Betriebliche Gesundheitsförderung und Präventionskurse: Was steuer- und beitragsfrei ist - und was nicht
Wenn Sie als Arbeitgeber Maßnahmen zur Gesundheitsförderung ergreifen oder ihren Beschäftigten dafür Zuschüsse zahlen, können Sie einen jährlichen Freibetrag nutzen. Unser großer Überblick erklärt, was Sie dabei beachten müssen.
Als Arbeitgeber können Sie Kosten und Gebühren für Präventionsmaßnahmen übernehmen oder bezuschussen - egal ob die Maßnahmen innerhalb oder außerhalb des Betriebs stattfinden.
Dabei gibt es einen Freibetrag, bis zu dem die Beteiligung steuer- und sozialabgabenfrei bleibt. Diese Bedingungen gelten:
- Bis zur Höhe von 600 Euro im Kalenderjahr sind Ihre Leistungen steuer- und beitragsfrei, sofern sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Eine Entgeltumwandlung oder Anrechnung auf den Arbeitslohn ist ausgeschlossen.
- Der Freibetrag gilt pro Kalenderjahr und pro Arbeitnehmer.
- Wird der Freibetrag überschritten, ist nur der übersteigende Betrag steuer- und beitragspflichtig.
- Bei einem Arbeitgeberwechsel oder einer Mehrfachbeschäftigung kann der Freibetrag je Arbeitgeber in Anspruch genommen werden.
Welche Gesundheitsangebote sind steuerfrei?
Steuerfrei bleiben grundsätzlich diese Varianten ( § 3 Nr. 34 EStG ):
- Leistungsangebote zur verhaltensbezogenen Prävention, die von den Krankenkassen oder der "Zentrale Prüfstelle Prävention" zertifiziert sind (Präventionskurse)
- Sonstige, nicht zertifizierungspflichtige verhaltensbezogene Maßnahmen des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einem betrieblichen Gesundheitsförderungsprozess, welche den Vorgaben des Leitfadens Prävention genügen.
Unser Tipp: Was das genau bedeutet, erklärt die Umsetzungshilfe des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben vom 20.04.2021, Az. IV C 5 - S 2342/20/10003 :003) Sie geht dabei teilweise sogar begünstigend über den Gesetzeswortlaut hinaus.
Wie sieht es mit Sozialversicherungsbeiträgen aus? Müssen die berechnet werden?
Nein. Die Bewertung der Beitragspflicht von Arbeitgeberleistungen zur Gesundheitsförderung folgt dem Steuerrecht. Somit stellen steuerfreie Arbeitgeberleistungen zur Gesundheitsförderung bis zu 600 Euro jährlich kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung dar und sind damit beitragsfrei.
Erbringen Arbeitgeber Leistungen zur Gesundheitsförderung im überwiegend betrieblichen Interesse, sind diese aufgrund der Steuerfreiheit auch bei Überschreiten des 600-Euro-Freibetrags beitragsfrei in der Sozialversicherung. Mehr zu diesen speziellen Leistungen finden Sie weiter unten.
Bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts werden steuerfreie Arbeitgeberleistungen zur Gesundheitsförderung nicht berücksichtigt.
Wie kann ich die Kosten anrechnen?
- Die Arbeitgeberleistungen fließen den Mitarbeitenden mit Beginn der Maßnahme zu.
- Grundsätzlich müssen Sie sie mit den Endpreisen (ggf. durch übliche Preisnachlässe gemindert) ansetzen.
- Wenn Ihre Beschäftigten Zuzahlungen leisten, müssen Sie diese anrechnen.
- Die Finanzverwaltung hat grundsätzlich keine Bedenken, wenn Sie Ihre Leistungen aus Vereinfachungsgründen mit Ihren tatsächlichen Aufwendungen bewerten.
- Die Kosten müssen Sie zu gleichen Teilen auf alle Mitarbeitenden, die an der Maßnahme teilnehmen, aufteilen.
- Außerdem müssen Sie die Teilnahme im Lohnkonto dokumentieren.
Für welche Präventionskurse gilt der Freibetrag?
