Bei Stimme bleiben
Unsere Stimme braucht Luft, um zu klingen, unser Atem gibt ihr Kraft. Ihr Klang verrät, ob wir uns schlecht oder gut fühlen. Wenn’s drauf ankommt, kann es vorkommen, dass die Stimme wegbleibt - alles eine Frage der inneren Haltung, sagt Rhetorikcoach Michael Wanker.
Stellen wir uns folgende Situation einmal vor: Der Sprecher am Pult ist gut vorbereitet, sein Vortragsthema interessant, der Raum bis auf den letzten Platz gefüllt. Doch statt einer klaren Artikulation kommt beim Publikum nur krächzendes Gequake an. Wie war das gerade? Der Mann mit der Piepsstimme ist nicht etwa erkältet. Trotzdem versagt seine Stimme. Schade eigentlich. Hätte besser laufen können - aber wie bekommt man die Kontrolle über den Klang der eigenen Stimme?
Stimme kommt von Stimmung
Unser Körper sendet verschiedene Signale, wenn uns etwas belastet: Ein flacher Atem, Bauchgrummeln oder Erschöpfung können zum Beispiel Indikatoren für Stress oder Kummer sein. Wenn wir etwa gestresst sind oder Lampenfieber haben, hört man das dem Stimmklang an.
So lässt sich der Klang der Stimme beeinflussen
Die Stimmbildung funktioniert unter anderem mit Muskelkraft. Je gestresster wir sind, umso flacher ist unsere Atmung. Wir atmen nur in die Brust und haben eine hohe Atemfrequenz. So wird viel Luft auf unsere durch den Stress angespannten Stimmlippen gedrückt. Das Resultat: Unsere Stimme klingt höher und brüchig (siehe auch Infokasten "So funktioniert die Stimme").
Damit der Stimmklang bei einem Vortrag Ruhe und Wärme ausstrahlt, braucht es eine dosierte Luftzufuhr aus dem Bauch. Atmen wir flach, hektisch oder gepresst, nimmt das unserer Stimme die Kraft. Atmen wir tief in den Bauch, entspannen sich die Stimmbänder und können frei schwingen und klingen. Solche Atemtechniken sind übrigens nicht nur gut für die Stimme, sie können auch Schmerzen lindern.
Der Klang unserer Stimme wird - wie auch unser gesamtes Auftreten - von unserer Atmung und unserer inneren und äußeren Haltung beeinflusst.
Souverän auftreten trotz Lampenfieber
Wenn wir uns unsere Körpersignale bewusst machen, können wir gezielt gegensteuern, um im entscheidenden Moment auch stimmlich gut rüberzukommen.
Wie können wir unsere Stimme trainieren, um Stress, Kummer oder Lampenfieber austricksen zu können und gut bei Stimme zu sein, wenn’s drauf ankommt? "Unser Körper reagiert unbewusst über das vegetative Nervensystem auf Stress jeglicher Art", sagt Michael Wanker, Schauspieler und Coach für Auftritt und Wirkung. "Wenn wir uns unsere Körpersignale bewusst machen, können wir gezielt gegensteuern, um im entscheidenden Moment auch stimmlich gut rüberzukommen. Das kann man mit gezieltem Stimmtraining üben", erklärt Wanker.
Starke Haltung. Starke Stimme. Starke Ausstrahlung
Der Rhetorikcoach rät in mentalen Stresssituationen - wie sie ein aufgeregter Sprecher vor Publikum erlebt - zum inneren Perspektivwechsel: "Der Klang unserer Stimme wird - wie auch unser gesamtes Auftreten - von unserer Atmung und unserer inneren und äußeren Haltung beeinflusst. Sind wir deprimiert oder gestresst, können wir versuchen, unseren inneren Zustand aktiv zu ändern. Das kann gelingen, indem wir unsere negativen Gedanken bewusst kontrollieren und abschalten. Der Körper wird entsprechend reagieren."
Das funktioniert auch umgekehrt, so Wanker. "Bringen wir unseren Körper in eine aufrechte, entspannte Haltung und atmen tief in den Bauch statt nur flach in den Brustkorb, so bekommen wir mehr Stimmvolumen. Eine aufrechte, entspannte Körperhaltung tut auch mental gut. Wir fühlen uns gleich viel kraftvoller als zusammengesunken mit hängenden Schultern. Das zeigt auch nach außen Wirkung."
So funktioniert die Stimme
Töne entstehen im Teamwork mehrerer Organe. Beim Ausatmen strömt die Luft durch den Kehlkopf. Dort befinden sich zwei Stimmlippen, die sich über die zugehörigen Stellknorpel unterschiedlich stark spannen lassen. Der Spalt zwischen den Stimmlippen, die Stimmritze, ist beim Einatmen weit geöffnet, beim Ausatmen schließt sie sich, wenn wir einen Ton erzeugen wollen. Die ausgeatmete Luft wird durch die enge Stimmritze gepresst; das bringt die Stimmlippen zum Schwingen.
Je stärker die Spannung der Stimmlippe, desto schneller schwingt sie, was einen höheren Stimmton zur Folge hat. Das Tempo der Schwingung ist auch abhängig von der Länge der Stimmbänder und deren Masse - je kürzer sie sind und je weniger Masse sie besitzen, desto schneller die Schwingung.
Stimmvolumen - so entsteht es