Psychotherapie: „TK-Studie komplett aus dem Kontext gerissen“
Pressemitteilung
Hamburg, 23. Februar 2023. In der aktuellen Debatte um die Versorgungssituation von Menschen mit psychischen Erkrankungen wird die Behauptung diskutiert, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im ambulanten Sektor leicht erkrankte Patientinnen und Patienten bevorzugt behandeln und dadurch den schwer Erkrankten Therapieplätze verwehren würden. Dabei wird unter anderem auf eine alte TK-Studie* (Wittmann et al., 2011) Bezug genommen, aus der angeblich hervorgeht, dass Patientinnen und Patienten in der ambulanten Psychotherapie genauso stark erkrankt seien, wie Patientinnen und Patienten in stationärer Behandlung.
Der stellvertretende TK-Vorstandsvorsitzende Thomas Ballast kritisiert: "Die TK-Studie ist in diesem Zusammenhang komplett aus dem Kontext gerissen. Ziel der Studie war nicht, den Schweregrad der ambulanten Psychotherapie zu überprüfen, sondern das Gutachterverfahren als Qualitätsinstrument bei ambulanter Psychotherapie zu bewerten. Dies wird in der aktuellen Diskussion nicht korrekt eingeordnet. Der Fokus lag auf Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen in Langzeittherapie, für die ein Gutachterverfahren erforderlich war. Deshalb überrascht es auch nicht, dass schwer erkrankte Patientinnen und Patienten in der Studie überrepräsentiert waren. Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse nicht für das gesamte Versorgungssystem der ambulanten Psychotherapie repräsentativ und unterstützen folglich in keiner Weise die Argumente der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
Darüber hinaus liegen zwischen dem Abschluss der Studie 2011 und der heutigen Diskussion zwölf Jahre und eine große Strukturreform der Psychotherapie-Richtlinie im Jahr 2017. Für eine objektive, wissenschaftliche Diskussion sollte auf die aktuellste Studienlage zurückgegriffen werden."
*Wittmann, W. W./Lutz, W./Steffanowski, A./Kriz, D./Glahn, E. M./Völkle, M. C./Böhnke, J. R./Köck, K./Bittermann, A. & Ruprecht, T. (2011). Qualitätsmonitoring in der ambulanten Psychotherapie: Modellprojekt der Techniker Krankenkasse - Abschlussbericht. Hamburg: Techniker Krankenkasse.