Mehr Lebensqualität durch kürzere Bestrahlung
Eine zusätzliche Strahlentherapie nach Operation und anschließend eine Bestrahlung des Tumorbettes gelten heute als wichtigste Maßnahmen, um einem Rückfall vorzubeugen. Diese "Boost-Bestrahlung" kann mit gleichem Erfolg, aber deutlich mehr Lebensqualität gleichzeitig durchgeführt werden. Zu diesem überraschenden Ergebnis kam jetzt eine neue Studie aus Heidelberg.
Nach der Entfernung des Brusttumors, wird meist eine lokale Bestrahlung der gesamten Brust durchgeführt und danach eine so genannte "Boost-Bestrahlung". Hierbei richten sich die hochdosierten Strahlen auf die Umgebung des entfernten Tumors, das Tumorbett. Meist sind 5 bis 8 Bestrahlungstermine dafür erforderlich. Dieses Nacheinander aus mehrwöchiger Bestrahlung und anschließender Intensivbestrahlung stellt jetzt die neue Studie der Universitätskliniken Heidelberg und Tübingen in Frage.
So sicher wie möglich, so kurz wie nötig
Immer wieder warnen angeblich seriöse, alternativmedizinische Therapeuten von einer Chemo- oder Strahlentherapie zusätzlich zu einer Operation ab. Angeblich seien die Schäden größer als der Nutzen. Aber wie effektiv die Nachbestrahlung der Brust wirkt, ist durch zahlreiche Studien eindeutig belegt. Fachleute stufen den Grad der Effektivität mit der höchsten "Evidenzstufe" ein. Selbst Frauen mit einem niedrigen Rückfallrisiko profitieren heute nachweislich von dieser ergänzenden Therapie.
Trotzdem bleibt die Bestrahlung eine Zeit der Belastung und kann ohne Frage auch bleibende Nebenwirkungen verursachen. Bei einer traditionellen Nachbestrahlung müssen die Frauen an fünf Werktagen fünf Wochen lang täglich zur Bestrahlung. Selbst bei einer "hypofraktierten Strahlentherapie" dauert diese Phase insgesamt fünf Wochen, allerdings muss nur jeden 2. Tag bestrahlt werden, aber mit höherer Einzeldosis.
Insofern ist es für Frauen mit Brustkrebs besonders wichtig zu wissen, ob man in ihrem Fall diese mehrwöchige Dauer der Nachbestrahlung risikofrei und sicher abkürzen kann.
Wichtig zu wissen: Eine Ausnahme bilden ältere Frauen, die an einem Hormonrezeptorpositiven Brustkrebs in einem frühen Stadium erkrankt sind und ein niedriges Rückfallrisiko haben (Tumoreinteilung: pT1–2, T ≤3 cm, G1–2). Hier kann laut Fachleuten nach brusterhaltender Operation möglicherweise auf eine zusätzliche Ganzbrustbestrahlung verzichtet werden. Zu diesem Ergebnis kam die aktuelle Auswertung der PRIME2-Studie. Bei den über zehn Jahre befragten Frauen über 65 Jahren stieg ohne Bestrahlung zwar das Rückfallrisiko, aber nicht das Risiko daran zu sterben.
Strahlentherapie-Studie Heidelberg
Die Studie untersuchte, ob die intensive Boost-Bestrahlung des Tumorumfeldes nicht mehr nach, sondern während der mehrwöchigen Standard-Bestrahlung durchgeführt werden kann. Dies wird als "integrierte Boost-Bestrahlung" bezeichnet. Die überraschenden Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden jetzt im US-Fachjournal International Journal of Radiation Oncology.
Das Ergebnis: Durch die integrierte Boost-Bestrahlung ließ sich die Strahlentherapie bei den befragten Frauen durchschnittlich um rund zehn Werktage auf drei Wochen verkürzen. Während der fünfjährigen Nachbeobachtung zeigten sich mit Blick auf die Rückfallquote und kosmetisch in beiden Gruppen gleiche Resultate.
Fazit: Diese deutlich kürzere Behandlungszeit bringt für die betroffenen Frauen eine große Erleichterung, offensichtlich ohne den Therapieerfolg und die Sicherheit zu beeinträchtigen. Bisher wurde die integrierte Bestrahlung des Tumorbettes nur noch nicht offiziell empfohlen, weil es dazu noch keine aussagekräftige Studie gab. Die vom BMBF geförderte Studie der Universität Heidelberg stellt also eine wichtige Grundlage dar, diese Empfehlungen zukünftig zu verändern.
Fortschritt & Innovation: Fragen Sie nach
Heute stehen in der Radiologie mehrere innovative, gut geprüfte Therapieverfahren zur Verfügung, die weniger Nebenwirkungen verursachen, beispielsweise an der Haut im bestrahlten Gebiet. Dazu gehört die Intensititäts-Modulierte-Radio-Therapie (IMRT) und die Volu-Metric-Arc-Therapie (VMAT). Zum Einsatz kommen sie allerdings nicht immer, sondern vor allem bei Frauen mit großen Brüsten. Die Bestrahlung bei kontrollierter, tiefer Einatmung stellt eine weitere schonende Alternative dar, die auch bei linksseitiger Bestrahlung zum Schutz des Herzens eingesetzt wird.
Das bedeutet es für Sie
Steht bei Ihnen eine erneute Bestrahlung an, fragen Sie Ihr behandelndes Onkologieteam nach modernen, schonenden Verfahren. Wechseln Sie im Zweifel zu einer Radiologiepraxis, bei der neuere Technologien zum Einsatz kommen.