Hamburg, 29. April 2024. 88 Prozent der Rücken-OPs sind unnötig. Das zeigt eine aktuelle Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) zu einem speziellen Zweitmeinungsprogramm vor Rücken-Operationen. Bei dem Programm werden Patientinnen und Patienten mit einer Krankenhauseinweisung oder bei denen eine Rückenoperation im Raum steht, in einem interdisziplinären Schmerzzentrum intensiv untersucht. In 88 Prozent der Fälle sei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von einer Operation abgeraten worden und im Folgejahr kein entsprechender Eingriff abgerechnet worden, teilt die TK mit.  

Der TK-Vorstandsvorsitzende Dr. Jens Baas erklärt: "In Deutschland wird leider immer noch zu schnell zum Messer gegriffen." In einigen Fällen seien solche Operationen an der Wirbelsäule zwar als letzte Option notwendig. Aber die Entscheidung sollte gut abgewogen werden. "Wenn die allermeisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Zweitmeinungsprogramm ohne OP auskommen, zeigt das unsere Fehler im System."  

88 Prozent der Rücken­ope­ra­tionen sind unnötig

TK-Infografik: 88 Prozent der Rückenoperationen sind nicht notwendig. Quelle: TK, 2024. Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Die Zweitmeinung vor Eingriff an der Wirbelsäule zeigt, dass 88 Prozent der Rückenoperationen unnötig sind. Quelle: TK 

Baas: Krankenhausreform kann neue Impulse setzen 

In der Regel ließen sich Rückenbeschwerden sehr gut mit schonenderen Verfahren - zum Beispiel durch Muskelaufbau mit klassischer Physiotherapie - behandeln. "Operationen an Rücken, Knie und Hüfte sind für die Kliniken allerdings sehr lukrativ", so Baas. Leider wirkten die finanziellen Anreize im Gesundheitswesen derzeit so, dass sich im Zweifelsfall eine Entscheidung zur Operation mehr lohne als eine Entscheidung dagegen. Baas: "Die geplante Krankenhausreform kann hier wichtige neue Impulse setzen, indem die Kliniken unabhängig von der Zahl der operierten Patientinnen und Patienten die Kosten für die vorgehaltenen Strukturen wie Behandlungsräume und Geräte erstattet bekommen und im Gegenzug der Anteil der Entgelte pro Behandlung reduziert werden." Das verringere den Anreiz, durch möglichst hohe Fallzahlen eine zusätzliche Rendite für den Krankenhausträger zu erwirtschaften.

"Reform darf nicht nur Geld in überholte Versorgungsstrukturen pumpen"  

Der TK-Chef sagt: "Wir brauchen solche Veränderungen der Anreize - genauso wie eine bessere Spezialisierung der Kliniken, die in einer verbesserten Qualität mündet. Ebenso sollten nicht mehr für die Versorgung benötigte Angebote konsequent abgebaut werden." Bedauerlicherweise seien die Qualitätsaspekte der Reform in den vergangenen Wochen immer stärker verwässert worden. "Die Krankenhausreform darf sich nicht darauf beschränken, möglichst viel Geld in überholte Versorgungsstrukturen zu pumpen, sondern wir müssen dringend die Versorgungsstrukturen modernisieren und verbessern."  

Hinweis für die Redaktion

Bei dem TK-Angebot "Zweitmeinung vor Rücken-OPs" können Betroffene bei Bedarf innerhalb von zwei Werktagen in bundesweit rund 30 Schmerzzentren ihre OP-Empfehlung überprüfen lassen. Dabei kommt stets ein interdisziplinäres Team aus Schmerztherapeuten, Physiotherapeuten und Psychotherapeuten zum Einsatz. Sie beraten gemeinsam, wie die Schmerzen aus ihrer fachlichen Sicht am besten behandelt werden können. 

Hier gibt es weitere Informationen zu den Zweitmeinungsverträgen der TK  und eine Übersicht der Schmerzzentren