Begünstigt werden zertifizierte Leistungen der individuellen verhaltensbezogenen Prävention, also in der Regel die sogenannten Präventionskurse, die über die Krankenkassen angeboten werden und meist außerhalb des Unternehmens stattfinden.
Die Zertifizierung erfolgt entweder durch eine Krankenkasse oder durch einen damit beauftragten Dritten: Dazu wurde die Kooperationsgemeinschaft gesetzlicher Krankenkassen zur Zertifizierung von Präventionskursen nach § 20 SGB V gegründet, die Zentrale Prüfstelle Prävention. Bei dieser Prüfstelle können Kursanbieter die Zertifizierung für ihre Kurse beantragen. Das Prüfsiegel wird in den vier Handlungsfeldern Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung/Entspannung und Suchtmittelkonsum vergeben, sofern alle Prüfkriterien erfüllt sind.
Leistet der Arbeitgeber einen Zuschuss an die Krankenkasse, ist der auf den teilnehmenden Arbeitnehmer entfallene Zuschuss nach Maßgabe des § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei.
Wie weisen meine Beschäftigten ihre Teilnahme an so einer Maßnahme nach?
Für ihre Teilnahme erhalten die Mitarbeitenden eine Teilnahmebescheinigung, die von der Kursleitung unterschrieben wurde.
Wenn Ihre Mitarbeitenden in finanzielle Vorleistung getreten sind, kann eine Arbeitgeberförderung beantragt werden.
Falls die Krankenkasse bereits einen Zuschuss gezahlt hat oder ein solcher beantragt wurde, kann nur der übersteigende Betrag steuerfrei sein.
Das Zertifikat, die Teilnahmebescheinigung und gegebenenfalls ein Antrag auf Arbeitgeberförderung nehmen Sie als Arbeitgeber zu den Lohnunterlagen.
Was muss ich beachten, wenn ich Kurse für meine Mitarbeitenden ins Unternehmen hole?
Damit die Steuerbefreiung ebenfalls in Betracht kommt, muss die eingekaufte Leistung zertifiziert sein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Leistung auf Veranlassung des Arbeitgebers zertifiziert wurde oder ob Sie Ihren Mitarbeitenden eine bereits zertifizierte Leistung anbieten.
Das müssen Sie beachten:
- Der beim Arbeitgeber durchgeführte Kurs muss mit dem zertifizierten Kurs inhaltlich identisch sein.
- Das Zertifikat muss auf den Kursleiter ausgestellt sein, der den Kurs bei Ihnen durchführt.
- Das Zertifikat muss bei Kursbeginn noch gültig sein.
- Das Zertifikat und die Teilnahmebescheinigung nehmen Sie als Belege zum Lohnkonto.
Gibt es Kurse, die nicht zertifiziert sind, aber trotzdem akzeptiert werden?
Wenn ein Arbeitgeber Präventionskurse einkauft, die nur für seine Beschäftigten erbracht werden, ist eine Zertifizierung oftmals nicht möglich. Mit der Folge, dass diese Kurse die gesetzlichen Voraussetzungen eigentlich nicht erfüllen. Trotzdem erlaubt die Umsetzungshilfe unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung der Steuerbefreiung.
Eine dieser Bedingungen muss dafür zutreffen:
- Die Leistungen sind Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses, der nach § 20b SGB V bezuschusst wurde oder wird.
- Der Kurs genügt hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen des § 20 SGB V. Außerdem wird er im Auftrag des Arbeitgebers allein für dessen Beschäftigte durchgeführt. Und er wird vom Leistungsanbieter nicht mit demselben Konzept auch für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten.
Der Kurs genügt den oben genannten Anforderungen, wenn er inhaltlich mit einem bereits zertifizierten und geprüften Kurskonzept eines Fachverbands oder einer anderen Organisation identisch ist. Der Kursleiter muss das von ihm genutzte zertifizierte Kurskonzept benennen und schriftlich bestätigen, dass der angebotene Präventionskurs entsprechend den vorgegebenen Stundenverlaufsplänen durchgeführt wird.
