Pflegeversicherung braucht dauerhaft Zuschüsse vom Bund
Interview aus Nordrhein-Westfalen
Unsere alternde Gesellschaft braucht eine gute und verlässliche Pflege - nicht nur in Pandemie-Zeiten. An den Kosten müssen sich auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler beteiligen, fordert Barbara Steffens, Leiterin der TK-Landesvertretung NRW.

TK: Corona-Pandemie, eine zunehmende Zahl von Pflegebedürftigen und zusätzliche Leistungen lassen die Ausgaben der Pflegeversicherung kontinuierlich steigen. Zur Entlastung gibt es jetzt einen kurzfristigen Bundeszuschuss. Reicht das?
Barbara Steffens: Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir begrüßen den Zuschuss aus Steuermitteln, aber es darf nicht bei einer einmaligen Finanzspritze bleiben. Der steigende Finanzbedarf kann nicht durch immer höhere Beiträge gedeckt werden. Es bedarf einer allgemein tragfähigen Lösung für eine nachhaltige Neuordnung der Pflegefinanzierung mit einem dauerhaften Steuerzuschuss.
Barbara Steffens
TK: Wie stellen Sie sich das vor?
Steffens: Ziel sollte es sein, die Eigenanteile der Pflegebedürftigen zu stabilisieren und gleichzeitig den Druck von den Beitragszahlern zu nehmen. Deshalb schlägt die TK vor, die Leistungsbeiträge so schnell wie möglich einmalig anzuheben. Dadurch könnten unter anderem die erfolgten und noch zu erwartenden Mehrbelastungen durch verbesserte Tariflöhne in der Pflege ausgeglichen werden. Im ambulanten Bereich könnten die Pflegebedürftigen sich mehr Pflegesachleistungen einkaufen, was zu einer Entlastung der pflegenden Angehörigen führen würde. Weiterhin ist eine jährliche Dynamisierung der Leistungen notwendig, damit die Pflegeversicherung auch künftig Preissteigerungen auffangen kann. Diese kurzfristige Sofortmaßnahme ließe sich im mit dem Bundeshaushalt 2021 umsetzen.
TK: Wie können diese Mehrkosten kompensiert werden?
Steffens: Um mehr Spielraum zum Dämpfen des Anstiegs von Beiträgen und Eigenanteilen zu erhalten, sollten die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige dauerhaft aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Damit hätte man eine ordnungspolitisch saubere Begründung und eine feste, beleg- und begründbare Summe zur Entlastung der Betroffenen.
TK: Was erwarten Sie von der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen?
Steffens: Die finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen beläuft sich nicht nur auf die Eigenanteilszahlungen, sondern unter anderem auch auf die gesondert in Rechnung gestellten Investitionskosten für Pflegeheime. Würden Nordrhein-Westfalen und alle anderen Bundesländer, die bei ihnen verorteten Investitionskosten auch tatsächlich über das bisher bestehende Pflegewohngeld hinaus tragen, könnten Pflegebedürftige und Sozialhilfeträger entlastet werden. Daher fordert die TK, die Übernahme der Investitionskosten durch die Bundesländer verbindlich zu regeln.