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Das belgische Unternehmen Vander Elst und französische Behörden stritten in den frühen 1990er-Jahren um diese Frage: Ist es rechtens, wenn marokkanische Staatsbürger mit Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Belgien im Auftrag ihres belgischen Arbeitgebers Abbrucharbeiten auf einer französischen Baustelle durchführen? 

Während das verantwortliche "Office des migrations internationales" (OMI) aufgrund der fehlenden französischen Arbeitserlaubnis der Marokkaner Strafzahlungen forderte, berief sich Raymond Vander Elst auf den freien Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Gemeinschaft (EG). Entsprechend hatte er für die befristete Entsendung seiner Drittstaaten-Angestellten nach Frankreich lediglich für einen Monat gültige Sichtvermerke beim französischen Konsulat in Brüssel eingeholt - nach Ansicht des OMI nicht ausreichend. 

Der Fall ging bis vor den EuGH, wo Vander Elst 1994 mit Verweis auf die damaligen Artikel 59 und 60 des EWG-Vertrags zur Regelung des freien Dienstleistungsverkehrs in der Gemeinschaft Recht bekam (EuGH v. 09.08.1994, Az. C-43/93).

Das Visum und die Voraussetzungen

Auf Basis des EuGH-Urteils von 1994 regelt das nach dem einstigen Kläger benannte Vander Elst-Visum bis heute die Leistungserbringung von Drittstaatsangehörigen in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat. Demnach können in EU und EWR ansässige Unternehmen Drittstaatenangehörige zeitlich befristet zur Erbringung einer Dienstleistung innerhalb der EU und des EWR entsenden, ohne dass eine Arbeitserlaubnis oder sonstige beschäftigungsrechtliche Genehmigungen erforderlich sind. 

Von dem Vander Elst-Visum kann Gebrauch gemacht werden, wenn: 

  • Drittstaatenangehörige ordnungsgemäß im Entsendeland (Mitgliedstaat der EU/des EWR) beschäftigt sind. 
  • die Entsendung vorübergehend und unter Beibehaltung der arbeitsrechtlichen Bindung des entsendenden Arbeitgebers stattfindet.
  • es sich bei der im Zielland ausgeführten Tätigkeit um eine befristete Dienstleistung handelt. Darunter fallen vorwiegend gewerbliche, handwerkliche, kaufmännische und freiberufliche Tätigkeiten. Nicht als Dienstleistungen zählen hingegen Tätigkeiten, die dem Warenverkehr, dem Personalverkehr (Freizügigkeit) oder dem Kapitalverkehr zuzuordnen sind.

Ein Visum nach Vander Elst ist nicht erforderlich, wenn: 

  • es sich um eine firmeninterne Entsendung handelt, also um vorübergehende Einsätze bei einer Zweigstelle oder Tochtergesellschaft des Unternehmens mit Sitz in der EU bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum.
  • Drittstaatenangehörige im Entsendeland langfristig aufenthaltsberechtigt sind (Status "Daueraufenthalt"), beim entsendenden Arbeitgeber ordnungsgemäß und seit mindestens sechs Monaten beschäftigt sind (Stammpersonal) und die vorübergehende Dienstleistung drei Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nicht überschreitet. 

Sie können das Visum nach Vander Elst bei den deutschen Auslandsvertretungen beantragen. Das Auswärtige Amt stellt ein entsprechendes Verzeichnis zur Verfügung.

Akzeptanz des Vander Elst-Visums je nach Zielland unterschiedlich

Ist eine Entsendung unter den genannten Bedingungen geplant, sollten Arbeitgeber eine rechtliche Beratung für den jeweiligen Einzelfall hinzuziehen. Denn: Ob und wann ein Vander Elst-Visum tatsächlich akzeptiert wird, ist je nach Zielland unterschiedlich und unter anderem abhängig vom jeweils geltenden Migrationsrecht und den auch innerhalb der EU sehr unterschiedlichen Aufenthaltstiteln. 

Weitere Informationen

Die Deutsche Botschaft in Pressburg beispielsweise informiert ausführlich auf ihrer Seite über das Visum.

Auch der Zoll bietet Informationen zu den verschiedenen Aufenthaltstiteln - inklusive Vander Elst-Visum.