Zum Nachweis ihrer oder seiner Qualifikation muss die Kursleiterin oder der Kursleiter schriftlich versichern, dass die Qualifikation den Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Zertifizierung von Kursangeboten in der individuellen verhaltensbezogenen Prävention entspricht.
Die Erklärung der Kursleitung zum verwendeten Kurskonzept und zur Qualifikation nehmen Sie als Belege zum Lohnkonto.
Was ist mit weiteren betrieblichen Gesundheitsmaßnahmen - sind die auch steuerfrei?
Neben den individuellen Präventionskursen gibt es verhaltensbezogene Interventionen, die Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) erbringen können. Solche Maßnahmen können nicht zertifiziert werden. Dennoch fallen sie unter die Steuer- und Beitragsfreiheit, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Welche BGF-Maßnahmen gehören dazu?
Betriebliche Gesundheitsförderung gilt als ein Prozess zum Aufbau und zur Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen im Betrieb. Es werden Maßnahmen zur gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung sowie verhaltensbezogene Maßnahmen zur Unterstützung eines gesundheitsförderlichen Arbeits- und Lebensstils entwickelt werden. Dazu zählen diese Angebote:
- Stressbewältigung und Ressourcenstärkung
- bewegungsförderliches Arbeiten (zum Beispiel "Bewegte Pause")
- gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag
- verhaltensbezogenen Suchtprävention im Betrieb
Die Umsetzungshilfe der Verwaltung enthält zahlreiche Beispiele zu den genannten Themen. All diese Leistungsangebote werden von dem Steuerfreibetrag erfasst.
Welche Voraussetzungen gelten bei diesen BGF-Maßnahmen?
Es handelt sich in der Regel um Kurse oder Vorträge in Gruppen. Die Leistungen müssen im Rahmen eines strukturierten innerbetrieblichen Prozesses erbracht werden, bei dem der Bedarf analysiert wird und bei dem auch die Beschäftigten, ihre Vertretungen und - sofern vorhanden - der Fachkräfte für Sicherheit und Gesundheit eingebunden werden.
Die Leistungen können auf dem Betriebsgelände oder in einer geeigneten Einrichtung (zum Beispiel Fitnessstudio, Sportverein, Praxisräume freiberuflicher Fachkräfte) außerhalb des Betriebsgeländes stattfinden.
Als Arbeitgeber nehmen Sie die Teilnahmebescheinigung als Beleg zum Lohnkonto sowie eine Erklärung, dass die Maßnahme nach den oben genannten Voraussetzungen umgesetzt wurde.
Wenn der Arbeitgeber bei der betrieblichen Gesundheitsförderung von einer gesetzlichen Krankenkasse unterstützt wird und die Leistung des Arbeitgebers Bestandteil dieser betrieblichen Gesundheitsförderung ist, kann anstelle der Erklärung des Arbeitgebers auch eine Bescheinigung der Krankenkasse über die erfolgte Unterstützung als Beleg zum Lohnkonto genommen werden.
Hinweis: Bei Vorträgen zum Handlungsfeld "gesundheitlicher Arbeits- und Lebensstil" genügt bereits eine Anwesenheitsliste, die vom Arbeitgeber geführt ist und aus der sich der wesentliche Inhalt des Vortrags ergibt.
Was fällt alles nicht unter die Steuer- und Beitragsfreiheit?
Die Umsetzungshilfe der Finanzverwaltung stellt auch klar, was alles nicht unter die Steuer- und Beitragsfreiheit fällt:
- Mitgliedsbeiträge in Sportvereinen und Fitnessstudios (sie fallen auch nicht anteilig unter die Steuerbefreiung)
- Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart
- Trainingsprogramme mit einseitigen körperlichen Belastungen (zum Beispiel Spinning)
- Massagen und physiotherapeutische Behandlungen
- Screening (Gesundheitsuntersuchungen, Vorsorgeuntersuchungen)
- Maßnahmen von Anbietern, die ein wirtschaftliches Interesse am Verkauf von Begleitprodukten haben, wie zum Beispiel Diäten oder Nahrungsergänzungsmittel
- Maßnahmen, bei denen der Einsatz von Medikamenten zur Gewichtsabnahme, Formula-Diäten sowie extrem kalorienreduzierter Kost propagiert wird
- Aufwendungen für Arbeitsmittel, Sport- und Übungsgeräte, Einrichtungsgegenstände und bauliche Maßnahmen
- Zuschüsse zur Kantinenverpflegung, das gilt auch für die unentgeltliche oder verbilligte Abgabe gesunder Mahlzeiten in einer Betriebskantine
- mit den Präventionsleistungen im Zusammenhang stehende Neben- oder Zusatzleistungen (zum Beispiel Verpflegungs-, Reise- und Unterkunftskosten)
- Eintrittsgelder in Schwimmbäder, Saunen und die Teilnahme an Tanzschulen
Gibt es betriebliche Maßnahmen, die keine geldwerten Vorteile bedeuten?
