Der Weg zur Veränderung - Interview mit Coach Tanja Köhler
Gewohnheiten zu verändern und die eigene Komfortzone zu verlassen, fällt oft schwer. Tanja Köhler verrät im Interview, wie man sich selbst am besten motiviert und Prioritäten richtig setzt.
Gute Vorhaben zu verwirklichen kostet oft Zeit und Energie - manchmal sogar Überwindung. Was aber, wenn der Tag mal wieder zu wenig Stunden hat und keine Zeit für sich selbst bleibt? Das Durchhaltevermögen und die Motivation fehlen, um etwas Neues auszuprobieren?
Tanja Köhler ist mehrfach ausgezeichnete Diplom-Psychologin und systemischer Coach. Im Interview erzählt sie, wie sich alte Gewohnheiten am besten über Bord werfen lassen, um den ersten Schritt in die gewünschte Veränderung zu gehen.
Wieso halten wir manchmal so lange an alten Gewohnheiten fest, obwohl der Wunsch nach Veränderung längst vorhanden ist?
Erstmal ist es wichtig zu verstehen, dass Gewohnheiten prinzipiell etwas Gutes sind. Sie schaffen Orientierung und erleichtern uns das Leben. Manchmal kommt aber der Zeitpunkt, in dem wir uns von unserem gewohnten Rahmen, bekannten Abläufen und eingefahrenen Routinen verabschieden wollen - oder sogar müssen. Sei es, weil sie sich selbst überholt haben oder aus gesundheitlichen Gründen. Und den Weg dorthin verbinden wir häufig mit Worten wie "Anstrengung", "Disziplin" und "Verzicht".
Wieso fällt es uns so schwer aus der Komfortzone auszubrechen?
Wenn wir unsere Komfortzone verlassen wollen, müssen wir diese erst identifizieren. Und dann gilt es zu verstehen, dass es Ängste gibt, die uns in der Komfortzone halten und die es zu überwinden gilt. Zum Beispiel die Angst vor dem Versagen: Was ist, wenn ich es nicht schaffe? Oder die Angst vor der Zurückweisung. Wer raus aus seiner Komfortzone geht, könnte zum einen andere vor den Kopf stoßen oder auch selbst mit Ablehnung konfrontiert werden.
Wie schafft man es dann, die Komfortzone zu verlassen und den inneren Schweinehund zu überwinden?
Ich persönlich nenne meinen inneren Schweinehund den "Hüter der Schwelle". Hier kommen zwei Tipps, wie man ihn besiegen kann:
- An bestehende Routinen andocken. Wer ein neues - erwünschtes - Verhalten an bereits gut funktionierende Routinen andockt, wird dem inneren Schweinehund weniger begegnen. Wer sich zum Beispiel jeden Morgen Teewasser aufsetzt, könnte in dieser Zeit des Wasserkochens und des Teeziehens Liegestütze oder ein paar Dehnübungen machen.
- Große Ziele in kleine Teilziele unterteilen. Wer sich ein zu großes Ziel vorgenommen hat, dem wird der "Hüter der Schwelle" mit absoluter Sicherheit begegnen. Um dieses Ziel trotzdem zu erreichen, empfehle ich immer, sich Etappenziele - also kleinere Teilziele - zu setzen. So bringt der innere Schweinehund einen nicht vom großen Weg ab, sondern zwingt einen vielleicht nur zu einem kurzen Umweg.
Wer ein neues - erwünschtes - Verhalten an bereits gut funktionierende Routinen andockt, wird dem inneren Schweinehund weniger begegnen.
Was sind Ihrer Meinung nach die wirkungsvollsten Tipps gegen Antriebslosigkeit und fehlende Motivation?
Ich denke, dass man sein "Wozu" gut kennen sollte. Dieses "Wozu" birgt das größte Motivationspotential. Es zeigt immer in die Zukunft und ist unser wahres Motiv. Ansonsten sollte man sich bei ständig auftretender Antriebslosigkeit fragen, ob das gesteckte Ziel wirklich das eigene ist oder lediglich die Erwartungen von jemand anderem erfüllt. In einem solchen Fall rate ich, den Fokus wieder auf die eigenen Bedürfnisse zu lenken. Vielleicht bin ich ja nicht der Jogging-Typ, sondern eher der Walking-Typ. Und falls ich nicht der Walking-Typ bin, so bin ich vielleicht der Frischluft-Schlender-Typ. Es gilt herauszufinden, was zu mir passt.
Die richtige Sportart noch nicht gefunden?
Der Alltag der meisten Menschen ist oft vollgestopft mit Terminen und anderen Verpflichtungen. Wie bekommt man da noch Sport, Familie und Gesundheit unter?
Das stimmt. Unser Alltag ist meistens so getaktet, dass wir kaum noch alles unter einen Hut bekommen. Dazu fällt mir ein bekanntes Experiment ein, bei dem ein Professor eine leere, durchsichtige Vase vor sich auf den Tisch stellt, die er bis oben hin mit faustgroßen Steinen befüllt. Als kein Platz mehr für einen weiteren Stein ist, fragt er seine Studentinnen und Studenten, ob der Krug voll sei. Als diese bejahten, kippt er einen Eimer Kieselsteine in die Vase, die die Lücken zwischen den großen Steinen füllen. Das gleiche macht er danach noch mit feinem Sand und Wasser. Long story short - was uns das Experiment zeigen soll, ist: Wenn du die Vase nicht zuerst mit den großen Steinen - die in dem Fall für deine wichtigsten Prioritäten im Leben stehen - füllst, kannst du sie später nicht mehr hineinsetzen. So verhält es sich auch mit unseren täglichen Terminen. Investiert man seine gesamte Zeit in die unwichtigen Dinge, bleibt keine Energie mehr für die wirklich wichtigen - und diese sind immerhin verantwortlich für dein Glück und deine Zufriedenheit im Leben. Diese Geschichte erzähle ich jedem, der darüber stöhnt, dass er keine Zeit für die Familie, mehr Bewegung oder die eigene Gesundheit hat.
Investiert man seine gesamte Zeit in die unwichtigen Dinge, bleibt keine Energie mehr für die wirklich wichtigen - und diese sind immerhin verantwortlich für dein Glück und deine Zufriedenheit im Leben.
Haben Sie auch manchmal Probleme damit "dranzubleiben"? Was hilft Ihnen dann am meisten?
Ja, logisch! Ich begegne meinem "Hüter der Schwelle" häufig. Eine permanente Herausforderung ist, regelmäßige Bewegung in den stressigen Berufsalltag einzubauen. Ich habe für mich persönlich entschieden dranzubleiben und mich gefragt, was mir helfen könnte. Und tatsächlich habe ich eine Antwort gefunden, mit der ich mir gleichzeitig einen Lebenstraum erfüllt habe: einen vierbeinigen Gefährten. Luke ist ein großer Labradoodle mit viel Bewegungsdrang. Und so sind wir bei Wind und Wetter jeden Tag zwei bis drei Stunden draußen an der frischen Luft. 20.000 Schritte und mehr sind da eher die Regel als die Ausnahme.
Die TK-Fit Challenge belohnt jeden Schritt