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Menschen mit einer generalisierten Angststörung (GAS) fürchten sich nicht vor einer konkreten Gefahr oder vor bestimmten Tieren, Dingen oder Situationen. Sie leben nahezu dauernd in Angst, die sich auf alles Mögliche beziehen kann - manchmal sogar auf die Angst selbst ("Angst vor der Angst"). Fachleute sprechen deshalb auch von "generalisierter" Angst. Sie ist psychisch sehr belastend und verursacht auch verschiedene körperliche Symptome wie Benommenheit, Muskelverspannungen oder Herzrasen. Es gibt verschiedene Behandlungen, mit denen sich die Angst auf ein erträgliches Maß verringern lässt.

Im Gegensatz zu anderen Angsterkrankungen tritt die generalisierte Angststörung häufig erst im mittleren Erwachsenenalter auf. Grundsätzlich kann man aber in jedem Alter eine Angststörung bekommen.

Was kann man selbst tun?

Viele Menschen mit einer generalisierten Angststörung kommen erst einmal nicht auf die Idee, zu einer Ärztin oder einem Arzt zu gehen. Sie versuchen, ihre Ängste zunächst selbst in den Griff zu bekommen, etwa mithilfe von Büchern und Informationen aus dem Internet. Manche erlernen Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga. Die Wirksamkeit solcher Möglichkeiten zum Selbstmanagement von Angststörungen ist in Studien nicht gut untersucht. Entspannungstechniken werden zwar oft im Rahmen von Psychotherapien angewendet. Wie nützlich sie sind, wenn sie ohne andere Hilfen eingesetzt werden, weiß man bislang allerdings nicht.

Manche Menschen greifen zu pflanzlichen Beruhigungsmitteln wie Baldrian, Lavendel oder Passionsblumenblättern. Auch diese Mittel sind bislang kaum durch Studien erforscht. Viele Menschen gehen davon aus, dass pflanzliche Arzneimittel besser verträglich und sicherer sind als andere Medikamente. Sie können aber durchaus Nebenwirkungen haben und teilweise die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen.

Eine Selbstbehandlung kann außerdem dazu führen, dass es sehr lange dauert, bis man professionelle Hilfe sucht. Erst dann können nachweislich wirksamere Behandlungen wie Psychotherapie und die Anwendung bestimmter Medikamente beginnen.

Was passiert bei einer Psychotherapie?

Es gibt verschiedene psychotherapeutische Verfahren zur Behandlung einer generalisierten Angststörung. Am besten untersucht und am wirksamsten ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT).

Kognitive Verhaltenstherapie

Eine KVT wirkt sich nicht nur auf die Angst günstig aus. Sie kann auch andere Beschwerden wie etwa Depressionen lindern, die mit einer Angststörung einhergehen können. Da die Therapie eine direkte Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten erfordert, kann die Behandlung jedoch selbst manchmal belastend sein. Allgemein sind unerwünschte Wirkungen von Psychotherapien bisher nicht gut in Studien untersucht.

Eine kognitive Verhaltenstherapie wird in Deutschland von Verhaltenstherapeutinnen und -therapeuten angeboten und von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Sie besteht in der Regel aus wöchentlichen Sitzungen über mehrere Wochen oder Monate. Je nach Möglichkeit und technischer Ausstattung können solche Sitzungen auch virtuell per Computer stattfinden - etwa als Video-Treffen.

Die kognitive Verhaltenstherapie umfasst zwei Teile: einen "kognitiven" Teil, der sich mit den Gedanken und Gefühlen auseinandersetzt und einen, der sich mit dem Verhalten beschäftigt.

Ziel des kognitiven Ansatzes ist es, angstauslösende Gedankenmuster zu verändern, indem man lernt,

  • unrealistische Ängste und Sorgen zu erkennen und zu hinterfragen,
  • die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten und Folgen von Angstauslösern einzuschätzen und
  • mit Unsicherheit umzugehen.

Ein Beispiel für furchterregende Gedankenmuster sind "katastrophisierende" Gedanken, etwa: sofort extreme, übertriebene Schlussfolgerungen über das Ausmaß des vermeintlich drohenden Unglücks zu ziehen, sobald etwas Beunruhigendes geschieht. Werden solche Gedanken mithilfe der Therapeutin oder des Therapeuten erkannt, arbeitet man daran, sie abzubauen oder besser damit umzugehen. So hilft die KVT letztlich, klarer zu denken und die eigenen Gedanken besser zu kontrollieren.