Ja, die gibt es: Aufwendungen zur Gesundheitsförderung aus überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers sind kein Arbeitslohn. In diesen Fällen gilt nicht nur der Freibetrag von 600 Euro, sondern es liegt eine generelle Steuerbefreiung vor. Denn es handelt sich hierbei nicht um geldwerte Vorteile für die Arbeitnehmer.
Auch zu dieser Kategorie enthält die Umsetzungshilfe zahlreiche Anwendungsbeispiele. Zum überwiegend eigenbetrieblichen Interesse zählen unter anderem:
- Leistungen zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen (zum Beispiel Bereitstellung von Aufenthalts- und Erholungsräumen, Duschanlagen)
- Aufwendungen für Sport- und Übungsgeräte, Einrichtungsgegenstände und bauliche Maßnahmen (zum Beispiel im betriebseigenen Fitnessraum)
- Leistungen zur Förderung von Mannschaftssportarten durch Zuschüsse, auch an Betriebssportgemeinschaften, oder die Bereitstellung einer Sporthalle oder eines Sportplatzes ohne Individualsportarten (zum Beispiel Tennis, Squash und Golf)
- Maßnahmen zur Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit (durch medizinische Gutachten belegt)
- die Arbeitsplatzausstattung (zum Beispiel höhenverstellbarer Schreibtisch)
- zahlreiche Beratungsleistungen rund um die Gesundheit von Mitarbeitenden
- Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements
- die Gestellung beziehungsweise Bezuschussung einer Bildschirmarbeitsplatzbrille auf ärztliche Verordnung (ohne Rezept findet allerdings auch die Steuerbefreiung keine Anwendung)
- Aufwendungen für Gesundheits-Check-ups und Vorsorgeuntersuchungen, allerdings höchstens bis zu dem Betrag, den die gesetzliche Krankenkasse für diese Leistungen erstatten würde
Sie sind sich nicht sicher? Das Finanzamt klärt Einzelfälle
Damit Sie als Arbeitgeber über die in der Umsetzungshilfe genannten Fälle hinaus Rechtssicherheit und Haftungsfreiheit erreichen, können Sie sich bei Unsicherheit oder Zweifeln an Ihr zuständiges Finanzamt wenden.
Sind auch weitergehende Leistungen steuer- und beitragsfrei, zum Beispiel Unterkunft und Verpflegung?
Dazu gibt es ein Urteil des Bundesfinanzhofs von 2023: Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen des Arbeitgebers, die mit den Präventionsleistungen im Zusammenhang stehen und die unentgeltlich oder vergünstigt sind, fallen in der Regel nicht unter die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 34 EStG (BFH-Urteil v. 23.11.2023 - Az. VI R 24/21).
Der BFH sieht sein Urteil ausdrücklich im Anschluss an die Umsetzungshilfe. Dort lehnt die Finanzverwaltung die Steuerbefreiung für Unterbringungs- und Verpflegungskosten ab.
Und wenn alles (Maßnahme, Unterbringung usw.) in einer Gesamtpauschale abgerechnet wird?
Sofern Leistungen für Gesundheitsmaßnahmen, Unterbringungs-, Verpflegungs- und Reisekosten mit einem pauschalen Gesamtbetrag in Rechnung gestellt werden, ist auch eine geschätzte Aufteilung des Gesamtrechnungsbetrags nicht zulässig.