Impfstoff-Entwicklung: Ist schnell auch gut?
Normalerweise vergehen viele Jahre, bis ein neuer Impfstoff entwickelt und zugelassen ist. Die COVID-19-Impfstoffe kamen jedoch in Rekordzeit auf den Markt. Wie war das möglich? Und wie sicher sind diese Impfstoffe eigentlich?
Die wichtigste Nachricht zuerst: Nur Impfstoffe, die sicher, wirksam und verträglich sind, werden in Deutschland und Europa zugelassen. Das trifft auch auf Corona-Impfstoffe zu. Wie alle anderen Impfstoffe haben auch sie umfangreiche Studien und alle Phasen der Arzneimittelentwicklung erfolgreich durchlaufen. Die dabei gewonnenen Daten und Ergebnisse hat die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA sorgfältig geprüft und beurteilt. Auf dieser Basis erteilte die Europäische Kommission schließlich eine Zulassung für alle EU-Länder. Was lief also anders als sonst?
Sicherheit von Impfungen
Phasen der Impfstoffentwicklung
- Forschung: Am Anfang steht der neue Krankheitserreger. Wissenschaftler untersuchen ihn und versuchen, Antigene zu identifizieren, um daraus einen Impfstoff zu gewinnen.
- Vorklinische Tests: Erst testen Forscher einen Impfstoffkandidaten im Reagenzglas an Bakterien, Zellen und Gewebe. Danach folgen Tierversuche.
- Klinische Tests: Hat sich ein Impfstoff in vorklinischen Tests bewährt, wird er an Menschen getestet. In Phase 1 wird überprüft, ob er die gewünschte Immunreaktion auslöst. In Phase 2 geht es darum, wie verträglich er ist und welche Dosis optimal ist. In Phase 3 wird der Impfstoff an einer sehr großen Patientengruppe getestet. So gewinnen Wissenschaftler statistisch signifikante Daten und können Aussagen darüber treffen, wie wirksam und unbedenklich der Impfstoff ist.
Erst nach Ende der klinischen Phase kann ein Hersteller die Zulassung beantragen. Normalerweise laufen alle Schritte nacheinander ab - so können von der Virusanalyse bis zur Zulassung schon mal 15 Jahre vergehen.
Nun gilt es, die Pandemie endlich auszubremsen.
Schnell und sicher
Die Pandemie hat die ganze Welt vor neue Herausforderungen gestellt. Große Hoffnung liegt nach wie vor auf den COVID-19-Impfstoffen: Sie schützen zwar nicht zu 100 Prozent vor einer symptomatischen Infektion mit dem Coronavirus, aber in den meisten Fällen vor einem schweren Krankheitsverlauf. Dass relativ schnell sichere und wirksame Impfstoffe zur Verfügung standen, ist bei genauem Hinsehen gar nicht verwunderlich. Denn:
- Zahlreiche Forscher auf der ganzen Welt fokussierten sich darauf, einen Impfstoff zu entwickeln. Teilweise arbeiteten sie eng zusammen und tauschten Wissen aus.
- Impfstoffentwickler mussten nicht bei null anfangen: Sie konnten auf Forschungen an den Viren SARS-CoV-1 und MERS aufbauen, die den SARS-CoV-2-Viren sehr ähnlich sind.
- Es floss enorm viel Geld in die Entwicklung. Die Bundesregierung beispielsweise. förderte die Entwicklung mit gut 750 Millionen Euro. Die USA stellten sogar 8,4 Milliarden Euro bereit.
- Statt alle Phasen der Impfstoffentwicklung nacheinander zu durchlaufen, liefen viele Prozesse parallel ab. Einige Testphasen wurden kombiniert.
- Für klinische Studien werden etwa 10.000 Probanden benötigt. Oft ist es langwierig, diese zu finden. Im Zuge der sich ausbreitenden Pandemie meldeten sich viele Testpersonen freiwillig. Klinische Studien konnten daher innerhalb kurzer Zeit und mit eindeutigen Ergebnissen durchgeführt werden.
- Die Hersteller versorgten die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA bereits von Anfang an mit den neuesten Daten und Studienergebnissen. So konnte die EMA die Impfstoffkandidaten im sogenannten Rolling-Review parallel prüfen - ohne Abstriche bei der Sorgfalt zu machen.
Klar ist also: Es war ein enormer Kraftakt, COVID-19-Impfstoffe zu entwickeln.
Schnelle Zulassung
In den USA und in Großbritannien erhielten die ersten COVID-19-Impfstoffe zunächst eine Notfallzulassung - sie wurden zugelassen, obwohl noch Studienergebnisse fehlten. In der EU haben alle Corona-Impfstoffe seinerzeit eine sogenannte bedingte Zulassung erhalten. Diese entspricht den Anforderungen einer ordentlichen Zulassung: Die Daten wurden genau geprüft und festgestellt, dass der Nutzen des Impfstoffs klar das Risiko überwiegt. Die Impfstoff-Hersteller müssen regelmäßig belegen, dass das Risiko-Nutzen-Verhältnis weiterhin positiv ist.