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Während der Entwicklung im Mutterleib bilden sich die Hoden in der Bauchhöhle des männlichen Embryos. Um den siebten Schwangerschaftsmonat herum wandern die Hoden abwärts in den Hodensack (Descensus, testis). Nur in seltenen Fällen nehmen die Hoden erst nach der Geburt ihre normale Lage im Hodensack (Skrotum) ein.

Abweichungen von der normalen Lage der Hoden werden als Hodenhochstand oder Maldescensus testis bezeichnet. Der Hodenhochstand ist die häufigste angeborene Fehlbildung des Harn- und Geschlechtsapparats und tritt bei knapp ein bis drei Prozent der reifen männlichen Neugeborenen auf. Frühgeborene sind bis zu 30 Prozent von einem Hodenhochstand betroffen.

Nur in etwa sieben Prozent aller Fälle nimmt der Hoden nach der Geburt ohne weitere Behandlung seine normale Lage ein, meist innerhalb der ersten sechs Lebensmonate. Nach dem ersten Lebensjahr ist ein spontanes Herabwandern des Hodens äußerst unwahrscheinlich.

Was sind die Ursachen?

Ein Hodenhochstand geht zumeist auf Störungen des Hormonhaushalts des betroffenen Kindes zurück. Nur selten sind Fehlbildungen entlang des Wanderwegs des Hodens die Ursache der Erkrankung.

Während der Schwangerschaft bewirkt das Hormon HCG (humanes Choriongonadotropin), dass sich der Hoden im Bauchraum senkt und Richtung Hodensack wandert. Ein Hodenhochstand kann daher entstehen, wenn während der Entwicklung im Mutterleib ein Mangel an HCG vorliegt, der die natürliche Entwicklung des ungeborenen Kindes verzögert oder verhindert. Ebenso kann eine unzureichende Versorgung des männlichen Ungeborenen mit dem Geschlechtshormon Testosteron einen Hodenhochstand bewirken. Bei einer Frühgeburt, bei der die Entwicklung häufig nicht ganz abgeschlossen ist kann es auch zum Hodenhochstand kommen.

Ein Hodenhochstand kann sowohl als einzelnes Symptom auftreten als auch als Teil von Krankheitsbildern, die zusätzlich mit Veränderungen an anderen Organen einhergehen. Einige Formen von Hodenhochstand werden vererbt.

Welche Formen des Hodenhochstands gibt es? 

  • Bauchhoden: Der Hoden befindet sich in der Bauchhöhle. Dort ist er nur schwer tastbar. Mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall und Kernspintomographie  oder einer Bauchspiegelung (Laparaskopie) kann der Arzt aber meist die Lage des Hodens bestimmen. Die Bauchspiegelung kann darüber hinaus gleichzeitig zur Behandlung des Hodenhochstands genutzt werden und wird deshalb von vielen Ärzten für die Diagnose der Störung bevorzugt.
  • Leistenhoden: Der Hoden liegt im sogenannten Leistenkanal, der den Bauchraum mit dem Hodensack verbindet. Der Hoden kann dort getastet, aber nicht in den Hodensack verschoben werden.
  • Gleithoden: Beim Gleithoden ist der Samenstrang, an dem der Hoden aufgehängt ist, zu kurz. Der Hoden steht oberhalb des Hodensacks und wird immer wieder in den Leistenkanal zurückgezogen. 

Vom Hodenhochstand abzugrenzen ist der Pendelhoden, der keine Erkrankung darstellt und keiner Therapie bedarf. Der Hoden ist beim Pendelhoden normal in den Hodensack gewandert. Ein Muskelreflex kann ihn jedoch wieder in den Leistenkanal zurückziehen. Der Hoden pendelt zwischen Hodensack und Leistenkanal.

Welche Folgen hat die Hodenfehllage?

Mögliche Folgen eines unbehandelten Hodenhochstands sind Unfruchtbarkeit, Leistenbruch und Hodenverdrehung (Hodentorsion). Alle Betroffenen weisen ein fünf- bis zehnfach erhöhtes Risiko auf, an Hodenkrebs zu erkranken.

Im Hodensack beträgt die Temperatur des Gewebes etwa 33 °C, während sie im Bauchraum bei rund 37 °C liegt. Die niedrigere Temperatur im Hodensack ist Voraussetzung für eine normale Samenzellbildung. Bleibt der Hoden im deutlich wärmeren Bauchraum, kann es zu einer verminderten Produktion von Spermien und schließlich zur Unfruchtbarkeit kommen.

