Rostock, 3. Mai 2024. Zum siebten Mal tagen mehr als 200 Medienscouts aus dem gesamten Bundesgebiet in Rostock. Die engagierten Kinder und Jugendlichen sind an ihren Schulen Ansprechpartnerinnen und Experten für das Thema Medienkompetenz. Eine Umfrage unter den teilnehmenden Medienscouts, die im Vorfeld der Bundesjugendkonferenz Medien (BJKM) durchgeführt wurde, zeigt, dass Gewaltvideos im Netz ein immer größeres Problem darstellen und in der Präventions- und Aufklärungsarbeit stärker berücksichtigt werden müssen. Mehr als die Hälfte von ihnen (56 Prozent) hat selbst schon Gewaltszenen geschickt bekommen, die Angst machten und Unwohlsein zur Folge hatten. Bereits Kinder im Grundschulalter werden mit Selbstmordvideos, Tierquälerei und Folterszenen ungewollt konfrontiert. Weiterhin gaben 28 Prozent der Medienscouts an, dass sich Mitschülerinnen und Mitschüler bereits an sie gewandt haben, da sie von solchen Inhalten schockiert und verängstigt waren. Die Schulleiterin und Bestsellerautorin Silke Müller ("Wir verlieren unsere Kinder! Gewalt, Missbrauch, Rassismus - Der verstörende Alltag im Klassen-Chat") bietet mit ihrer Keynote Auswege aus der digitalen Negativspirale. Sie betont: "Wir brauchen Medienscouts an jeder Schule. Ihre Arbeit auf Augenhöhe ist niedrigschwellig und dadurch oftmals besser wirksam".

Medienscouts unterstützen in vielfältigen Problemlagen

Acht von zehn der befragten Medienscouts wurden im vergangenen Jahr von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern wegen Social Media-Problemen kontaktiert (2024: 81 Prozent; 2023: 79 Prozent). Auch die Anfragen aufgrund von Cybermobbing-Vorfällen haben im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Von den befragten Medienscouts unterstützten 71 Prozent ihre Mitschülerinnen und Mitschüler bei diesem Thema (2023: 65 Prozent). Weiterhin beraten die Scouts schwerpunktmäßig zu den Themen Urheberrecht (2024: 44 Prozent; 2023: 40 Prozent), Hate Speech (2024: 42 Prozent; 2023: 41 Prozent) und Apps (2024: 40 Prozent; 2023: 46 Prozent). Die Anfragen aufgrund sexualisierter Gewalt unter Jugendlichen haben ebenfalls zugenommen (2024: 25 Prozent; 2023: 17 Prozent).

"Die Vielfalt der Nutzungen von sozialen Medien für Cybermobbing - auch unter Zuhilfenahme von KI - nimmt immer weiter zu. Das zeigen mir Rückmeldungen von Jugendlichen, Eltern und Lehrkräften. Schulen berichten zudem von verstörenden Inhalten, die schon den Kleinsten geschickt werden. Medienscouts sind zu all diesen Themen wichtige erste Ansprechpartnerinnen bzw. Ansprechpartner für Schülerinnen und Schüler", betont Gesa von Schwerin, Rechtsanwältin und Initiatorin der BJKM.

Jugendliche sehen die Eltern in der Verantwortung

Für die Vermittlung von gesundem Medienkonsum sind aus Sicht der Medienscouts primär die Eltern verantwortlich. Dies gaben 86 Prozent von ihnen bei der Umfrage an (2024: 86 Prozent; 2023: 83 Prozent). 60 Prozent der Befragten sahen die Verantwortung bei den Lehrerinnen und Lehrern (2023: 58 Prozent). Allerdings verstehen sich die Scouts selbst auch als maßgebliche Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für mehr Medienkompetenz. Für die Vermittlung entsprechender Inhalte fühlen sich 83 Prozent verantwortlich. "Medienscouts sind Bindeglied zwischen Eltern, Lehrerschaft und Schülerinnen und Schülern. Sie zeigen mit ihrem Engagement, wie digitale Gesundheitskompetenz fester Bestandteil der Präventionsarbeit sein kann", betont Manon Austenat-Wied, Leiterin der TK-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern.

Medienkonsum auf hohem Niveau

Mehr als jede bzw. jeder zweite Medienscout ist täglich mehr als drei Stunden online (2024: 53 Prozent; 2023: 65 Prozent). Fast jeder Fünfte von ihnen sogar mehr als fünf Stunden (2024: 18 Prozent; 2023: 28 Prozent). Dabei sind Chatten bzw. die Nutzung von Messenger-Diensten (92 Prozent), Musik hören (82 Prozent), soziale Netzwerke (83 Prozent) und die Recherche für Hausaufgaben (70 Prozent) die Hauptaktivitäten. Rund 88 Prozent der Medienscouts hatten mit 12 Jahren bereits ein eigenes Handy.

Ungesunder Medienkonsum

Mehr als acht von zehn der befragten Jugendlichen haben bereits Erfahrungen mit ungesundem Medienkonsum gemacht. Von ihnen haben es 48 Prozent (2023: 48 Prozent) selbst schon gelegentlich übertrieben und 36 Prozent (2023: 34 Prozent) haben dies im Freundeskreis beobachtet. Die häufigsten Auswirkungen des ungesunden Medienkonsums waren Kopfschmerzen (55 Prozent), Schlafprobleme (47 Prozent) und Überlastungserscheinungen (44 Prozent).

Vorträge und Workshops für mehr Medienkompetenz

Bei der BJKM werden neben Projekten des Vereins Prävention 2.0 e. V. und Präventionsprogrammen der TK zahlreiche weitere praktische Anwendungen und Inhalte vermittelt. So gibt es beispielsweise Workshops zur Resilienz, positiver Körpersprache, KI und digitaler Balance.

Hinweis für die Redaktion

An der Umfrage, welche im Vorfeld der Bundesjugendkonferenz Medien unter den Medienscouts durchgeführt wurde, nahmen 175 Scouts teil. Bei der Umfrage zur BJKM 2023 waren es 206 jugendliche Medienprofis.

Das Rostocker Start Up Tweedback hat die Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Verein Prävention 2.0 e. V. und der TK durchgeführt und unterstützt die Konferenz mit Live-Umfragen.

In diesem Jahr nehmen 213 Scouts, 46 Betreuerinnen und Betreuer aus elf Bundesländern an der BJKM im Radisson Blu Rostock teil.