2023 ist das Jahr des Hasen im chinesischen Kalender. Demnach wird ein Jahr voller Harmonie und Konfliktlösung erwartet. Anmerkung: Das wäre international wahrlich wünschenswert! Es wären auch gute Voraussetzungen für die anstehenden Reformen im Krankenhaussektor.

Ende 2022, genauer gesagt am 6. Dezember, hatte die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach eingesetzte Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ihre Vorschläge zur Umgestaltung der Krankenhausplanung und -vergütung vorgestellt. Jetzt beraten Bund und Länder, welche Vorschläge der Expertenkommission tatsächlich in ein Gesetz gegossen werden. Parallel dazu legte Mitte Februar die gleiche Kommission Reformvorschläge hinsichtlich der Notfallversorgung vor. 

Jörn Simon

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Leiter der TK-Landesvertretung Rheinland-Pfalz

Inhalte des Reformvorschlags von Dezember 2022

Der Reformvorschlag zur Krankenhausplanung und -vergütung von Dezember 2022 sieht eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung der Länder mit einer neuen Vergütungssystematik vor, die zu einem deutlich reduzierten Anteil leistungs- und mengenabhängig ist. Dafür beinhaltet diese eine stärkere Übernahme von Vorhaltekosten. Damit soll die Finanzierung der Krankenhäuser vom direkten Leistungsbezug (teilweise) entkoppelt werden.

Definition der Versorgungsstufen und Leistungsbereiche

Die Regierungskommission sieht zudem drei, erweitert fünf Versorgungsstufen - so genannte Level - mit entsprechenden Strukturvorgaben vor, um lokale, regionale und überregionale Versorgungsaufträge abzugrenzen:

  • Level I - Grundversorgung; unterteilt in i (integrierte ambulant/stationäre Versorgung) und n (mit Notfallstufe I)
  • Level II - Regel- und Schwerpunktversorgung
  • Level III - Maximalversorgung (mit Level IIIU = Universitätsmedizin)

Außerdem empfiehlt die Regierungskommission ein System von 128 Leistungsgruppen mit Strukturvorgaben und detaillierten Definitionen. Für jede Leistungsgruppe wird zudem festgelegt, in welchem der definierten Krankenhaus-Level sie erbracht werden darf.

Qualität geht vor Tempo

Aus Sicht der TK ist die Reform des Krankenhaussektors wichtig und dringend notwendig. Es ist gut, dass die seit Jahren bekannten Strukturprobleme angegangen werden. Bei der Umsetzung dieser Strukturreformen zählen nun Konsequenz und Stringenz: Es muss eine Reform aus einem Guss werden. Dabei geht Qualität vor Tempo.

Erst planen, dann zahlen!

Vorhaltekosten einzuführen, um den ökonomischen Druck auf Kliniken zu verringern, ist ein richtiger Schritt. Die Verteilung von Vorhaltekosten sollte auf den etablierten Prozessen der Krankenhausfinanzierung aufbauen, anstatt auf ein neues, unerprobtes Modell (die Regierungskommission hat vorgeschlagen, diese über das das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) direkt aus dem Gesundheitsfonds zu verteilen, aus meiner Sicht ein ordnungspolitischer Systembruch), das die Selbstverwaltung als Grundprinzip unseres Gesundheitssystems in Frage stellt.

Im Vordergrund der Reform sollte stehen, die Strukturen auf Vordermann zu bringen. Erst dann ist es sinnvoll, Vorhaltekosten zu zahlen. So würde sichergestellt, dass nur bedarfsnotwendige stationäre Angebote gestützt werden. Wird gezahlt, ohne dass vorher geplant wird, führt dies zur Zementierung der bestehenden Über- und Fehlversorgung.

Eine Reform muss auch das Problem der Investitionskosten lösen

Seit Jahren kommen die Länder ihren Verpflichtungen zur Finanzierung von Klinikinvestitionen nicht ausreichend nach. Die Quersubventionierung von Investitionen durch die von den Krankenkassen getragenen Betriebskosten, die eigentlich die Behandlungen finanzieren sollen, muss ein Ende haben. Zur Auflösung des in der Vergangenheit entstandenen Investitionsstaus und für die geplante Neuordnung der stationären Versorgung wäre ein gemeinsames Investitionsprogramm von Bund und Ländern sinnvoll. 

Patientinnen und Patienten erwarten bundesweit eine hohe Qualität. Die Länder als Verantwortliche müssen Qualität und Vergleichbarkeit über ihre Krankenhausplanung sicherstellen. Es ist wichtig, dass die Versorgungsstufen und Leistungsgruppen bundesweit einheitlich und mit Beteiligung der Selbstverwaltung festgelegt werden. Sonderwege einzelner Länder darf es aus Sicht der TK nicht geben.

Reformkonzept zur Notfallversorgung von Februar 2023

Ergänzt wurden die Regierungsvorschläge mit einem Reformkonzept für die Notfallversorgung. Die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung empfahl am 13. Februar 2023 den flächendeckenden Aufbau integrierter Leitstellen (ILS) und sogenannter integrierter Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung. Zudem sollen integrierte Notfallzentren für Kinder- und Jugendmedizin (KINZ) an Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin sowie Krankenhäusern mit einer pädiatrischen Abteilung aufgebaut werden. 

Koordinierte Notfallversorgung mitdenken

Aus Sicht der TK ist es richtig, dass im Rahmen der Krankenhausreform auch die Notfallversorgung angepackt wird. Gerade die integrierten Notfallzentren und Integrierten Leitstellen sind wichtig für eine schnellere und besser koordinierte Notfallversorgung. Durch solche zentralen Anlaufstellen wissen die Patient:innen künftig sofort, wo sie hinmüssen. Die bisher oft schwierige Entscheidung in Notfällen ‚Praxis oder Notaufnahme‘ wird dadurch deutlich einfacher. 

Fazit

Die Reform des Krankenhaussektors ist dringend angezeigt. Lösen wir das Problem der Fehlallokation nicht oder beharren die Länder auf Sonderrechte bei der Umsetzung der neuen bundeseinheitlichen Vorgaben für die Krankenhausplanung, wird die Reform im Ansatz scheitern. 

Hier liegt ein in sich so stimmiges und umfassendes Reformkonzept auf dem Tisch, mit dem die bestehenden Mängel in der bisherigen Krankenhausplanung der Länder und bei der Krankenhausvergütung über Fallpauschalen in einem Prozess in Angriff genommen werden. Es wird nun aber darauf ankommen, dass die zentralen Bestandteile dieser Reform auch einheitlich in allen Bundesländern umgesetzt werden.

Womit wir wieder beim Jahr des Hasen wären: Konfliktlösung und Harmonie als metaphysische Leitplanken lassen hier hoffen. Hat man Angst vor einer mutigen Reform und verwässert diese, wird es das Jahr des Hasenfußes.