Bei Diabetes werden heute alle krankhaften Veränderungen am Fuß als "diabetisches Fußsyndrom" bezeichnet. Dazu gehören Hornhautschwielen als Zeichen einer falschen Druckbelastung, aber vor allem nicht heilende Fußwunden. Wer mit Diabetes lebt, muss damit rechnen. Denn bezogen auf die gesamte Lebensdauer erkrankt heute jede bzw. jeder vierte Betroffene am diabetischen Fußsyndrom. Damit es nicht zu einer Verschlechterung oder Amputation kommt, sind regelmäßige und sorgfältige Fußuntersuchungen fester Bestandteil des DMP-Programms.

Wichtig zu wissen: Deutschland lag europaweit lange Zeit im oberen Bereich der Amputationen. Der Trend geht einer großen Studie zufolge deutlich zurück, aber immer noch könnten 80-90 Prozent der Amputationen durch eine konsequente Fußpflege und Kontrolle vermieden werden.

Risikofaktoren erkennen

Nicht heilende Wunden am Fuß oder Fußdeformierungen entwickeln sich bei Diabetes meist multifaktoriell, also durch mehrere Faktoren. Die folgenden Symptome und Erkrankungen bei Diabetes gelten als Risikofaktoren. Hier sollte die Fußpflege und Fußkontrolle noch intensiver erfolgen: 

  • diabetische Neuropathie 
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit
  • eingeschränkte Gelenkmobilität
  • Druck- und Fehlbelastungen (zum Beispiel ungeeignetes Schuhwerk oder Übergewicht)
  • fehlende soziale Unterstützung 
  • Depressionen

Die Kaltplasmatherapie

Dieses neue Verfahren nutzt ein sogenanntes "Kaltplasma", das als ionisiertes Gas mit einer Mischung aus Elektronen, Ionen, Ozon und anderen reaktiven Verbindungen arbeitet. Im Gegensatz zu den gut geschützten menschlichen Zellen werden Bakterien durch diese Behandlung physikalisch und chemisch inaktiviert. Der oxidative Stress für das Gewebe stimuliert offenbar außerdem noch die Überlebensmechanismen der Zellen, was zu einer verbesserten Wundheilung führt. Die Anwendung der "Kaltplasma-Jet-Technologie" erfolgt unter Sichtkontrolle, aber ohne direkte Berührung der Haut. 

Experimentelle Studien im Labor konnten nachweisen, dass sie Bakterien und sogar multiresistente Erreger abtötet. Nebenwirkungen, Resistenzen oder Allergien sind nicht bekannt. Da die Kaltplasmatherapie schmerzfrei verläuft, braucht es dafür keine Betäubung.

Wichtig zu wissen: Fußgeschwüre erfordern eine umfassende Behandlung, die immer aus verschiedenen Strategien besteht und mehrere Fachdisziplinen einbezieht. Dazu gehört beispielsweise eine verbesserte Einstellung des Blutzuckers (Diabetologie), eine fachgerechte Abtragung von abgestorbenem Gewebe (Chirurgie) und eine effektive Druckentlastung am Fuß (Orthopädie). Diese Empfehlung gilt für die Standardtherapie zur Versorgung der Wunde, genauso wie für die Kaltplasmatherapie. 

Kaltplasma-Studie bei Diabetes

Die weltweit erste klinische Studie zur Kaltplasmatherapie beim diabetischen Fußsyndrom wurde 2020 in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht. Sie überprüfte die praktische Anwendung bei nicht heilenden Wunden am Fuß und kam zu einem positiven Ergebnis:

Durchschnittlich konnte durch eine Behandlung mit Kaltplasma 55 Prozent mehr an Wundfläche verschlossen werden als bei der Standardbehandlung. Nachweislich kam es zu einer verbesserten Durchblutung im betroffenen Bereich und das Zellwachstums konnte angeregt werden. Beides trägt zu einer beschleunigten Wundheilung bei. 

Fazit: Auf der Grundlage dieser Ergebnisse soll nun die Kaltplasmatherapie in der Anwendung bei Diabetes weiter erforscht werden. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss jetzt beschlossen. Verschiedene Hersteller bieten unterschiedliche Kaltplasmaprodukte und -Technologien an, die noch weiter überprüft werden müssen, bevor sie offiziell in den ärztlichen Leitlinien empfohlen werden können. Bis dahin ist die Kaltplasmatherapie noch nicht zulasten der Krankenkassen verordnungsfähig.