Ausbildung bleiben Allgemeinmedizin und ambulante Medizin.
- Die Medizinerausbildung in Siegen ist weiterhin unser Ziel.
- Wir setzen uns für möglichst barrierefreie Arztpraxen ein.
TK: Welche Vorstellungen haben Sie zu dem zukünftigen Coronamanagement? Mit welchem Konzept wollen Sie nach Ihren Erfahrungen der vergangenen 2 Jahre auf eine mögliche 5. Coronawelle im Herbst reagieren?
Preuß: Wir werden die Ergebnisse der Anhörungen von Experten im Parlamentarischen Begleitgremium Covid-19-Pandemie auswerten und mit unseren Erfahrungen aus den politischen Entscheidungen evaluieren. Die Ergebnisse wollen wir in eine Novellierung des bestehenden Pandemie-Rahmenplans für Nordrhein-Westfalen einfließen lassen.