In 65 Prozent der Fälle tritt beim Hodenhochstand ein Leistenbruch auf.

Vor allem beim Gleit- und Leistenhoden besteht zusätzlich die Gefahr einer Hodenverdrehung. Dabei dreht sich der Hoden um seine Achse und klemmt dadurch Blutgefäße ab. Im schlimmsten Fall kann der Hoden dadurch absterben.

Wie stellt der Arzt die Diagnose?

Oft fällt den Eltern des Säuglings auf, dass ein Hodensack nicht ausgefüllt erscheint und sich leer anfühlt. Bei der Untersuchung von Hoden und Bauchraum des Säuglings prüft der Arzt, ob der Hodensack tatsächlich leer ist.

Wenn der Arzt auf beiden Seiten keine Hoden tastet, überprüft er mit einem sogenannten Hormonstimulationstest zunächst, ob überhaupt Hodengewebe vorhanden ist, ein Bauchhoden vorliegt oder ob der Hoden vollständig fehlt. Wird Hodengewebe nachgewiesen, kann durch eine Bauchspiegelung sowie durch bildgebende Untersuchungsverfahren wie Ultraschall und Magnetresonanztomografie versucht werden, die Hoden zu lokalisieren. Diese Untersuchungen sind jedoch keine Routineuntersuchungen bei Vorliegen eines Hodenhochstands.

Wie wird der Hodenhochstand behandelt?

Wenn der Hodensack des Säuglings bis zum sechsten Lebensmonat leer bleibt, versucht man zunächst, den Hodenhochstand mit Medikamenten zu therapieren. Gelingt das nicht, muss die Lage des Hodens operativ korrigiert werden. Die Behandlung sollte bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres abgeschlossen sein. Ein späterer Hodenhochstand kann Unfruchtbarkeit oder Hodenkrebs zur Folge haben. Denn das Hodengewebe wird bei andauernder unnatürlicher Lage geschädigt.

Bei nicht rechtzeitiger Behandlung liegt das Risiko für eine spätere Unfruchtbarkeit bei 30 Prozent, wenn ein Hoden betroffen ist, und bei 70 Prozent, wenn beide Hoden betroffen sind.

Medikamente

Die medikamentöse Behandlung besteht in der Gabe von Hormonen. Sie hat zwei Ziele: Zum einen soll sie den Hoden zum Herabwandern anregen und die sonst erforderliche Operation verhindern. Zum anderen soll sie die Reifung der Keimzellen stimulieren und damit die Chance für eine spätere Fruchtbarkeit des Betroffenen erhöhen.

Die fehlenden Hormone werden als Nasenspray verabreicht. Diese Behandlung kann ab dem dritten Lebensmonat durchgeführt werden. Die Dauer der Behandlung beträgt vier Wochen. Wird der Hodenhochstand sehr spät entdeckt, verzichtet man auf die Hormonbehandlung vor der Operation und strebt stattdessen einen baldigen chirurgischen Eingriff an.

Operation

Bleibt die Hormonbehandlung erfolglos oder liegen die Hoden an einer sehr ungünstigen Stelle, verlegt der Arzt den Hoden durch einen operativen Eingriff (operative Orchidopexie) in den Hodensack und näht ihn dort an. Diese Operation erfolgt entweder offen oder per "Schlüsselloch"-Technik. Wenn der Hoden im Bauch des Säuglings liegt, ist manchmal auch eine zweite Operation nötig.

In bis zu fünf Prozent der Fälle kann der Hoden nach Abschluss der Therapie erneut hochwandern. Daher muss die Hodenlage nach erfolgreicher Behandlung ein Jahr lang etwa alle drei Monate kontrolliert werden.

In seltenen Fällen können bei der Operation der Samenleiter, die Nerven oder die Gefäßversorgung des Hodens beschädigt werden. Eine mögliche Folge ist, dass der Hoden verkümmert (Atrophie).

Das Hodenkrebsrisiko von Patienten mit Hodenhochstand bleibt auch dann erhöht, wenn der Hoden innerhalb des ersten Lebensjahres in den Hoden verlagert wurde. Ab dem Jugendalter sollten Betroffene ihre Hoden deshalb regelmäßig selbst untersuchen. Jede Auffälligkeit, insbesondere eine schmerzlose Vergrößerung des Hodens sowie eine Veränderung der Hodenkonsistenz, muss ein Arzt abklären.