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Eigentlich soll die Medizin gesund machen, aber manchmal macht sie unabsichtlich krank. Bei einer Krebserkrankung hat dies sehr häufig mit der Kommunikation zwischen Fachpersonal und Betroffenen zu tun. Forschende der Universität Leiden fanden jetzt heraus, welche konkreten Fehler Frauen mit Brustkrebs unnötig belasten. 

Kommunikationsstudie: Brustkrebs

Auf der Grundlage einer ausführlichen Recherche erstellten die Forschenden der Universität Leiden eine Online-Befragung mit 19 unterschiedlichen, typischen Gesprächssituationen rund um die Behandlung von Krebs. Befragt wurden Frauen, die unheilbar an Brustkrebs erkrankt sind. 

Ergebnisse: Der größte Teil der Frauen empfand mit über 88 Prozent vage Versprechungen als belastend, ebenso wenn der Entscheidungsprozess abgekürzt wird und Ärzte nicht richtig zuhören. Welche "Kommunikationsfehler" von den Frauen mit Brustkrebs als belastend erlebt werden, war in der Umfrage individuell verschieden. Besonders schwierig scheint es für das Fachpersonal zu sein, gemeinsam mit der betroffenen Frau über die weitere Therapie zu entscheiden, die Prognose gut zu vermitteln und Informationen in dem Maße weiterzugeben, wie sie die Frau verkraften kann.

Gute Gespräche - Selbst ist die Frau

Eine gute Kommunikation ist auch in der Medizin keine Einbahnstraße. Warten Sie deshalb nicht ab, sondern sagen Sie klar und deutlich, was sie brauchen oder empfinden. Damit dies gelingt, sollten Sie sich mit den folgenden Tipps auf das ärztliche Gespräch vorbereiten. 

1. Weitergabe von Informationen: 

  • Bei einer Krebserkrankung lösen Informationen Gefühle wie Angst oder Trauer aus. Dafür müssen sie sich nicht schämen, sondern dürfen im Gegenteil Zeit und Raum dafür in Anspruch nehmen.
  • Bestimmen Sie das Maß an Informationen, mit dem sie sich nicht überwältigt, sondern gut informiert fühlen. Das bedeutet klar zu sagen, wann Sie nichts mehr aufnehmen können. 
  • Fragen Sie immer nach, wenn Sie Fachwörter nicht verstehen. Fordern Sie, wenn nötig, eine einfache Sprache ein. 
  • Sollten Ihnen Informationen oder Versprechungen zu vage erscheinen, bitten Sie um eine konkretere Aussage. 

2. Gespräch über die Prognose:

  • Spüren Sie genau nach, ob Sie zu den Frauen gehören, die genau wissen wollen, wieviel Zeit ihnen zumindest statistisch gesehen bleibt oder nicht. 
  • Sagen Sie deutlich, dass Sie auch klar wissen möchten, wenn die Prognose unsicher ist.

3. Entscheidungsfindung über die Therapie:

  • Akzeptieren Sie nicht, wenn Ihnen eine Therapie ohne Gespräch vorgegeben wird. Nach aktuellem Stand der offiziellen Empfehlungen gehört die gemeinsame Entscheidungsfindung bei Brustkrebs mit zur Behandlung.
  • Fragen Sie gezielt nach, warum man ihnen eine Therapie empfiehlt, welche Vor-und Nachteile damit verbunden sind und welche Alternativen zur Wahl stehen.
  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, wenn sie mehr Zeit für eine Entscheidung brauchen. Sagen Sie deutlich, wenn Sie eine Nacht und mehr darüber schlafen möchten.

4. Fehlendes Einfühlungsvermögen:

  • Wenn Sie beispielsweise im Gespräch emotional heftig reagieren und Ihr gegenüber dies ignoriert, wenn nicht zugehört wird oder Beschwerden heruntergespielt werden, kann es hilfreich sein, dies mit einer "Ich-Botschaft" klar zu benennen.

    Beispiele für Ich-Botschaften: "Ich kann gerade vor Tränen nicht weiter zuhören, könnten wir eine kurze Pause machen, damit ich mich beruhigen kann?" 

    Oder: "Ich habe Ihnen gerade geschildert, wie schlecht ich schlafe und bisher noch keine Antwort darauf bekommen. Könnten Sie mir konkret sagen, was sich dagegen tun oder verordnen lässt?"
  • "Wir können jetzt nichts mehr für Sie tun", diese Aussage am Ende einer Erkrankung ist, wie Studien zeigen, sehr belastend und außerdem falsch. Denn die Palliativmedizin bietet auch in der Endphase zahlreiche Therapien und Möglichkeiten, das Leben zu erleichtern. Stellen Sie dieses Missverständnis richtig und fragen Sie nach den unterschiedlichen Möglichkeiten der Unterstützung.

Wichtig zu wissen: Übermittelt man Ihnen eine schlechte Prognose, empfinden viele Frauen die Ausweglosigkeit als sehr belastend. Fordern Sie deshalb Ihr Gegenüber auf, auch über die positiven Ausnahmen zu informieren. Dies kann Hoffnung machen, auch wenn es anders kommt. 

Sprechende Medizin immer noch unterschätzt

Warum Ärzte und Ärztinnen in der Onkologie nicht immer den richtigen Ton treffen oder nicht wirklich zuhören, hat verschiedene Ursachen. Ein wichtiger Faktor ist die Ausbildung an medizinischen Universitäten, die erst seit kurzem Kommunikationstrainings anbieten. Im klinischen Alltag finden diese neu erlernten Fähigkeiten wenig Beachtung und werden nur sehr selten regelmäßig "trainiert". Personal-Knappheit und Stress durch Überforderung zählen ebenfalls zu den Ursachen, die momentan den Alltag in Krebskliniken und Praxen bestimmen. Dies stellt keine Entschuldigung dar, aber eine Aufforderung sich als Betroffene aktiv an der Kommunikation zu beteiligen.