Im zweiten Teil der Therapie geht es darum, die Angst in bestimmten Situationen nach und nach abzubauen und das Verhalten zu ändern. Dabei stellt man sich der Angst, um sie allmählich zu überwinden. Zum Beispiel könnte eine berufstätige Mutter, die ständig im Kindergarten anruft, um sich zu vergewissern, dass es ihrem Kind gut geht, die Anzahl ihrer Anrufe nach und nach verringern. Um solche Verhaltensänderungen zu erleichtern, wird in der Therapie auch vermittelt, was dabei helfen kann, Ruhe zu bewahren - zum Beispiel Atemübungen oder Entspannungstechniken.

Zusätzlich können Computer, Tablet und Smartphone genutzt werden - etwa indem man seine Gefühle in einem digitalen Tagebuch festhält. Möglich ist auch, eine virtuelle Anleitung für Entspannungsübungen zu Hause und zu einer Zeit abzurufen, in der sie am besten in den Alltag passen.

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Andere psychotherapeutische Ansätze

Die Wirksamkeit von Psychotherapien, die sich mehr mit den möglichen Ursachen der Angst beschäftigen, etwa mit traumatischen Ereignissen in der Kindheit, ist bei Menschen mit generalisierter Angststörung nicht gut erforscht. Die wenigen Studien zum Vergleich mit der kognitiven Verhaltenstherapie weisen darauf hin, dass diese "psychodynamischen" Therapien weniger hilfreich sind als eine KVT.

Welche medikamentösen Behandlungen gibt es?

Zur Behandlung einer generalisierten Angststörung kommen verschiedene Medikamente infrage. Mittel aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) werden oft eingesetzt.

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)

Diese Medikamente gehören zur Gruppe der Antidepressiva. Sie können Angstsymptome lindern und gegen depressive Beschwerden helfen, mit denen viele Betroffene zusätzlich zu tun haben.

Es dauert in der Regel 2 bis 6 Wochen, bis SSRI eine angstlösende Wirkung entfalten. Sie helfen allerdings nur einem Teil der Menschen, die sie einnehmen. Daher kann es erforderlich sein, mehrere Wirkstoffe auszuprobieren. Aus der Gruppe der SSRI sind Escitalopram und Paroxetin für Menschen mit generalisierter Angststörung gut untersucht und in Deutschland zugelassen.

Wenn durch die Behandlung mit SSRI eine Besserung eingetreten ist, wird empfohlen, die Medikamente noch weiter einzunehmen. Denn werden sie zu früh abgesetzt, können die Angstsymptome wieder auftreten. Um das zu verhindern, empfehlen Fachleute, die Medikamente 6 bis 12 Monate einzunehmen und dann langsam die Dosis zu verringern. Unter Umständen ist auch eine längere Einnahme sinnvoll. Allerdings fällt es manchen Menschen schwer, die Medikamente dauerhaft zu nehmen. Ein Grund können Nebenwirkungen sein, ein anderer: Wenn es einem besser geht, neigt man schnell dazu, die Einnahme zu beenden.

Zu den möglichen Nebenwirkungen von SSRI gehören Übelkeit, Schlaflosigkeit und sexuelle Probleme. Beispielsweise haben manche Menschen weniger Lust auf Sex oder bekommen keinen Orgasmus. Bei Männern kann der Samenerguss schwächer sein oder ausbleiben. Bei den meisten Menschen zeigen sich aber keine Nebenwirkungen.

Bei Schlaflosigkeit oder Übelkeit ist es mitunter schwer zu sagen, ob tatsächlich die Medikamente die Ursache sind. Denn diese Beschwerden sind allgemein recht häufig. Oft gewöhnt sich der Körper auch an die Wirkstoffe. Meist treten Nebenwirkungen nur in den ersten Wochen der Einnahme auf. Es kann sich daher lohnen, abzuwarten und die Behandlung nicht gleich abzubrechen, wenn sich eine Nebenwirkung bemerkbar macht.

