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Die Bipolare Störung, auch manisch-depressive Erkrankung genannt, bewegt sich zwischen zwei extremen Polen: Auf der einen Seite erleben Betroffene manische Phasen voller Hochgefühl und Tatendrang, auf der anderen Seite durchlaufen sie depressive Phasen mit Niedergeschlagenheit und einer tief empfundenen Leere. Dazwischen können Zeiträume ohne oder mit leichten Beschwerden liegen. Außerdem kann es zu Episoden kommen, in denen die Stimmung sehr schnell wechselt. 

Häufig wirken sich diese Stimmungsschwankungen stark auf das Leben der Betroffenen aus. Nicht nur der Berufsalltag, auch Partnerschaft, Familie sowie Freunde und Freundinnen sind betroffen. Die Bipolare Störung entwickelt sich in der Regel schleichend, daher vergehen bis zur Diagnose oft fünf bis zehn Jahre. Wird die Bipolare Störung jedoch erkannt, ist sie gut behandelbar.

Die Bipolare Störung hat viele Gesichter 

Eine Bipolare Störung, die zu den sogenannten affektiven Störungen zählt, kann sehr unterschiedlich verlaufen: Mal dauert sie zwei Wochen, mal ein halbes Jahr. Einige Betroffene durchleben mehrere depressive Phasen nacheinander, bis sich eine manische Episode einstellt. Manchmal kommt es auch zu einem schnellen Wechsel, dem sogenannten Rapid Cycling. Auch Mischzustände, in denen gleichzeitig Merkmale einer Depression und einer Manie oder einer Hypomanie auftreten, sind möglich. 

Bipolar-I- und Bipolar-II-Störung

Wechseln sich manische und depressive Episoden ab oder treten Mischformen auf, liegt eine Bipolar I-Störung vor. Lassen sich dagegen keine manischen, sondern ausschließlich hypomanische Phasen beobachten, sprechen Fachleute von einer Bipolar II-Störung. Diese Unterscheidung findet sich auch in der International Classification of Diseases 11th Revision (kurz: ICD-11) wieder, die am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist.

Manie versus Depression

Manische Episoden sind geprägt durch:

  • Gehobene, expansive oder gereizte Stimmung
  • Erhöhtes Erregungsniveau (teilweise aggressive Erregung)
  • Antriebssteigerung
  • Rededrang
  • Ideenflucht
  • Ablenkbarkeit 
  • Vermindertes Schlafbedürfnis
  • Gesteigerte Libido
  • Reduzierte soziale Hemmungen
  • Riskantes Verhalten
  • Überhöhte Selbsteinschätzung

Bei einer hypomanischen Episode liegen dagegen meist weniger ausgeprägte Beschwerden wie etwa Konzentrationsschwierigkeiten oder Gedankenrasen vor. 

Charakteristisch für eine depressive Episode sind:

  • Schwermut oder Niedergeschlagenheit
  • Interessenlosigkeit
  • Antriebsminderung 
  • Selbstwertverlust
  • Unangemessene Schuldgefühle
  • Wiederkehrende Gedanken an den Tod (Suizidalität)
  • Kognitive Defizite
  • Psychomotorische Veränderungen
  • Schlafstörungen
  • Appetitstörungen

Eine schwere depressive oder manische Episode wird in Einzelfällen auch von psychotischen Symptomen wie Wahnideen oder Halluzinationen begleitet. 

Ursachen und Auslöser

Warum sich eine Bipolare Störung entwickelt, konnte bisher noch nicht abschließend geklärt werden. Allerdings gibt es eine genetische Veranlagung, weswegen Familienangehörige von Betroffenen anfälliger für die Erkrankung sind. Bei ihnen entwickelt sich nicht zwangsläufig eine Bipolare Störung, jedoch ist das Risiko erhöht, dass durch belastende Ereignisse, emotionalen Stress oder andere Faktoren depressive und manische Symptome ausgelöst werden. Auch medikamentöse und körperliche Einflüsse wie etwa eine Störung der Schilddrüsenfunktion können eine wichtige Rolle spielen.

Frühzeitige Behandlung kann chronischen Verlauf verhindern

Um einem chronischen Verlauf der Bipolaren Störung vorzubeugen, sind eine möglichst frühe Diagnose und ein schneller Behandlungsstart hilfreich. Denn je weniger Krankheitsepisoden die Betroffenen erleben, desto erfolgreicher ist in der Regel die Therapie. 

