Um das Verfahren zu beschleunigen und die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zu entlasten, wurde das Statusfeststellungsverfahren zum 1. April 2022 überarbeitet. Es handelt sich um eine probeweise Anpassung, die zunächst bis zum 30. Juni 2027 befristet ist und in dieser Zeit evaluiert werden soll. Danach wird entschieden, ob sich die Änderungen bewährt haben und beibehalten werden sollen. Diese Neuerungen wurden eingeführt:

Keine versicherungsrechtliche Beurteilung

Anders als bisher stellt die DRV nun nur noch fest, ob der Betroffene den Status eines Arbeitnehmers hat oder nicht. Ob er auch sozialversicherungspflichtig ist oder nicht, entscheidet der Arbeitgeber.

Feststellung vor Aufnahme der Tätigkeit

Neu ist außerdem, dass schon vor Aufnahme der Tätigkeit eine Anfrage zur Statusfeststellung bei der DRV Bund gestellt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass ein entsprechender Vertrag bereits ausformuliert wurde und die Details der Vertragsdurchführung feststehen. Diese sogenannte Prognoseentscheidung bindet alle Beteiligten und ist in vollem Umfang wirksam. Ändert sich etwas an den Verhältnissen, müssen die Beteiligten die DRV darüber informieren. Diese prüft daraufhin, ob sich dadurch etwas an der Entscheidung ändert.

Gruppenfeststellung für gleichartige Beschäftigungsverhältnisse

Ebenfalls neu ist die Möglichkeit einer Gruppenfeststellung. Dabei wird für gleichartige Beschäftigungs- oder Auftragsverhältnisse über den Status eine Grundsatzentscheidung getroffen. Die Gruppenfeststellung kann nur vom Arbeitgeber beantragt werden. Und sie kann nur erfolgen, wenn die Tätigkeiten in Art und Umständen übereinstimmen und wenn die vertraglichen Vereinbarungen einheitlich sind. Dabei sind geringfügige Abweichungen grundsätzlich unschädlich.

In der Gruppenfeststellung gibt die DRV folgende Inhalte an:

  • Art der Tätigkeit
  • Vertragliche Vereinbarungen
  • Umstände der Ausübung
  • Erwerbsstatus
  • Rechtswirkung

Auf der Basis der von der DRV getroffenen Gruppenentscheidung stellt der Arbeitgeber die Sozialversicherungspflicht fest.

Verbindliche Feststellung des Arbeitgebers 

Sind an einem Arbeitsverhältnis Dritte beteiligt wie zum Beispiel Subunternehmen, muss geklärt werden, ob es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt und wer der Arbeitgeber des Beschäftigten ist. Kommt die DRV zum Ergebnis, dass ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, trifft sie zugleich die Entscheidung, wer als Arbeitgeber verantwortlich ist. 

Widerspruchsverfahren: mündliche Anhörung

Eine weitere Neuerung gibt es beim Widerspruchsverfahren. Wenn eine oder beide Parteien mit der Entscheidung der DRV nicht einverstanden sind, können sie innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids Widerspruch einlegen. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten eine mündliche Anhörung beantragen. Dadurch soll das Verfahren beschleunigt werden.

Gemeinsames Rundschreiben

Die Spitzenverbände der Sozialversicherung haben zum Statusfeststellungsverfahren ein gemeinsames Rundschreiben zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen (PDF, 1.4 MB)  herausgegeben.

Wann ist das Statusfeststellungsverfahren erforderlich?

Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ist in der Regel sozialversicherungspflichtig. Allerdings stellt sich häufig die Frage, ob überhaupt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder ob es sich um eine selbstständige Tätigkeit oder um einen Werk- oder Dienstvertrag handelt. Ähnlich schwierig kann die Entscheidung sein, wenn Familienangehörige im Betrieb mitarbeiten: Dann muss geklärt werden, ob es sich um ein "echtes" Beschäftigungsverhältnis handelt oder eher um eine familienhafte Mitarbeit. Auch bei Mitarbeitenden, die am Unternehmen beteiligt sind, ist die Statusfeststellung nicht ganz einfach, etwa bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH. 

Für Unternehmen ist es jedoch wichtig, möglichst frühzeitig Klarheit zu haben, damit es nicht später bei einer Betriebsprüfung durch die DRV zu unliebsamen Überraschungen und möglicherweise Beitragsnachforderungen kommt. 

Deswegen wurde das Statusfeststellungsverfahren eingeführt. Bei diesem Verfahren überprüft die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung das Verhältnis der betroffenen Parteien und stellt fest, ob es sich um eine abhängige und damit auch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt. Bei einigen Konstellationen muss der Status geprüft werden, bei anderen ist er auf Antrag möglich. Die Prüfung durch die DRV ist kostenfrei.

Das obligatorische Verfahren 

Für die häufigsten und schwierigsten Fälle hat der Gesetzgeber eine obligatorische Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens vorgeschrieben. Das sind die Fälle, in denen 

  • Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner eines Arbeitgebers sowie deren Kinder und Enkel und/oder
  • Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH 

beschäftigt werden. Damit die DRV die Personen identifizieren und die Prüfung einleiten kann, ist bei der Anmeldung im Meldeverfahren ein entsprechendes Kennzeichen zu setzen:

  • Schlüsselzahl "1" für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz sowie Kinder und Enkel
  • Schlüsselzahl "2" für geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH
  • Schlüsselzahl "0" für alle anderen Fälle

Das freiwillige Verfahren

Wenn kein obligatorisches Verfahren erforderlich ist, können Arbeitgeber oder Arbeitnehmer dennoch das Statusfeststellungsverfahren schriftlich bei der DRV Bund beantragen. Weitere Informationen und rechtliche Hintergründe zum Verfahren auf Antrag finden Sie ebenfalls bei der DRV Bund.

Sozialversicherungspflicht kann auf Antrag verschoben werden

Da die Prüfung durch die DRV eine Weile dauern kann, gibt es beim freiwilligen Verfahren eine Sonderregelung für den Beginn der Sozialversicherungspflicht: Dabei kann die Sozialversicherungspflicht, die normalerweise ab dem ersten Beschäftigungstag gilt, auf Antrag hinausgeschoben werden. In diesem Fall beginnt die Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe des Statusbescheides. Dafür müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Beginn der Beschäftigung gestellt werden.
  • Der Beschäftigte muss zustimmen.
  • Der Beschäftigte muss für die Zwischenzeit abgesichert sein: Sein Versicherungsschutz muss den Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entsprechen.

Wird der Beginn der Versicherungspflicht nicht hinausgeschoben, werden die Sozialversicherungsbeiträge trotzdem nicht sofort fällig, sondern erst nach Abschluss des Verfahrens. Deswegen empfiehlt es sich, für diesen Fall eine entsprechende Rücklage zu bilden.