Nach jüngsten Angaben des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz leben im Land rund 241.000 pflegebedürftige Menschen. Berechnungen ergeben, dass bis 2035 in Rheinland-Pfalz nahezu 45.000 weitere Pflegebedürftige dazu kommen. Bis 2060 könnten es sogar 100.000 mehr sein. Daher ist bereits jetzt absehbar, dass die Finanzmittel der gesetzlichen Pflegeversicherung bald nicht mehr ausreichen werden, um die Leistungsausgaben zu decken. Es gilt, die soziale Pflegeversicherung finanziell auf ein stabiles Fundament zu stellen. Das kann nicht ausschließlich durch die Anhebung der Beitragssätze geschehen. Auch der Bund und die Länder müssen finanzielle Verantwortung übernehmen.

Zuschuss aus Steuermitteln

Die Techniker Krankenkasse (TK) ist davon überzeugt, dass die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung aus Steuermitteln ergänzt werden muss. Der Bund sollte Mittel für die Dynamisierung der Pflegeleistungen zur Verfügung stellen. Gleichzeitig müssen die Bundesländer für Investitionen in die Pflegeinfrastruktur aufkommen. Diese Steuerzuschüsse sollten als dauerhafte und verlässliche Finanzierungssäule fungieren und an die Kostenentwicklung der Pflegeleistungen gekoppelt werden. 

Pflegebedürftige durch Investitionsmittel der Länder entlasten 

Schon heute haben die Bundesländer die Aufgabe, Investitionskosten für die stationäre Altenpflege zu fördern. Allerdings ist die entsprechende gesetzliche Regelung in § 9 SGB XI unverbindlich. Die finanzielle Verantwortung wird von den einzelnen Bundesländern in sehr unterschiedlicher Weise wahrgenommen. Das hat zur Folge, dass in der Regel die Pflegebedürftigen für diese Kosten aufkommen müssen. In Rheinland-Pfalz beispielsweise beträgt der Investitionskostenanteil für eine pflegebedürftige Person 457 Euro pro Monat. Im Vergleich dazu sind es sogar 4731 Euro pro Monat im Bundesdurchschnitt2

Die TK schlägt vor, die Übernahme der Investitionskosten durch die Bundesländer verbindlich zu regeln. Übernähmen diese ihre finanzielle Verantwortung, könnten die Betroffenen schnell und wirksam entlastet werden. Dazu muss die Landesregierung Rheinland-Pfalz ihrer Investitionsverpflichtung nachkommen und den bedarfsgerechten Ausbau von wohnortnahen Versorgungsangeboten unterstützen. 

Im Bundesländervergleich ist Rheinland-Pfalz neben Sachsen und Sachsen-Anhalt eines der drei Länder, welche keine Maßnahmen der Investitionskostenförderung für Pflegeeinrichtungen bereitstellen3. Die höchste Fördersumme wird in Nordrhein-Westfalen mit 725 Euro pro Jahr und pflegebedürftiger Person gezahlt, gefolgt von Schleswig-Holstein (402 Euro). Insgesamt ergibt sich eine durchschnittliche Fördersumme in ganz Deutschland von 249 Euro je Pflegebedürftigen (exklusive der Länder ohne Fördermaßnahmen). Darüber hinaus stünde es auch im Ermessen der Landespolitik - unabhängig von der Pflegreform der Bundesregierung - mit regionalen Instrumenten die Pflege-bedürftigen zu entlasten, die in besonderem Maße Schutz, Aufmerksamkeit und Unterstützung benötigen.

Entwicklung der Eigenanteile in der stationären Pflege

In der stationären Pflege werden Pflegebedürftige von Jahr zu Jahr zunehmend finanziell belastet. So stiegen im Jahr 2022 die Kosten für die Unterbringung in Pflegeheimen in Rheinland-Pfalz auf durchschnittlich 2.499 Euro im Monat - 235 Euro mehr als im Vorjahr4. Bundesweit liegt der Schnitt derzeit bei 2.411 EUR im Monat - 278 EUR mehr als im Vorjahr5. Die von den Betroffenen aufzubringenden Zahlungen gliedern sich in die Einrichtungseinheitlichen Eigenanteile (EEE) für die pflegerische Versorgung, die Kosten für Unterkunft und Verpflegung und die Investitionskostenanteile. Gründe für die Kostensteigerungen sind vor allem die Refinanzierung gestiegener Löhne durch die Tarifbindung in der Pflege und die gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Infografik zur Entwicklung der Eigenanteile in der stationären Pflege Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.

