Zur Sache: Cybermobbing aktueller denn je
Interview aus Hamburg
Wenn Kinder und Jugendliche in den sozialen Medien ausgegrenzt und beleidigt werden, dann sind das Formen von Cybermobbing. Die Zahl der Betroffenen ist weiter hoch. Das zeigt die gemeinsame Studie "Cyberlife IV - Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern" vom Bündnis gegen Cybermobbing e.V. und der Techniker Krankenkasse.

Was Cybermobbing mit den Betroffenen macht, welche Erkenntnisse die Studie bringt und was jeder dagegen tun kann, erklärt Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg.
TK: Cybermobbing ist ein Phänomen, das uns seit Jahren beschäftigt. Kann man sagen, wie hoch die Betroffenheit ist?
Maren Puttfarcken: Leider ist die Zahl der Betroffenen hoch. Das zeigen die Ergebnisse der Studie " Cyberlife IV ", in deren Rahmen sich 3.011 Schülerinnen und Schüler, 1.053 Elternteile und 355 Lehrerinnen und Lehrer bundesweit im Jahr 2022 an einer Onlinebefragung beteiligt haben. Demnach waren 16,7 Prozent - also beinahe jede fünfte Schülerin beziehungsweise jeder fünfte Schüler - zwischen acht und 21 Jahren schon einmal Opfer von Cybermobbing. Hochgerechnet entspricht das mehr 1,8 Millionen Betroffenen deutschlandweit. Das ist erschreckend!
Und wir sehen, dass die Coronapandemie Cybermobbing verstärkt hat. Dies bestätigen alle Befragten. 2017 waren noch 12,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler betroffen - 2020 dagegen waren es bereits 17,3 Prozent. Durch die Pandemie hat sich das Leben der Jugendlichen ins Internet verlagert. So werden Konflikte verstärkt digital ausgetragen. Hier können die Betroffenen der psychischen Belastung durch Mobbing nur schwer entrinnen, viel schwerer als in der Schule.
Maren Puttfarcken
In Projekten wie 'Gemeinsam Klasse sein' lernen die Schülerinnen und Schüler, die Dinge einzuordnen und Empathie für Mitmenschen zu fühlen, auch wenn man sie nicht sieht, sondern nur digital kontaktiert.
TK: Welche Folgen haben Cybermobbing für die Opfer und welche Konsequenzen drohen den Tätern?
Puttfarcken: Mobbing wie auch Cybermobbing wirken sich vor allem psychisch aus. Kinder und Jugendliche, die Opfer solcher Attacken werden, leiden beispielsweise an Angst- und Schlafstörungen und körperlichen Beschwerden wie Kopf- oder Magenschmerzen. Laut den Befragungsergebnissen fühlen sich die Opfer vor allem verletzt (58 Prozent), andere reagieren mit Wut (40 Prozent), ein gutes Drittel der Befragten (34 Prozent) ist verängstigt. Wohingegen den Täterinnen und Täter keine Konsequenzen drohen.
Neben Beschimpfungen und Beleidigungen kommen sogenannte Fake-Profile zum Einsatz, und es werden rufschädigende Fotos geteilt. Erschreckend ist dabei, dass jede fünfte Täterin bzw. jeder fünfte Täter (19,8 Prozent) selbst schon einmal Opfer von Cybermobbing gewesen ist.
Formen des Cybermobbings
TK: Was kann man gegen Cybermobbing tun?
Puttfarcken: Prävention und Aufklärung sind ein wichtiger Schlüssel, um Mobbing und Cybermobbing zu verhindern. Leider fanden in den vergangenen zwei Jahren, in denen die Coronapandemie unser aller Leben bestimmte, viel weniger schulische Angebote statt. Verglichen mit der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2020 wurden in diesem Jahr 40 Prozent weniger Präventionsmaßnahmen in den Schulen angeboten.
In Projekten wie " Gemeinsam Klasse sein " lernen die Schülerinnen und Schüler, die Dinge einzuordnen und Empathie für Mitmenschen zu fühlen, auch wenn man sie nicht sieht, sondern nur digital kontaktiert. Kommt es zu Mobbing, werden konkrete Handlungsoptionen gezeigt. Auch die Eltern bekommen Infomaterial und werden durch einen Eltern-Nachmittag mit einbezogen. Wir begrüßen es sehr, wenn sich die Schulen wieder stärker mit dem Thema Mobbing beschäftigen und Beratungsangebote wahrnehmen. Denn gegen Mobbing und Cybermobbing zu wirken, ist eine wichtige Aufgabe für die ganze Gesellschaft!