Weitere Medikamente

Es gibt noch eine Reihe weiterer Medikamente, die bei einer generalisierten Angststörung eingesetzt werden können. Viele kommen aber in der Regel erst infrage, wenn eine Behandlung mit SSRI keinen Erfolg gebracht hat oder aus bestimmten Gründen nicht möglich ist:

  • selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI): Hierzu gehören die Wirkstoffe Duloxetin und Venlafaxin. Sie wirken ähnlich wie SSRI.
  • Pregabalin wird in erster Linie bei nervenbedingten Schmerzen eingesetzt. Es ist jedoch auch zur Behandlung der generalisierten Angststörung zugelassen. Die Wirksamkeit des Medikaments wurde in mehreren Studien nachgewiesen. Allerdings löst es häufig Schwindel und Müdigkeit aus.
  • Opipramol ist ein Antidepressivum, dessen Wirksamkeit nur schlecht untersucht ist und daher nur in Ausnahmefällen infrage kommt.
  • Buspiron kann Angst-Symptome lindern, ist allerdings nicht so gut untersucht wie andere Medikamente. Daher wird es meist erst angewendet, wenn zum Beispiel SSRI nicht wirken oder nicht vertragen werden. Mögliche Nebenwirkungen von Buspiron sind Benommenheit, Übelkeit und Schlaflosigkeit.
  • Hydroxyzin: Auch dieses Medikament aus der Gruppe der Antihistaminika kann Beschwerden einer generalisierten Angststörung wahrscheinlich lindern. Es ist aber ebenfalls weniger gut untersucht als andere Mittel und wird daher kaum eingesetzt.
  • Benzodiazepine sind Schlaf- und Beruhigungsmittel, die auch Ängste lösen helfen. Ihre Wirkung setzt rasch ein, allerdings können sie schon nach wenigen Wochen abhängig machen. Daher werden diese Mittel nicht zur Behandlung der generalisierten Angststörung empfohlen.

Manche Medikamente, die zum Beispiel gegen Depressionen eingesetzt werden, zeigten in Studien zwar eine Wirkung bei generalisierter Angststörung. Sie sind aber nicht zur Behandlung der Störung zugelassen. Ärztinnen und Ärzte verordnen diese Medikamente etwa, wenn alle anderen Behandlungen nicht geholfen haben (sogenannter Off-Label-Use).

Es gibt verhältnismäßig wenig Studien, die Medikamente direkt miteinander verglichen haben. Aus den vorhandenen Studien ergeben sich keine klaren Vorteile für einen bestimmten Wirkstoff. Da nicht jedes Medikament bei jedem Menschen gleich wirkt, kann es jedoch sinnvoll sein, verschiedene Medikamente auszuprobieren.

Welche Behandlung ist geeignet?

Ob man sich für eine Psychotherapie, eine medikamentöse Behandlung oder eine Kombination aus beidem entscheidet, hat viel mit den persönlichen Einstellungen und Bedürfnissen zu tun. Eine geeignete Psychotherapie kann sehr wirksam sein und helfen, die Angst zu überwinden. Sie erfordert aber viel Eigeninitiative und Kraft, und oft muss man länger auf einen Therapieplatz warten.

Je nach persönlicher Situation und Schwere der Erkrankung kann es daher sinnvoll sein, zunächst Medikamente einzunehmen. Manchmal ist es überhaupt erst möglich, eine Psychotherapie zu beginnen, wenn die Beschwerden durch Medikamente etwas abgemildert wurden.

Manche Menschen möchten keine Antidepressiva nehmen, weil sie befürchten, abhängig zu werden. Im Gegensatz zu bestimmten Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmitteln machen Antidepressiva jedoch nicht abhängig. Andere empfinden es als Zeichen von Schwäche, Tabletten zu Hilfe zu nehmen, um ihre Probleme zu bewältigen. Es gibt aber keinen Grund, sich zu schämen, wenn man bei psychischen Erkrankungen Medikamente einnimmt. Um tiefe Ängste zu überwinden, können Medikamente hilfreich, manchmal sogar notwendig sein.

Wie man sich auch entscheidet: Es gibt sowohl Medikamente als auch Psychotherapien, die helfen können, mit einer generalisierten Angststörung zurechtzukommen und wieder einen normalen Alltag zu leben.

Linktipp

Die Angst im Griff