Kiel, 8. Juli 2022. In Schleswig-Holstein wurde ein Drittel der Babys mit Geburtsjahr 2021 per Kaiserschnitt geboren (33,06 %). Das geht aus einer aktuellen Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) hervor. Damit liegt Schleswig-Holstein deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 29,36 Prozent - nur das Saarland verzeichnet eine noch höhere Kaiserschnittrate (35,68 %).

Expertinnen und Experten empfehlen natürliche Geburten

Die Anzahl der Kaiserschnittgeburten nimmt in Schleswig-Holstein seit 2018 stetig zu (2018: 29,35 %; 2019: 30,82 %; 2020: 31,35 %). Dabei sprechen sich Expertinnen und Experten aus dem Bereich Geburtshilfe grundsätzlich für die natürliche Geburt aus. Denn diese hat enorme Vorteile gegenüber einem Kaiserschnitt, der auch immer ein operativer Eingriff mit entsprechenden Risiken ist. "Für die Lungenfunktion der Neugeborenen ist der Übergang aus dem Uterus durch den Geburtskanal ins Leben wichtig. Bei einem Kaiserschnitt hingegen kommt das Kind von einer Sekunde auf die andere aus dem Fruchtwasser in die "normale" Welt. Das kann mitunter zu Adaptionsproblemen der einzelnen Organe führen, die sich erst an das Leben außerhalb des Uterus einstellen müssen", erklärt Prof. Dr. Nicolai Maass, Direktor der Gynäkologie und Geburtshilfe am UKSH Campus Kiel.

Er macht aber auch deutlich: In bestimmten Fällen ist ein Kaiserschnitt medizinisch notwendig und die bessere Wahl. Dies ist beispielsweise bei Frühchen und gelegentlich bei Zwillingsgeburten der Fall oder aber wenn der Mutterkuchen vor dem Muttermund liegt.

Aufklärung von Eltern, um die natürliche Geburt zu stärken

"Kaiserschnitte können Leben retten. Ist der Eingriff aber medizinisch nicht notwendig, ist die natürliche Geburt für die Mutter und das Kind die bessere Wahl. Um natürliche Geburten zu stärken, ist es vor allem wichtig, die werdenden Eltern umfassend aufzuklären und bei ihrer Entscheidung eng zu begleiten", betont Sören Schmidt-Bodenstein, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein. Diesen Ansatz fördert auch das gemeinsame Projekt Shared Decesion Making vom UKSH und der TK. Ziel dessen ist, die Patientinnen und Patienten hinsichtlich verschiedener Behandlungsoptionen so aufzuklären, dass sie sich selbst für die persönlich passendste Behandlung entscheiden können - wie etwa, wenn sich das Baby in einer Beckenendlage befindet und ein Kaiserschnitt zur Option steht. "Mithilfe von wissenschaftlich fundierten und verständlichen Online-Materialien werden die Eltern über die Lage und die beiden Optionen - Kaiserschnitt oder natürliche Geburt - aufgeklärt. Fragen zu möglichen Komplikationen, Dauer und die Auswirkungen für Mutter sowie Kind werden beantwortet. In einer gemeinsamen Entscheidungsfindung wird dann die Wahl getroffen", berichtet Prof. Dr. Maass.