Zu hohe Blutzuckerwerte können mit der Zeit das Nervensystem angreifen und schädigen, was die Weiterleitung von Reizen erschwert. Anders als bei einem Schnitt in den Finger entwickeln sich bei der sogenannten "diabetischen Polyneuropathie" ebenfalls Schmerzen, die aber nicht auf einen Unfall zurückgehen. Schmerzen, Taubheit, Brennen oder Kribbeln gehören zu den sehr unterschiedlichen Folgen von geschädigten Nerven an Armen und Beinen. Die übliche Therapie mit Schmerzmitteln hat aber auf Dauer Nebenwirkungen. Deshalb sucht die Forschung beständig nach nebenwirkungsarmen, sicheren Alternativen.  

Forschungsupdate: Akupunktur bei Nervenschäden 

Nervenschäden bei einer Polyneuropathie sind komplex und können viele Ursachen haben, meist steckt aber ein bekannter oder noch nicht entdeckter Diabetes dahinter. Schätzungsweise jeder zweite Mensch mit Diabetes erkrankt im Laufe seines Lebens daran. Wie dies genau geschieht, ist noch nicht vollständig geklärt. Mehrere Studien befassten sich jetzt mit der schmerzlindernden Wirkung von Akupunktur bei geschädigten Nerven und der Stimulation von Nervenwachstum durch das "Nadeln" und kamen zu positiven Ergebnissen: 

US-Studie nach Chemotherapie

Viele Krebsmedikamente schädigen die Nerven und es entwickelt sich mitunter eine schwere Neuropathie der Nerven an Armen und Beinen. US-Forscher aus New York prüften die Wirkung einer 8-wöchigen Akupunktur im Vergleich mit zwei Gruppen, die jeweils eine Scheinakupunktur oder Standardtherapie erhielten.

Ergebnis: Verglichen mit den beiden Gruppen ohne Akupunktur, ließ sich der Schmerz auf einer Skala von 1-10 um rund 2 Einheiten senken. Dieser deutlich positive Effekt hielt auch nach 12 Wochen noch an. 

Fazit: Die Forschenden sehen in diesen Ergebnissen einen klaren Hinweis auf die positive Wirkung selbst bei starken, Chemotherapiebedingten Nervenschmerzen. 

Deutsche Diabetes Studie 2022

Eine Multicenterstudie am Institut für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) der Uniklinik Hamburg und der Charité Berlin hat in einer hochwertigen Studie untersucht, ob Akupunktur die typischen Beschwerden bei diabetesbedingten Nervenschäden lindern kann und wie lange der Effekt anhält. Die Ergebnisse sind nach erster Analyse positiv und sollen im Herbst veröffentlicht werden. 

Fazit: Akupunktur kann bei empfindlicher Haut leichte Nebenwirkungen haben, aber grundsätzlich steht mit dieser Behandlung als wichtigster Säule der TCM-Therapie eine wirkungsvolle Alternative zur Verfügung, um Nervenschäden zu lindern. 

Je früher die Therapie beginnt, desto besser

Gehen Sie mit den typischen Beschwerden einer beginnenden Polyneuropathie, also mit Brennen und Kribbeln an Armen und Beinen, so früh wie möglich zur Untersuchung. Denn grundsätzlich gilt: Je früher die Therapie beginnt, desto größer sind die Chancen, der Entwicklung von Nervenschmerzen vorzubeugen. 

Wichtig zu wissen: Bisher müssen Sie die Kosten für Akupunktur bei Diabetes noch selbst tragen, aber durch die aktuellen Studien wird sich dies möglicherweise in Zukunft ändern. Trotzdem sollten Sie nicht abwarten, denn Akupunktur wirkt am besten, wenn die Nerven noch einigermaßen intakt sind. Das merken Sie daran, dass Sie das Ansetzen der Akupunkturnadeln noch spüren. 

Um den Prozess der Schädigung zu stoppen, sind außerdem allgemeine Maßnahmen - am besten von Anfang an - wie ein aktiver, gesunder Lebensstil und vor allem eine Normalisierung des Blutzuckers besonders wichtig. Denn vermutlich sind aggressive Zuckerabbauprodukte der Grund für die Schäden, die bei hohem Blutzuckerspiegel entstehen. 

Das bedeutet für Sie: Das Ziel sollte immer eine sanfte Absenkung der Blutzuckerwerte sein. Denn ein zu schnelles Absenken begünstigt den gegenteiligen Effekt, es fördert eine Schädigung der Nerven. Konkret sollte der HbA1c-Wert im Verlauf von 3 Monaten um rund 2 Prozent langsam gesenkt werden.