Stuttgart, 11. Mai 2023. Wie eine aktuelle Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) zeigt, fehlten Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege 2022 in Baden-Württemberg durchschnittlich 25,3 Tage. Zum Vergleich: Im Durchschnitt war jede bei der TK im Land versicherte Erwerbsperson 15,9 Tage krankgeschrieben und damit fast zehn Tage weniger. Die Fehltage wurden in der Altenpflege vorwiegend durch psychische Erkrankungen und Probleme mit dem Rücken verursacht. "Nur wer selbst gesund ist, kann auch andere pflegen. Daher fördert die TK gezielt Projekte des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) für professionell Pflegende", sagt Nadia Mussa, Leiterin der TK-Landesvertretung Baden-Württemberg.

Zielgenaues Projekt dank Analyse

Pflegearbeit so gestalten, dass die Mitarbeitenden mit Freude dabei sind, gesund bleiben und Wertschätzung erfahren. Das ist das Ziel des Projekts "Starke Mitarbeiter - gesundes Miteinander", das die Arbeiterwohlfahrt (AWO)-Freiburg im Seniorenzentrum "Grüner Weg" in Denzlingen realisiert. Unterstützt wird sie dabei von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und der TK: "Uns war von Anfang an klar, dass wir nicht nur beim gesundheitsbewussten Verhalten von Einzelnen ansetzen, sondern ein gesundheitsförderndes Umfeld für alle schaffen wollten", so Raphael Kirchherr, Leiter des Seniorenzentrums Grüner Weg. Mit externer Hilfe wurde zunächst die Arbeitssituation in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen umfassend analysiert: "Die Mitarbeitenden sollten gleich zu Beginn des Prozesses ehrlich Auskunft über eventuelle Missstände geben, aber auch eigene Ideen und Feedback formulieren können", ergänzt Sozialwissenschaftlerin Dr. Karin Töpsch, die im Auftrag der BGW und der TK als Prozessberaterin aktiv ist.

Gesund führen und Prozesse optimieren

Dabei wurden zentrale Ziele des Projekts identifiziert, für die dann passgenaue Maßnahmen entwickelt werden konnten. Dazu gehören Bewegungskurse für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie für alle Mitarbeitenden genauso wie Angebote zu den Themen "Gesundes Führen" und kollegiale Beratung. Die aktuelle TK-Arbeitgeberstudie #whatsnext* hat gezeigt, wie wichtig das Verhalten von Führungskräften für die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist. "Führungskräfte, die reflektiert mit ihren eigenen Ressourcen umgehen, können auch die Mitarbeitenden besser für deren Arbeitsweise sensibilisieren", weiß TK-Projektbegleiter Armin Flohr. Manchmal können es Kleinigkeiten sein, die zu Unmut und Stress im Team führen. So hat man in Denzlingen nun die Pausengestaltung neu organisiert und ein Ausfallmanagement für die Speisenversorgung eingerichtet: Wenn Personal außerplanmäßig fehlt, unterstützen andere Bereiche nach einem festgelegten Notfallplan. "Die verbindlichen Regelungen führen zu einer höheren Zufriedenheit. Diskussionen um Zuständigkeiten sind damit weggefallen", erklärt Kirchherr.

Mit Humor und Bewegung aktivieren

Nicht zuletzt sollten in die BGM-Maßnahme im Pflegeheim auch die Bewohnerinnen und Bewohner miteinbezogen werden. "Wenn es uns gelingt, die kognitive Leistung und psychische Verfassung der zu pflegenden Personen zu stärken, kommt das nicht nur ihnen selbst zugute sondern erleichtert auch dem Pflegepersonal die Arbeit", ist der Heimleiter überzeugt. So sorgte in den letzten Monaten die Clownin Adele Spätzle insbesondere bei Demenzerkrankten für ungewohnte Reaktionen: "Auch Bewohnerinnen und Bewohner, die sonst eher in ihrer eigenen Welt bleiben, können von der Clownin abgeholt und aktiviert werden. Das führt zu sehr bewegenden Momenten und hebt allgemein die Stimmung", beobachtet Kirchherr. 

Erfolgreiches BGM braucht Engagement

Das Projekt wird gemeinsam mit den Kooperationspartnern bis Ende des Jahres weiterlaufen. Für BGM-Berater Flohr ist jetzt schon abzusehen, dass es Dank des hohen Engagements des Leitungsteams und der Begleitung durch einen Steuerungskreis auch langfristig erfolgreich sein wird. "Eine effektive Gesundheitsförderung im Setting Pflege ist nur möglich, wenn an den individuellen Strukturen vor Ort angesetzt wird, und die Vorteile für jeden Einzelnen spürbar werden", beobachtet er. Ohne externe Hilfe könnten insbesondere kleine Einrichtungen das oft nicht meistern. Genau dafür seien die Angebote der Krankenkassen zur Präventionsförderung geschaffen worden, die nicht nur finanziell, sondern auch personell bei der Umsetzung unterstützen. Aufgrund der guten Erfahrungen wurde an einem weiteren Standort der AWO-Freiburg, im Haus am Franziskanergarten in Kenzingen, inzwischen ebenfalls mit einem Gesundheitsprojekt gestartet.


Hintergrund

Die TK und der Verband der Ersatzkassen (vdek) fördern gezielt Projekte des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) in Pflegeheimen und Krankenhäusern: