Hybrid-DRG - Gleiches Geld für gleiche Leistung
Artikel aus Thüringen
Die Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung ist noch immer ein zentrales Problem im deutschen Gesundheitswesen.

Insbesondere bei medizinischen Leistungen im Grenzbereich zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern führen unterschiedliche Rechtsgrundlagen und Abrechnungsbedingungen dazu, dass zum Beispiel bei Operationen nicht allein der medizinische Bedarf des Patienten die Versorgungsebene bestimmt, sondern auch die Vergütungshöhe.
Hybrid-DRG-Modellprojekt erstmals in Thüringen gestartet
Um die daraus resultierenden Fehlanreize zu beseitigen, hat die Techniker Krankenkasse (TK) in Thüringen im Herbst 2017 ein völlig neues Vergütungsmodell nach dem Grundsatz "gleiches Geld für gleiche Leistung" gestartet.
Grundlagen für die sogenannten Hybrid-DRG sind die Fallpauschalen im Krankenhaus (DRG) und der Vergütungskatalog für ambulant tätige Ärzte (EBM). Hieraus wurde ein Mischpreis für operative Eingriffe kalkuliert. Gleichzeitig erfolgt eine Gleichstellung bei Begleitleistungen, Nachbehandlung und Qualitätssicherung. Die Operateure können dann unabhängig entscheiden, ob beispielsweise eine kurzstationäre Aufnahme nötig ist oder wie die Weiterbehandlung erfolgt. Getestet wird dieses Modell zunächst bei Kreuzbandverletzungen, Leistenbrüchen (Hernien), Krampfadern (Varizen) und dem Karpaltunnelsyndrom.
Gemeinschaftsinitiative mit Chirurgen
Vertragspartner der Techniker Krankenkasse ist die "NAO GmbH - Kliniknetz für Integrative Medizin". Erarbeitet wurde das Modell mit Unterstützung des Berufsverbandes der deutschen Chirurgen (BDC) und vieler Praktiker vor Ort.
Neben den Vorteilen im medizinischen Bereich ergibt sich aus dem Modell eine deutliche Entbürokratisierung: So entfällt für teilnehmende Krankenhäuser die heute leider oft notwendige Abrechnungsprüfung durch den medizinischen Dienst (MD).
NAO-Geschäftsführerin Suzanne Marx betont einen zentralen Vorteil für die niedergelassenen Ärzte: "Sollte aus medizinischen Gesichtspunkten ein kurzstationärer Eingriff notwendig sein, steht diese Option nunmehr uneingeschränkt zur Verfügung."
Vertragsbeteiligt sind Krankenhäuser in Erfurt (Katholisches Krankenhaus), Jena (Universitätsklinikum), Saalfeld/Pößneck (Thüringenkliniken), Sömmerda/Bad Frankenhausen/Sondershausen (KMG-Kliniken) und Weimar (Sophien- und Hufeland-Klinikum) sowie die niedergelassenen Operateure in diesen Regionen. Das Modell steht jedoch auch weiteren Einrichtungen ebenso wie anderen Krankenkassen im Land grundsätzlich offen.
Wichtiger Grundgedanke muss mit Leben gefüllt werden
Die Einführung der Hybrid-DRG ist eine zentrale gesundheitspolitische Forderung der TK zur Stärkung der sektorenübergreifenden Versorgung. Die Umsetzung in Thüringen sollte erste praktische Erfahrungen für eine bessere sektorenübergreifende Versorgung liefern.
Mit dem Hybrid-DRG-Projekt wurde in Thüringen erstmals das umgesetzt, was viele Fachleute aus dem Gesundheitswesen seit langem fordern und was auch die Politik immer wieder anmahnt, zum Beispiel in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Sektorenübergreifende Versorgung".
Gleichzeitig haben die bisherigen Erfahrungen gezeigt, dass ein guter Gedanke allein nicht ausreicht. Die Fallzahlen sind im stationären Bereich leider hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Weniger Bürokratie und das Wissen, Patienten, die auch ambulant behandelt werden könnten, anders zu versorgen, haben für Kliniken nicht als Anreiz ausgereicht, das Projekt auf freiwilliger Basis breit umzusetzen.