Wie sehen die Strukturen und Prozesse für eine bessere Patientensicherheit im Jahr 2022 aus? Hardy Müller, Beauftragter für Patientensicherheit der TK, gibt im Interview Einblicke in die aktuellen Pläne der TK und welche subjektiven Erfahrungen Patientinnen und Patienten mit unerwünschten Ereignissen in der medizinischen Behandlung gemacht haben.

TK: Herr Müller, zum WHO Welttag der Patientensicherheit am 17. September wurde der neue TK-Monitor Patientensicherheit vorgestellt. Was sind die zentralen Erkenntnisse der repräsentativen Erhebung?

Hardy Müller: In der Bevölkerung herrscht ein ausgeprägtes Bewusstsein über die vorhandenen Risiken in der medizinischen Behandlung - es macht dabei keinen Unterschied, ob die Risiken in der stationären oder der ambulanten Versorgung eingeschätzt werden. Jeder dritte Befragte geht davon aus, dass er wahrscheinlich einmal selbst Opfer eines Behandlungsfehlers wird. Ich halte das für einen überraschend hohen Wert, da die Behandlungen bekanntlich "zuallererst nicht schaden" sollen: primum non nocere! Die gute Nachricht liegt in dem Befund, dass drei Viertel der Befragten der Meinung sind, dass sie selbst zur Prävention von Behandlungsfehlern beitragen können. Die Patient:innen erwarten nicht, dass nur "die anderen" für eine sichere Versorgung verantwortlich sind. Das bedeutet für uns, dass Informationsangebote zum Thema Patientensicherheit für die Bevölkerung aufrechterhalten und weiterentwickelt werden müssen.

Hardy Müller

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Beauftragter für Patientensicherheit der Techniker Krankenkasse

TK: Das Engagement in der Patientensicherheit ist vielfältig. An welchen wesentlichen strukturellen Merkmalen und Kennzahlen kann dies gemessen werden?

Müller: Die Ursachen für Fehler sind in der Regel komplex. Zur Fehlervermeidung bedarf es daher komplexer Interventionen. Dazu kommt, dass diese Interventionen selbst in einem komplexen Umfeld - denken Sie beispielsweise nur an ein Krankenhaus - stattfinden. Die Patientensicherheitsforschung benennt diese Herausforderung als "doppelte Komplexität": Wir werden die Sicherheit in der Versorgung nur mit einem Bündel von Maßnahmen gemeinsam verbessern können. Im Kern geht es um die Gestaltung einer Kultur der Sicherheit in der medizinischen Versorgung. Die vielfältigen Aktivitäten der TK dazu stellen wir jährlich im TK-Bericht des Beauftragten für Patientensicherheit dar.

Für einen aussagekräftigen und einfachen Vergleich der Aktivitäten sind Indikatoren notwendig anhand derer die Bevölkerung heute schon das Engagement beim Ausbau der Patientensicherheit einschätzen kann. Wir haben dazu als TK Vorschläge für Struktur- und Prozessmerkale entwickelt, die wir dieses Jahr bereits zum zweiten Mal im TK-Transparenzbericht öffentlich darstellen. Anhand dieser Kennzahlen lässt sich mit leicht erhebbaren oder bereits vorhandenen Zahlen ein Überblick über die Aktivitäten zum Ausbau der Patientensicherheit beschreiben.

TK: Wie können unerwünschte Ereignisse besser verhindert werden? Wo können Versicherte ihre Erfahrungen mitteilen?

Müller: Ein großer Teil der unerwünschten Ereignisse ist durch bewährte Verfahren vermeidbar. Eine bedeutsame Präventionsquelle stellt der Einbezug von Versicherten und ihren Angehörigen dar. Wir benötigen diesen Einbezug, um zu erkennen, was in der Versorgung schief lief. Patientenberichte sind eine wertvolle und unverzichtbare zusätzliche Informationsquelle. Der Einbezug dient aber auch zur Aktivierung selbst an einer sicheren medizinischen Behandlung aktiv mitzuwirken. Wir haben dazu als TK beispielsweise erstmals für Versicherte ein Berichts- und Lernsystem eingerichtet. Derartige Systeme ergänzen die in allen Krankenhäusern vorhandenen Systeme, liefern neue Daten und geben den Versicherten Beteiligungsmöglichkeiten.

TK-Monitor Pati­en­ten­si­cher­heit 2022

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