Behandlungsfehler in Niedersachsen: TK registriert 501 Verdachtsfälle
Pressemitteilung aus Niedersachsen
Hannover, 26. Juli 2022. Im vergangenen Jahr haben 501 Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK) aus Niedersachsen einen Verdacht auf einen Behandlungsfehler gemeldet. Die meisten Verdachtsfälle betreffen den chirurgischen Bereich (93 Fälle), die Fachrichtung Zahnmedizin (61), Pflegefehler (54) und Allgemeinmedizin (44).
Kassen unterstützen bei der Aufklärung
Häufig ist es für Patientinnen und Patienten nur schwer festzustellen, ob ihre Erkrankung schicksalhaft verläuft oder ob Ärztinnen und Ärzte oder Pflegekräfte einen Fehler gemacht haben. Bestehen bei den Versicherten Zweifel über die Leistungen ihrer Behandler, so kann ein Verdacht der Krankenkasse gemeldet werden. Diese kann bei der Aufklärung des Falles unterstützen. In etwa jedem dritten Fall bestätigt sich der Verdacht im Verlauf der Überprüfung. Die TK vermutet zusätzlich zu den gemeldeten Fällen eine hohe Dunkelziffer. Deutschlandweit wurden der TK im Jahr 2021 fast 6.000 Verdachtsfälle gemeldet.
Verfahren sind schwierig und zeitaufwendig
"Leider ist das Aufklären eines Behandlungsfehlerverdachts oftmals schwierig sowie zeitintensiv. Für Betroffene, die nach schwerwiegenden Behandlungsfehlern häufig nicht mehr erwerbsfähig und von finanziellen Problemen bedroht sind, ist dies eine zusätzliche Belastung. Wir benötigen eine deutlich schnellere Abwicklung dieser Verfahren, damit die Patientinnen und Patienten entschädigt werden. Außerdem benötigen wir auch in unserem Gesundheitswesen eine gelebte Fehlerkultur, die es ermöglicht über Fehler zu sprechen und daraus zu lernen. Patientinnen und Patienten können nur besser versorgt werden, wenn auch die richtigen Konsequenzen gezogen werden", erklärt Dirk Engelmann, Leiter der TK-Landesvertretung in Niedersachsen.
Verkürzung von Rechtsstreitigkeiten
"Aus unserer Sicht wären Erleichterungen beim Nachweis der Behandlungsfehler wünschenswert. Eine sogenannte Beweislastumkehr würde dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte ihre Unschuld beweisen müssen und dies würde schon viel bewirken. Wir als TK plädieren auch dafür, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen, um den Sachverhalt aufzuklären. Leider sind außergerichtliche Einigungen eine Ausnahme", fügt Engelmann hinzu. Weitere Lösungsansätze zur Vermeidung jahrelanger Rechtsstreitigkeiten können Mediationen sein, die im Medizinrecht verpflichtend werden.
Hilfe für Versicherte
Die TK unterstützt ihre Versicherten mit einer Beratungshotline (040 - 46 06 61 21 40), einem Online-Lotsen und einer Beratungsbroschüre. Die Erfolgschancen steigen, je genauer der Krankheitsverlauf dokumentiert wird. Betroffene sollten schnellstmöglich ein Gedächtnisprotokoll des Behandlungsablaufs und der beteiligten Ärztinnen und Ärzte bzw. Pflegerinnen und Pfleger erstellen und sich im nächsten Schritt an ihre Krankenkasse wenden. Erhärtet sich der Verdacht, kann die TK medizinische Gutachten erstellen lassen, die für Versicherte in der Regel ohne Kosten verbunden ist. Patientinnen und Patienten können die Gutachten für ihre eigenen Schadensersatz-Verhandlungen mit der Ärztin oder dem Arzt, dem Krankenhaus, der zuständigen Haftpflichtversicherung oder vor Gericht nutzen.