Der Begriff Hypochondrie ist im allgemeinen Sprachgebrauch negativ besetzt und Hypochonder wird häufig als abfällige Bezeichnung für einen wehleidigen Menschen gebraucht. Wie im Theaterstück "Der eingebildete Kranke" von Molière wird ein Hypochonder von seinem Umfeld oft nicht ernst genommen. Dabei sind Menschen mit klinischer Hypochondrie nicht wehleidig, sondern schwer psychisch erkrankt. Nicht alle Patienten suchen ärztliche Hilfe; es gibt viele, die sich zurückziehen.

Wortherkunft

Der Begriff Hypochonder stammt aus dem Griechischen und heißt so viel wie: "am Unterleib oder an den Eingeweiden leidend". Die Menschen in der Antike vermuteten, dass alle Gemütskrankheiten dem Unterleib entspringen. Man ging davon aus, dass die Milz für diese Art von Beschwerden verantwortlich sei und nannte die Hypochondrie auch "Milzsucht".

Wie macht sich die Hypochondrie bemerkbar?

Kratzer mit ernsten Folgen

Hypochonder sind davon überzeugt, vielfältige gesundheitliche Probleme zu haben. Manche machen sich bei jedem kleinen Kratzer, Heiserkeit oder einem Hustenanfall Sorgen. Oft besteht auch die Angst, an einer ernsthaften Erkrankung zu leiden, etwa an AIDS. 

Experten unterscheiden zwischen zwei Formen der Hypochondrie: Die erste Gruppe leidet unter Symptomen, deren Ursache medizinisch nicht erklärbar ist (somatoforme Komponente). Die zweite Gruppe hat Angst vor einer bestimmten Erkrankung (Angstkomponente).

Viele Hypochonder gehen regelmäßig zum Arzt, um ihren Gesundheitszustand kontrollieren zu lassen. Häufig konsultieren sie verschiedene Ärzte ("doctor hopping"), weil sie die Diagnose eines Mediziners anzweifeln und sich nicht ernst genommen fühlen. Manche Hypochonder ziehen sich aber auch extrem zurück und vermeiden jegliche Arztbesuche. 

Internetrecherche als Angstverstärker

Beide Gruppen recherchieren alle verfügbaren Informationen zu den betreffenden Erkrankungen im Internet, in Büchern und anderen Quellen. Dabei kann besonders das Lesen unzähliger, zum Teil unseriöser Webseiten mit widersprüchlichen oder regelrecht falschen Informationen die Angst verstärken - dies wird oft als "Cyberchondrie" bezeichnet.

Die Ängste, die einen Hypochonder umtreiben, können ernste Folgen haben: Hält die Hypochondrie an, kommt es häufig zu depressiven Stimmungsschwankungen. Der Betroffene kapselt sich mehr und mehr von seinen Mitmenschen ab. Freunde und Bekannte melden sich nicht mehr, weil der Hypochonder sowieso nur noch ein Thema kennt. Partner und Familie wissen irgendwann auch keinen Rat mehr. Der Betroffene selbst fühlt sich nicht mehr ernst genommen und alleingelassen. In schweren Fällen droht der Verlust der Arbeit und mit ihm der soziale Abstieg. 

Welche Ursachen kann Hypochondrie haben?

Die Ursachen der Hypochondrie sind vielschichtig. Erste Anzeichen gibt es häufig in der Pubertät. Auslöser können nach Ansicht einiger Mediziner der traumatische Verlust eines geliebten Menschen, ein übervorsichtiges Elternteil, schlechte Erfahrungen mit Ärzten oder eine schwere Krankheit in der Familie sein. 

Es scheint aber trotzdem auch eine körperliche Ursache zu geben. Der US-Psychiater Brian Fallon von der Columbia University in New York glaubt, einen Zusammenhang mit einer anderen Krankheit gefunden zu haben, die medikamentös behandelt werden kann. So fand er vor einigen Jahren heraus, dass sich etwa ein Drittel seiner hypochondrischen Patienten wie Menschen mit einer Zwangsneurose verhielten. "Es sind verschiedene Krankheiten, und doch gibt es augenscheinlich Gemeinsamkeiten", sagt Fallon. Dazu gehören Symptome wie ständig wiederkehrende, aufdringliche Gedanken und der ständige Zwang, sich immer und immer wieder von einem Arzt untersuchen zu lassen. 

Behandlungsmöglichkeiten

Je früher sich ein Hypochonder in Behandlung begibt, desto höher sind seine Heilungschancen. Die Basis für eine Diagnose und anschließende Therapie ist zunächst eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Arzt, in der sich der Patient ernst genommen fühlt. Wer vorher negative Erlebnisse mit Ärzten oder Therapeuten gemacht hat, ist meist sehr skeptisch. Hier besteht die Gefahr, dass der Patient wieder "abspringt" und den nächsten Arzt konsultiert - ein Teufelskreis. Bei den hilfevermeidenden Patienten können Angehörige und enge Bekannte dazu beitragen, dass der Betroffene doch einen Arzt aufsucht.

Meistens empfiehlt der behandelnde Arzt eine Verhaltenstherapie. Betroffene lernen hier, sich mit ihren Ängsten und Sorgen im Alltag auseinanderzusetzen. In einigen Fällen kann auch eine medikamentöse Therapie mit sogenannten Neuroleptika oder Antidepressiva sinnvoll sein.

Was können Angehörige tun?

Auch als Angehöriger können Sie Unterstützung anbieten: Nehmen Sie den Patienten mit seinen Befürchtungen ernst. Helfen Sie ihm dabei, seinen Gesundheitszustand immer wieder realistisch einzuschätzen und ermuntern Sie ihn, sich in Behandlung zu begeben.