Um einen Pflegenotstand in der Altenpflege und der Akutpflege abzuwenden, schlägt die TK einen "Masterplan Pflegeberufe" vor. Mittels gezielter Maßnahmen soll die Attraktivität des Berufsbildes gesteigert werden. Im Ergebnis sollen die heute in der Pflege Beschäftigten länger in ihrem Beruf arbeiten können und dies öfter in Vollzeit tun. Das würde positiv auf den Arbeitsmarkt der Pflegekräfte wirken. Außerdem will die TK pflegende Angehörige entlasten, indem wir sie mittels Smart-Home-Lösungen besser unterstützen. Die TK hält zudem für die häusliche Intensivpflege einheitliche Standards für notwendig. Der Gesetzgeber sollte gemeinsame Maßstäbe setzen und Transparenzvorgaben machen, da dieser äußerst sensible Bereich kein geeignetes Wettbewerbsfeld der Krankenkassen ist.

"Masterplan Pflegeberufe" stärkt Attraktivität und sichert Beschäftigungspotenzial

Bereits heute stehen dem Arbeitsmarkt zu wenig Pflegekräfte zur Verfügung. Doch es braucht dringend mehr Pflegekräfte, in der ambulanten und stationären Pflege und in den Krankenhäusern. In der vergangenen Wahlperiode hat sich die Politik diesem Problem mit einer Reihe von (sektoral beschränkten) Einzelmaßnahmen angenommen. Es gab ein Pflegestellensonderprogramm und es wurden Personalzahlvorgaben in Aussicht gestellt. Bei der Reform der Pflegeberufe wurde hingegen ein umfassender Ansatz gewählt, die Umsetzung wird aber sehr lange dauern. Die wichtigste Entscheidung war dabei, alle Ausbildungswege endlich vom Schulgeld zu befreien. Auf dem Arbeitsmarkt wird sich die Reform allerdings eher mittel- bis langfristig bemerkbar machen.

Fakt ist: Schon heute werden mehr gut ausgebildete und motivierte Pflegekräfte gebraucht. Alle Anstrengungen sollten sich daher an die heute Pflegenden richten. Hier liegen große Beschäftigungspotenziale: Die durchschnittliche Verweildauer einer ausgebildeten Kraft liegt zwischen 8,4 Jahren (Altenpflege) und 13,7 Jahren (Krankenpflege). Zudem übt rund die Hälfte aller Pflegekräfte in Krankenhäusern ihren Beruf nur in Teilzeit aus. Was hindert sie daran, mehr Wochenstunden zu arbeiten? Und fehlen vielleicht flexible Arbeitszeitmodelle für mögliche Rückkehrer? Wenn wir bei diesen beiden Punkten eine signifikante Verbesserung erreichen, stünden bereits heute mehr Pflegekräfte zur Verfügung.

Der Schlüssel, die Zahl der Pflegekräfte - insbesondere in der Altenpflege - durch mehr Vollzeitarbeit und eine längere Verweildauer im Beruf, bzw. eine Rückkehr "ans Bett" zu erhöhen, liegt in der Attraktivität des Berufsbildes. Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass dies auch durch eine bessere Vergütung erreicht werden kann. Nur mehr Geld wird es aber nicht richten, wenn es weiterhin undifferenziert verteilt wird, sich gleichzeitig wenig an den konkreten Arbeitsbedingungen ändert und die Arbeitsorganisation insgesamt nicht flexibler wird. Die von den Pflegenden in ihrer täglichen Arbeit empfundene Arbeitsverdichtung und Qualitätsverschlechterung verhindern bisher, dass die Beschäftigungspotentiale ausgeschöpft werden.

Um diese Ziele kurzfristig und berufsfeldübergreifend zu adressieren, muss koordiniert gehandelt werden. Die Komplexität der Herausforderung verlangt nach einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung. Die TK fordert daher einen "Masterplan Pflegeberufe". In diesen müssen neben Bund, Ländern und Kommunen auch öffentliche und private Kostenträger sowie die Leistungserbringer und -träger eingebunden werden, außerdem die Tarifpartner.

