Nachgefragt: Landeskongress Gesundheit
Interview aus Baden-Württemberg
"Nachhaltiges Gesundheitswesen" war das Thema beim 7. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg am 28. Januar 2022.

Wie kann unser Gesundheitswesen nachhaltig(er) ausgerichtet werden? Und was bedeutet Nachhaltigkeit für die institutionelle Organisation unseres Gesundheitswesens? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Kongresses.
TK: Frau Mussa, wie trägt das Gesundheitswesen zum Klimawandel bei?
Nadia Mussa: Das Gesundheitswesen ist ein großer Wirtschaftszweig und das schlägt sich sowohl im Ressourcenverbrauch als auch in Emissionen nieder. Insgesamt verursacht das Gesundheitswesen rund fünf Prozent der CO2-Emissionen. Davon entfallen ca. 60 Prozent auf Lieferketten, ca. 30 Prozent auf Gesundheitseinrichtungen und ca. zehn Prozent auf Mobilität.
Nadia Mussa
Unsere Branche hat also viel Potential aber gleichzeitig auch eine große Verantwortung, hier besser zu werden. Neben dem Prinzip "Health in all Policies" sollten wir auch das Ziel "Sustainability in all Health Policies" stärker verfolgen. Die TK setzt sich deshalb dafür ein, das Wirtschaftlichkeitsgebot, nach dem sich die gesetzlichen Krankenkassen richten müssen, um das Kriterium Nachhaltigkeit zu ergänzen.
TK: Wie kann das gelingen?
Mussa: Die Ansatzpunkte für mehr Nachhaltigkeit sind vielfältig, jeder kann bei sich selbst beginnen. Die TK hat beispielsweise zum Januar 2022 vollständig auf Ökostrom umgestellt und will so bis zu 7.000 Tonnen CO2 im Jahr sparen. Aber natürlich benötigen wir auch systemische Maßnahmen. Eine davon wäre beispielsweise eine übergreifende Versorgungsplanung, die möglichst viele Synergien realisiert.
Der stärkere Einsatz von Telemedizin wiederum könnte zahlreiche Wege ersparen. Auch die Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals sind ein Schlüsselthema, damit die Menschen ihrer Arbeit bis ins hohe Alter nachgehen können. Nicht zuletzt braucht es nachhaltige Finanzstrukturen, damit wir uns versorgungspolitisch nicht weiter von Rettungsaktion zu Rettungsaktion hangeln.
TK: Auf dem Landeskongress Gesundheit wurden auch einige innovative Versorgungsprojekte aus dem Südwesten vorgestellt. Was hat Sie dabei besonders beeindruckt?
Mussa: Mich beeindruckt vor allem die unablässige Bereitschaft der Beteiligten, neues Terrain zu betreten und dabei auch aktiv voranzugehen. Die Menschen hinter den Projekten investieren sehr viel, um Dinge weiterzubringen, von denen Baden-Württemberg im Erfolgsfall als ganzes Land profitieren kann. Besonders freue ich mich, dass alle Projekte das Prinzip des Vernetzens und der klugen Bündelung von Ressourcen in ihren Mittelpunkt stellen. Das ist meiner Meinung nach der einzig zukunftsfähige Weg.