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Ob beim Arzt oder am Bahnsteig, ob auf eine Nachricht oder eine Bekannte - ständig müssen wir warten. Und so erscheint unser Leben manchmal als ein einziger großer Wartesaal. Leider herrscht dort keine allzu gute Stimmung: Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2016 empfinden Deutsche das Warten als größtes Ärgernis im Alltag.

Innehalten - freiwillig tut das wohl keiner gern

In unserer schnellen Welt ist also schon der kleine Aufschub eine große Bewährungsprobe. Doch plötzlich geht es um mehr als um ein paar Minuten im Wartezimmer oder eine verspätete Bahn. In der Corona-Pandemie wurden wir alle zum kollektiven Anhalten gezwungen: Monatelang stand das öffentliche Leben praktisch still und noch immer hoffen Menschen weltweit auf ein Ende der Pandemie.

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Timo Reuter ist Journalist, Autor und Gärtner.

Bei seinen Recherchen zum Warten hat er auch gelernt, dass er selbst Zwangspausen besser nutzen kann - zum Beispiel, um einfach mal nichts zu tun.

Wartezeit = verlorene Zeit?

Eigentlich ist unsere Welt ja auf schnelle Bedürfnisbefriedigung geeicht: Wir wollen immer mehr erleben und erledigen - am besten sofort. Wartezeit hingegen gilt als verlorene Zeit. Doch zugleich entwertet die ständige Verfügbarkeit die Dinge eben auch: Wer fast alles hat und auf nichts mehr warten muss, dem geht die Wertschätzung verloren - und die Vorfreude.

Ist die derzeitige Krise also womöglich auch eine Möglichkeit, uns dieses kleine Glück zurückzuerobern? Und können wir durch den erzwungenen Verzicht wieder lernen, uns auf das Wesentliche zu besinnen - dass wir gesund sind, soziale Kontakte pflegen und eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit haben?

Wartezeiten gestalten sich in unserer Welt höchst ungleich.

Gerne wird über diese und andere Chancen der großen Auszeit debattiert, es wird über Entschleunigung sinniert und darüber, endlich Zeit für die Familie zu haben. Natürlich ist all das wichtig - aber eben nur für einen Teil der Menschen. Die Frage nach den Chancen einer Krise ist nämlich immer auch eine Frage nach Privilegien: Bin ich Teil einer Risikogruppe? Stehe ich vor dem wirtschaftlichen Ruin? Im hellen Neubau wartet man anders auf ein Ende des Lockdowns als in einer dunklen Einzimmerwohnung - und wer im globalen Süden lebt, kann von einer medizinischen Versorgung wie in Europa nur träumen. Wartezeiten gestalten sich in unserer Welt also höchst ungleich. Aber für viele Menschen liegt darin eben auch eine Chance.

Ohnmacht und Unsicherheit

Wer wartet, fühlt sich zunächst meist ohnmächtig. Es ist wie eine Kränkung des modernen Menschen, der sein Leben so sehr kontrollieren will - und dem ausgerechnet am Bahnsteig die Fremdbestimmtheit seines Daseins vor Augen geführt wird. Nun, in Zeiten der Pandemie, sind Ohnmacht und Unsicherheit noch größer. Doch zugleich bietet das die Gelegenheit, aus dem gewohnten Trott herauszutreten.

So wie die fünf Minuten an der Haltestelle ein Anlass sein können, den Tag vorbeiziehen zu lassen, so birgt der kollektive Stillstand nun die Chance, grundsätzlich innezuhalten - und uns zu fragen, wie wir eigentlich leben wollen. Als Menschen. Und als Gesellschaft. Ist es wirklich so schlimm, fünf Minuten auf den Bus zu warten? So schlimm, dass wir beim Warten das vielleicht Wertvollste, was wir haben, "totschlagen" wollen: die Zeit? Und brauchen wir tatsächlich immer mehr, um glücklich zu sein?

Alles nimmt ein gutes Ende für die, die warten können. Leo Tolstoi

Geduld lernen

Wenn es etwas gibt, was wir während der Pandemie gelernt haben, dann ist es zu warten. Es ist eine fast vergessene Tugend, die uns zu mehr Demut und Vorfreude verhelfen kann. Aber Geduld ist auch im Beruf nützlich - und im Beziehungsleben. Denn nicht nur würziger Käse oder guter Wein wollen in Ruhe reifen, sondern auch Liebe und Freundschaft müssen erst gedeihen. Schon der große Schriftsteller Leo Tolstoi wusste: "Alles nimmt ein gutes Ende für die, die warten können."

Und schließlich heißt zu warten eben auch, zurückzustecken. Weniger ist mehr - diese uralte Weisheit könnte nicht nur eine gesellschaftliche Antwort sein auf den Drang nach immer mehr, sondern sie täte uns auch in einem oft viel zu hektischen Alltag gut: Wer sich auf die Verzögerung einlässt und sich dem Moment hingibt, statt ständig ungeduldig mit den Füßen zu scharren, der hat bestimmt keine Zeit verloren - sondern Lebenszeit gewonnen.

28 Prozent...

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... der 50 bis 64-Jährigen haben in Corona-Zeiten Heimwerkerbedarf online eingekauft.

In der Zeit des Wartens wurde nicht nur mehr gepuzzelt, gelesen und gekocht. Auch die Nachfrage nach Werkzeugen und Gartengeräten stieg sprunghaft an: Jeder fünfte Internetnutzer hat schon online Zubehör für Möbelbau, neuen Fußboden, Küche oder Bad bestellt. Do-it-yourself macht Spaß und hat sich für viele zu einem neuen Hobby entwickelt.