Wissen hilft

Wenn alle Beteiligten gut über Symptome und Auswirkungen der Erkrankung informiert sind, kann das eine frühe Diagnose erleichtern. Dafür ist es hilfreich, offen mit dem Thema psychische Gesundheit umzugehen und es nicht zu tabuisieren. Dieses Ziel verfolgt auch das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit.

Diagnose der Bipolaren Störung

Bis die genaue Diagnose als Basis für eine individuelle Behandlung feststeht, dauert es in vielen Fällen mehrere Jahre. Einerseits ist die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen wie Depression , Schizophrenie oder Borderline-Persönlichkeitsstörung nicht immer eindeutig. Zudem kann eine hypomanische Phase unauffällig verlaufen, da Betroffene im Alltag vergleichsweise gut damit zurechtkommen.

Fühlen Sie sich antriebslos, niedergeschlagen oder beobachten Sie andere Symptome einer Depression? Dann wenden Sie sich Sie sich an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt und berichten Sie unbedingt auch von eventuell bereits erlebten manischen oder hypomanischen Phasen. Bei Verdacht auf eine Bipolare Störung werden Sie an eine fachärztliche Praxis überwiesen, zum Beispiel eine Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie. Hier finden zunächst umfangreiche Gespräche und eine körperliche Untersuchung statt. Neben Ihrer Lebensgeschichte sowie Fragen nach möglichen Stimmungsschwankungen ist für die Diagnose ebenfalls relevant, ob Familienmitglieder betroffen sind. Sollte sich der Verdacht bestätigen, können Sie nun umgehend mit der passenden Therapie beginnen.

Behandlungsmöglichkeiten

Bipolare Störungen sind heute gut behandelbar. Ärztinnen und Ärzte unterscheiden allgemein zwischen einer akuten und einer vorbeugenden Behandlung. Ziel jeder Behandlung ist es, Betroffene darin zu unterstützen, wieder am alltäglichen Leben teilzunehmen, denn Erkrankte ziehen sich häufig aus dem sozialen Umfeld zurück oder sind längere Zeit krankgeschrieben. 

Akute Behandlung

Bei der Akuttherapie wird zunächst versucht, mithilfe sogenannter stimmungsstabilisierender Medikamente akute manische oder depressive Symptome zu lindern. Neben den verordneten Medikamenten helfen unterstützende psychiatrische Gespräche. Manchmal kann auch die stationäre Aufnahme in einer spezialisierten Klinik sinnvoll sein.

Vorbeugende Therapie (Phasenprophylaxe)

Die vorbeugende Therapie zielt darauf ab, die Stimmungslage langfristig zu stabilisieren und einen Rückfall in eine depressive oder manische Episode zu verhindern. Häufig werden Antidepressiva oder Stimmungsstabilisierer wie Lithium verordnet. Daneben kann auch eine psychotherapeutische Langzeitbehandlung hilfreich sein, bei der Erkrankte darin unterstützt werden, (wieder) einen normalen Alltag zu führen. Die wichtigste Voraussetzung für eine gute Prognose ist jedoch, die Diagnose anzunehmen und zu lernen, langfristig mit ihr zu leben.

Das können Angehörige tun

Häufig sind es Angehörige, die Betroffene dazu ermutigen, eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen und eine Behandlung in Erwägung zu ziehen. Für eine differenzierte Diagnose ist es sogar sinnvoll, wenn die Angehörigen am Erstgespräch teilnehmen. 

Tipps für den Alltag

  • Informieren Sie sich gemeinsam über die Erkrankung.
  • Unterstützen Sie die Patientin oder den Patienten dabei, vor allem die medikamentöse Behandlung konsequent einzuhalten. 
  • Nehmen Sie insbesondere während einer depressiven Episode Rücksicht und überfordern Sie die betroffene Person nicht.
  • Bieten Sie Ihre Hilfe bei wichtigen Entscheidungen an, denn diese können schnell zu einer Herausforderung werden.
  • Äußerungen dazu, nicht mehr leben zu wollen, müssen Sie unbedingt ernst nehmen. Informieren Sie umgehend die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt darüber.

Der Umgang mit Erkrankten kann für Familienmitglieder oder Freunde und Freundinnen sehr herausfordernd sein. Gefühle wie Wut und Überlastung können die Beziehung zueinander beeinträchtigen. Für die Angehörigen ist es daher wichtig, eigene Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen, sich Freiräume zu schaffen oder den Kontakt zu Gleichgesinnten zu suchen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen.

Tipp

In vielen Regionen gibt es Selbsthilfegruppen für Menschen mit einer Bipolaren Störung und deren Angehörige. Aktuelle Kontaktadressen finden Sie auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen.