Erfurt, 13. Juli 2022. Statistisch gesehen war jeder TK-versicherte Erwerbstätige in Thüringen im vergangenen Jahr 18 Tage krankgeschrieben (Bund: 14,5). Im Vergleich der Bundesländer liegt Thüringen damit auf Rang vier bei den längsten Fehlzeiten, hinter Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Das geht aus dem neu veröffentlichten Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse und dem Länderreport für Thüringen hervor.

Der Krankenstand in Thüringen betrug 4,93 Prozent. Damit lag er fast einen Prozentpunkt über dem bundesweiten Durchschnittskrankenstand der TK-Versicherten (3,97 Prozent).

"In die Auswertung fließen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aller rund 54.000 Thüringer Berufstätigen und Arbeitslosengeld 1-Empfängerinnen und Empfänger zwischen 15 und 65 Jahren ein, die 2021 bei der TK versichert waren. Bundesweit sind die Daten von rund 5,5 Millionen Menschen Basis für die Auswertung", sagt Guido Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung Thüringen. "Das heißt gleichzeitig: Soziodemografische Unterschiede in den Bundesländern spiegeln sich sehr wahrscheinlich auch in unseren Zahlen wider. So ist ein Erklärungsansatz für den höheren Krankenstand in Thüringen, dass die Bevölkerung älter ist als der Bundesdurchschnitt."

Atemwegserkrankungen Hauptgrund für Unterschiede

Zudem lohnt der Blick darauf, in welchen Diagnosegruppen sich die Arbeitsunfähigkeiten der Menschen im Freistaat von denen in Gesamtdeutschland unterscheiden.

"Den größten Unterschied sehen wir bei den Krankschreibungen aufgrund von Atemwegserkrankungen, zu denen vor allem Erkältungskrankheiten zählen. Thüringer Versicherte waren deswegen statistisch gesehen 2,7 Tage arbeitsunfähig. Bundesweit waren es 1,6 Tage", sagt Dressel.

"Es liegt nahe, dass hier ein Effekt besonders ins Gewicht fällt, den wir schon seit Jahren beobachten: In größeren Firmen und auch im öffentlichen Dienst sind tarifvertragliche Regelungen üblich, nach denen Beschäftigte auch ohne Krankenschein wenige Tage zu Hause bleiben können. Diese Tage, in denen man zum Beispiel einen leichten Schnupfen kuriert oder gar nicht erst schlimmer werden lässt, tauchen in den Statistiken nicht auf. Hier erscheinen nur Krankschreibungen durch einen Arzt. Thüringen ist durch kleinere und mittelständische Unternehmen geprägten. Dort sind solche Regelungen mit sogenannten Karenztagen nicht so weit verbreitet."

Die These wird dadurch unterstützt, dass die niedrigsten Krankenstände in Baden-Württemberg (3,21 Prozent) und Bayern (3,46 Prozent) zu verzeichnen sind.

Atemwegserkrankungen waren 2021 in Thüringen der dritthäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit. Die Krankschreibungen gingen um 8 Prozent zurück. Bundesweit gab es ein Minus von mehr als 25 Prozent. Hauptgrund für die Rückgänge sind vermutlich die coronabedingten physischen Kontaktbeschränkungen sowie Abstands- und Hygieneregeln.

Thüringer TK-Versicherte waren am häufigsten, durchschnittlich 3,2 Tage im Jahr, wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen krankgeschrieben. Muskel-Skelett-Erkrankungen, also Rückenschmerzen und Co., waren mit durchschnittlich 3,1 AU-Tagen der zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit.

Langzeitvergleiche durch Coronaeffekt schwierig

"So wichtig statistische Daten sind, so sehr hat uns besonders die Coronazeit vor Augen geführt, dass wir ganz genau schauen müssen, welche Daten wir miteinander vergleichen und wo die Gründe für Gemeinsamkeiten und Unterschiede liegen könnten", sagt Dressel. "Ich plädiere deswegen dafür, AU-Statistiken aus der Coronazeit besonders vorsichtig zu interpretieren und daraus nicht auf Grundsätzliches zu schließen."

Hinweis für die Redaktion

Die Zahlen stammen aus dem TK-Gesundheitsreport 2022 . Grundlage dafür bilden die rund 5,5 Millionen bei der TK versicherten Erwerbstätigen, darunter rund 54.000 in Thüringen (Berufstätige und ALG 1-Empfängerinnen und Empfänger).