Die Pflegestärkungsgesetze der vergangenen Jahre haben die Leistungen der SPV verbessert, und der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff hat den Kreis der Anspruchsberechtigten deutlich erweitert. Die höheren Leistungen kamen vor allem ambulant Gepflegten zugute. Zugleich wurden dringend notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte und der Qualität umgesetzt oder befinden sich in der Umsetzung. Durch die neuen prozentualen Zuschüsse zu den Eigenanteilen an den pflegebedingten Aufwendungen sind seit Jahresbeginn 2022 auch die stationär gepflegten Menschen entlastet worden. 

Die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung war richtig und politisch nötig. Doch in der Summe haben die Maßnahmen die Pflegeversicherung viel Geld gekostet. Bisher wurden die steigenden Kosten von den Pflegebedürftigen selbst finanziert - über Beitragserhöhungen sowie über steigende Eigenanteile an den pflegebedingten Aufwendungen. Dies kann auf Dauer nicht so weiter gehen, zumal ein weiterhin steigender Mittelbedarf absehbar ist. Deshalb muss die Finanzsituation der Pflegeversicherung dauerhaft stabilisiert werden.

Pflegebedürftige entlasten 

Die Eigenanteile haben in der stationären Altenpflege schon heute eine Dimension angenommen, die viele Pflegebedürftige finanziell überfordert.  In Hamburg lag der durchschnittliche Eigenanteil für die stationäre Altenpflege im Jahr 2022 (Stand 1. Januar 2023) bei insgesamt 2.343 Euro pro Monat ohne Zuschläge (Bundesdurchschnitt: 2.468 Euro), wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) zeigt. Dieser Betrag besteht unter anderem aus dem "einrichtungseinheitlichen Eigenanteil", der die Pflegeaufwendungen abbildet (942 Euro). Seine Höhe ist im Wesentlichen von den Personalkosten abhängig. Weitere Bestandteile sind Kosten für Unterkunft und Verpflegung - in Hamburg durchschnittlich 834 Euro - und Investitionskosten, die in Hamburg bei 567 Euro liegen. Ohne Änderungen der derzeitigen Regelungen werden immer mehr Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen sein - und das, obwohl die Pflegeversicherung eigentlich genau davor schützen und pflegebedingte Armut vermeiden sollte. Ende 2019 musste jeder bzw. jede dritte Pflegeheimbewohnende Hilfe zur Pflege bei der Stadt beantragen. 

Aus Sicht der TK wäre eine betragsmäßige Deckelung der Eigenanteile dabei nicht der richtige Weg. Denn sie würde die Höhe der Eigenanteile von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entkoppeln und angesichts der großen Unterschiede zwischen den Bundesländern bei den Eigenanteilen zu neuen Ungleichbehandlungen führen. Gerechter wäre es, die Leistungsbeträge einmalig anzuheben und künftig zu dynamisieren. Die hierfür nötigen Mittel sollten durch die Übernahme der Rentenversicherungszahlungen für pflegende Angehörige durch den Bund frei gemacht werden. Außerdem fordert die TK einen Finanzausgleich zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung.

Fördermittel der Länder 

Schon heute haben die Bundesländer die Aufgabe, Investitionskosten für die stationäre Altenpflege zu fördern. Allerdings ist die entsprechende gesetzliche Regelung in § 9 SGB XI recht unverbindlich. Eine Übersicht oder gar Vergleichbarkeit der jeweiligen Förderbeiträge gibt es nicht. Die finanzielle Verantwortung wird von den einzelnen Bundesländern in sehr unterschiedlicher Weise wahrgenommen. Dies ist möglich, weil die Investitionskosten Bestandteil der Kosten für den Pflegeplatz in einer Pflegeeinrichtung sind und damit letztlich über den Eigenanteil in der stationären Altenpflege von den Pflegebedürftigen finanziert werden. In Hamburg beispielsweise beträgt der Anteil der Investitionskosten am durchschnittlichen Eigenanteil der Pflegebedürftigen 567 Euro. Diese Kosten gehören - ebenso wie die Investitionskosten für die zugelassenen Krankenhäuser - zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie sind daher laut Gesetz eigentlich nicht von den Pflegebedürftigen, sondern vom Bundesland zu tragen. 

Deshalb fordert die TK, die Länder zu verpflichten, die Investitionskosten verbindlich zu übernehmen. Damit würden die Eigenanteile der Pflegebedürftigen kurzfristig deutlich gesenkt. Mit der zusätzlichen Übernahme der Ausbildungskosten durch die öffentliche Hand könnten die Eigenanteile in einem Gesamtvolumen von rund 1 Milliarde Euro jährlich gesenkt werden.

Ausgleich der Pandemiekosten aus Steuermitteln

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben sich die Pflegekassen dafür eingesetzt, dass die ambulante und stationäre Pflege finanziell durch einen Schutzschirm abgesichert werden. Für diese Schutzschirme wurden zahlreiche Regeln geändert und den Pflegeeinrichtungen in großem Umfang Mehraufwendungen sowie Mindereinnahmen infolge des Coronavirus SARS-CoV-2 erstattet. Darüber hinaus übernimmt die SPV die anfallenden außerordentlichen Aufwendungen für PoC-Antigen-Testungen durch die Pflegeeinrichtungen. Der GKV-SV schätzt die nicht-refinanzierte Gesamtbelastung auf mindestens 5,2 Milliarden Euro für die Jahre 2020, 2021 und 2022. Aus Gründen der Dringlichkeit und Praktikabilität war die SPV hier eingesprungen. Allerdings sind Bevölkerungsschutz und Pandemiebewältigung zentrale Aufgaben des Staates und nicht der Pflegekassen, Bisher wurden der SPV diese pandemiebedingten Ausgaben allerdings nicht vollständig zurückerstattet. Dies muss nun nachgeholt werden. 

TK-Posi­tion zur Pflege

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