Zur Sache: Was bewegt und belastet Beschäftigte in Deutschland?
Interview aus Hamburg
Den Großteil der Lebenszeit verbringen Beschäftigte am Arbeitsplatz. Nicht selten wirkt sich dabei die Arbeit auf die Gesundheit aus. In einer über drei Jahre groß angelegten Studie hat die TK gemeinsam mit dem Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) die Faktoren für Belastung und Zufriedenheit am Arbeitsplatz untersucht.

Herausgekommen ist die Beschäftigtenstudie "How's work? Was Beschäftigte in Deutschland bewegt und belastet". Wiebke Arps aus dem Gesundheitsmanagement der TK hat die Studie intensiv begleitet und stellt die wichtigsten Ergebnisse vor.
TK: Frau Arps, welche Kernaussagen über die Gesundheit von Beschäftigten trifft die Beschäftigtenstudie? Welche Ergebnisse fanden Sie überraschend?
Wiebke Arps: Der Druck, den Beschäftigte über die vergangenen Jahre hinweg am Arbeitsplatz erlebt haben, wird immer größer. Treiber sind dabei vor allem der zunehmende Zeitdruck und die Verdichtung der Arbeitsprozesse, auch ausgelöst durch die zunehmende Digitalisierung. Hier wirkt die Coronapandemie noch einmal zusätzlich als Brennglas, da viele Arbeitnehmende sich sehr schnell, sozusagen über Nacht, auf digitale Arbeitsprozesse einstellen mussten.
Überrascht hat mich, dass nach wie vor die Führungskräfte eine sehr entscheidende Rolle einnehmen, ob sich die Beschäftigten bei ihrer Arbeit wohl fühlen und damit ja auch nachweisbar ein geringeres Gesundheitsrisiko haben. Diese Erkenntnis ist überhaupt nicht neu, aber anscheinend steckt das Thema "gesund führen" nach wie vor in den Kinderschuhen. Hier gilt es, die Führungskräfte weiter intensiv in ihrer wichtigen Rolle zu unterstützen und das durch das flächendeckende Einführen von Homeoffice neue Thema "Führung auf Distanz" zu integrieren.
Die Führungskräfte nehmen nach wie vor eine sehr entscheidende Rolle ein, ob sich die Beschäftigten bei ihrer Arbeit wohl fühlen und damit ja auch nachweisbar ein geringeres Gesundheitsrisiko haben.
Wiebke Arps
TK: Die Beschäftigtenstudie hat die Unternehmen je nach Lage zu Nord- und Süd- bzw. West- und Ostdeutschland zusammengefasst. Welche regionalen Unterschiede konnten Sie feststellen?
Arps: Es gibt keine großen, signifikanten Unterschiede zwischen den Bundesländern; maximal wenn wir Regionen nach Ost und West oder Nord und Süd unterteilen, können wir einzelne Unterschiede feststellen. Wir haben bei allen ausgewerteten Themen nach regionalen Unterschieden geschaut, diese waren aber, wenn überhaupt, nur sehr gering ausgeprägt. Sodass wir nur über Ost-West-Unterschiede berichten können: So essen Westdeutsche Beschäftigte täglich weniger Obst und Gemüse als Ostdeutsche, dafür erreichen im Westen mehr Arbeitende die empfohlene Trinkmenge von mindestens 1,5 Litern als im Osten.
TK: Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Ergebnissen der Studie für Arbeitgeber und Beschäftigte? Was kann getan werden, um Belastungen vorzubeugen oder sie zu verringern?
Arps: Hier gilt es, die Ergebnisse ernst zu nehmen und nicht erst zu handeln, wenn die Gesundheit der Beschäftigten stark eingeschränkt ist und damit der Krankenstand in einem Unternehmen steigt. Die Arbeitgeber sollten frühzeitig darauf achten, dass Gesundheit, Zufriedenheit und Wohlbefinden der Beschäftigten ein hohes Gut ist, das zu erhalten sich lohnt. Langfristig können so die Leistungsfähigkeit des Unternehmens sichergestellt, Fluktuation verhindert und neue Fachkräfte aktiv angeworben werden. Denn zunehmend legen jüngere Generationen Wert auf einen guten Ausgleich von Arbeit und Privatleben und wertschätzen insbesondere Unternehmen, die in eine gesunde Unternehmenskultur investieren.
Hintergrund
An den Befragungen im Rahmen der Beschäftigtenstudie "How's work? Was Beschäftigte in Deutschland bewegt und belastet" nahmen 11.199 Beschäftigte aus 43 Organisationen in den Jahren 2018 bis 2021 teil. Der überwiegende Teil der Befragten ist in Wirtschaftsunternehmen tätig (84 Prozent), der andere Teil ist in öffentlichen Einrichtungen angestellt (16 Prozent).