Die Höhe der EEE variiert stark nach Einrichtung und Bundesland sowie nach Aufenthaltsdauer, steigen aber in Rheinland-Pfalz substanziell an (siehe Grafik). Seit dem 1.1.2022 erhalten stationär Gepflegte daher einen von der Verweildauer abhängigen, prozentualen Leistungszuschlag, um sie bei den EEE zu entlasten. Der Bundeskoalitionsvertrag sieht deren Prüfung im Hinblick auf eine weitere Erhöhung vor. Die Wirkung dieser Zuschläge auf die Entwicklung der Eigenanteile sollte zunächst beobachtet werden, bevor man ein Urteil über deren Wirkung fällt.

Keine Deckelung der Eigenanteile

Eine betragsmäßige Deckelung der Eigenanteile lehnt die TK weiter ab. Sie würde die Höhe der Eigenanteile von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entkoppeln und angesichts der großen Unterschiede in den EEE zu neuen Ungleichbehandlungen führen. Stattdessen schlägt die TK vor, die Leistungsbeträge einmalig anzuheben und zukünftig zu dynamisieren. Die hierfür nötigen Mittel sollten durch die Übernahme der Rentenversicherungszahlungen für pflegende Angehörige durch den Bund frei gemacht werden. Bisher werden diese von den Pflegekassen getragen. 

Finanzausgleich zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung

Seit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 gilt eine umfassende Versicherungspflicht für gesetzlich sowie privat versicherte Personen. Anders als in der Gesetzlichen Krankenversicherung ist der Leistungsumfang der privaten und der gesetzlichen Pflegeversicherung identisch - die Finanzierung hingegen nicht. Die Höhe des Beitrags richtet sich unter anderem nach dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand bzw. dem individuellen Versicherungsrisiko, nicht wie in der sozialen Pflegeversicherung nach dem Einkommen bzw. der finanziellen Leistungsfähigkeit der Versicherten. Gleichzeitig hat die PKV für ihre Versicherten niedrigere Leistungsausgaben. Dies ermöglicht der privaten Pflegeversicherung, hohe Rücklagen aufzubauen und den Beitragsanstieg zu dämpfen. Um die ungleiche Verteilung der Lasten zu auszugleichen, fordert die TK einen Finanzausgleich zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung.
 

Digitales Informationsportal auch für Rheinland-Pfalz

Wir setzen große Hoffnung in die vielen Möglichkeiten, die die Digitalisierung für Pflegende und zu Pflegende bietet. Die TK ist begeistert von den bestehenden Informationsportalen mit tagesaktuellen Angeboten für Pflegeplätze: Sie sind digital, schaffen Transparenz und zeigen die Lücke zwischen der Nachfrage und dem Angebot - sowohl hinsichtlich der Quantität als auch Qualität und Vielfalt. Solche Portale sollte es in Rheinland-Pfalz und in ganz Deutschland geben.

Auch darüber hinaus gibt es viele gute Beispiele, wie die Digitalisierung die Pflegenden entlasten und die zu Pflegenden besser teilhaben lassen kann. Bereits heute bietet die TK zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten an - vom digitalen Pflegeantrag bis zur Online-Schulung für pflegende An-gehörige. Das Morgen in der Pflege wird digital.

Die TK schlägt vor, dass eine Digitalisierung des Leistungskatalogs der Pflegeversicherung angestoßen wird. Die Öffnung des Pflegehilfsmittelverzeichnisses für E-Lösungen wie technische Assistenz und Überwachungssysteme ist der richtige Weg. Dieser muss weiter beschritten werden. Die neuen Zulassungsmöglichkeiten für digitale Pflegeanwendungen befürworten wir. Sie müssen konsequent genutzt und weiterentwickelt werden. Rheinland-Pfalz besitzt mit seiner wissenschaftlichen Infrastruktur die besten Voraussetzungen, hier Vorreiter zu werden.

Quellen: 

1,4 Pressemitteilung vdek Rheinland Pfalz vom 19.01.2023

Grafik des vdek zur Eigenbeteiligung in der stationären Pflege

Jahresbericht der Länder - Berichtsjahr 2021

Pressemitteilung vdek Bremen vom 19.1.2023