Fünf konkrete Handlungsfelder für den "Masterplan Pflegeberufe"

Für einen "Masterplan Pflegeberufe" schlägt die TK fünf konkrete Handlungsfelder vor:

  1. Eine höhere Vergütung, insbesondere in der Altenpflege, die aufgrund der Knappheit am Arbeitsmarkt mittelfristig ohnehin zu erwarten ist,
  2. eine größere Lohnspreizung, die die Anreize zur Weiterbildung erhöht und die Qualität der pflegerischen Versorgung stärkt,
  3. attraktive Rückkehrangebote nach einer beruflichen Auszeit oder Beschäftigungen jenseits der Pflege,
  4. eine altersgerechte Arbeitsorganisation, mit der sich ältere Pflegekräfte im Beruf halten lassen und
  5. neue Karrierepfade und Aufgabenfelder, die die berufliche Laufbahn "am" Bett und im unmittelbaren Umfeld interessanter machen.

Die TK erwartet von solchen Maßnahmen spürbare Effekte auf die Attraktivität des Berufsbildes. Das kurzfristige Ziel muss es sein, den heute in allen Bereichen der Pflege Beschäftigten mehr zu bieten. Diese sollen länger in ihrem Beruf arbeiten können, weniger in Teilzeit arbeiten müssen und einfacher wieder zurückkommen wollen. Darüber hinaus muss sich die besondere Wertschätzung, die die Gesellschaft für die Ausübung dieses Berufs hat, auch in den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung widerspiegeln. Wenn wir nicht noch mehr Pflegekräfte verlieren wollen, müssen wir ihnen neue Perspektiven aufzeigen. Ein "Masterplan Pflegeberufe" wird aber nur von Erfolg gekrönt sein, wenn er wirklich gesamtgesellschaftlich getragen wird. Die TK steht zu ihrer Verantwortung und wird sich in diese Prozesse innovativ und patientenorientiert einbringen.

Entlastung der pflegenden Angehörigen: Smart-Tech in der Pflegeversicherung

Neben den beruflich Pflegenden dürfen wir die pflegenden Angehörigen nicht aus den Augen verlieren. Im Alter wollen viele Menschen möglichst lange und möglichst selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben und zu Hause gepflegt werden. Für über 70 Prozent der Pflegebedürftigen ist die "informelle" Pflege durch Angehörige zu Hause Realität. Die Pflegeversicherung sichert diesen Wunsch ab, denn zu ihren Zielen gehört auch: Pflegebedürftigen das Leben zu Hause zu ermöglichen - statt den Gang ins Pflegeheim zu fördern. Gerade für diese Menschen und ihre Angehörigen bietet der technische Fortschritt Chancen auf Entlastung.

Die Digitalisierung birgt das Potenzial, die Autonomie im eigenen Heim zu unterstützen. So können beispielsweise smarte Technologien ("Smart Home") für Sicherheit bei Pflegebedürftigen und deren Angehörigen sorgen. Dazu gehören etwa Sensoren, die Aktivitäten oder Stürze melden. In Pflastern integrierte Sensoren, die zusätzliche Parameter wie Hautspannung und Flüssigkeitsbedarf liefern, könnten den Pflegenden oder den Gepflegten Hinweise zur Einnahme von Medikamenten oder zur Flüssigkeitsaufnahme geben. Gerade im Start-up Bereich gibt es zahlreiche Ansätze, wie Sensorik, Sprachassistenz und künstliche Intelligenz die zu smarten Lösungen für Patienten und Angehörige verknüpft werden könnten. Erfreulicherweise sind auch viele Ältere offen für digitale Helfer. So sehen acht von zehn über 60-Jährigen in Deutschland in der Digitalisierung des Gesundheitswesens überwiegend Vorteile.

Leider werden solche Smart-Home-Lösungen derzeit nicht im Leistungskatalog der Pflegeversicherung berücksichtigt. Die TK fordert deshalb, dass der Leistungskatalog der Pflegeversicherung entsprechend erweitert wird. Die Leistungen für "wohnumfeldverbessernde Maßnahmen" sollten im Bereich der technischen Hilfen im Haushalt auch für technische Assistenz- und Überwachungssysteme eingesetzt werden dürfen, die dazu beitragen, länger in den eigenen vier Wänden zu verbleiben und die Angehörigen entlasten.

TK-Posi­tion "Mas­ter­plan für die Pflege"

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