Vertragsgestaltung: Auf was es bei Entsendungen ankommt
Die Gestaltung des Entsendevertrags ist der erste entscheidende Schritt bei Auslandsentsendungen. Eine präzise Vertragsgestaltung schützt gleichzeitig Arbeitgeber und Mitarbeitende. Doch worauf müssen Sie achten, wenn Sie Beschäftigte vorübergehend in ein anderes Land entsenden? Dieser Leitfaden fasst die wichtigsten Punkte zusammen.
Rechtliche Grundlage der Entsendung
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat in einem Urteil klargestellt: Bei Entsendungen kommt es auf das konkrete Berufsbild und Tätigkeitsprofil an.
Dauert eine Entsendung länger als einen Monat, müssen alle wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festgehalten werden.
Die Rechtsgrundlage ist hierfür § 2 Abs. 2 NachwG .
Klarheit von Anfang an
Am besten verankern Sie gleich zu Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses die Option einer möglichen Auslandstätigkeit im Arbeitsvertrag.
Wenn der Arbeitsort im Vertrag nicht genau festgelegt ist, können Sie als Arbeitgeber den Einsatzort nach dem Direktionsrecht bestimmen ( § 106 Satz 1 GewO - Gewerbeordnung).
Rechtsanwältin Katharina Vorländer von Fragomen Global LLP rät: "Wer regelmäßig ins Ausland entsendet, sollte grundsätzlich dies als Option von vornherein in den Arbeitsvertrag aufnehmen. Damit ersparen Sie sich mögliche spätere Komplikationen und haben eine eindeutige Basis.".
Modelle der Vertragsgestaltung bei Entsendungen
Einvertragsmodell
Beim Einvertragsmodell wird der Arbeitsvertrag direkt für den Auslandseinsatz geschlossen. Dieser Vertrag regelt alle Bedingungen während der Entsendung.
Mehrvertragsmodell
Beim Mehrvertragsmodell wird zusätzlich zum bestehenden Vertrag ein Entsendungsvertrag abgeschlossen. Während des Auslandseinsatzes ruht dann der ursprüngliche Arbeitsvertrag.
Entsenderichtlinie und internationales Arbeitsrecht
Nach der aktuellen EU-Entsenderichtlinie dürfen Entsendungen grundsätzlich maximal 18 Monate dauern.
Wichtig: Um rechtliche Risiken zu vermeiden, sollten Sie als Arbeitgeber prüfen, ob und wie lange lokale Verträge verlängert werden dürfen.
Omer Dotou, Leiter Global-Mobility-Services von BDAE Consult, erklärt: "Wenn Sie zum Beispiel für eine Entsendung nach Frankreich einen Mitarbeiter mit einem lokalen Arbeitsvertrag vor Ort anstellen, ist sein Vertrag nur unter bestimmten Bedingungen verlängerbar. Nach dem französischen Arbeitsrecht müsste er in diesen Fall entfristet werden".
Sozialversicherung während des Auslandseinsatzes
Innerhalb der EU, der EWR-Staaten, der Schweiz, Großbritanniens und Nordirlands bleibt die deutsche Sozialversicherung bestehen, solange der deutsche Arbeitsvertrag weiter besteht und der deutsche Arbeitgeber das Weisungsrecht behält.
In diesem Fall greift der Grundsatz der Ausstrahlung .
Das bedeutet: Mitarbeitende bleiben in Deutschland sozialversichert und weisen dies über eine A1-Bescheinigung nach.
Wichtig: Die maximale Entsendedauer beträgt 24 Monate. Danach gilt das Sozialversicherungsrecht des Gastlandes.
In Ausnahmefällen kann der Entsendezeitraum durch eine Ausnahmevereinbarung verlängert werden.
Auch außerhalb der EU gibt es über bilaterale Verträge entsprechende Regelungen mit Abkommenstaaten , die allerdings bezogen auf den Zeitraum deutlich variieren.
Krankenversicherung und Leistungen im Ausland
In Deutschland Versicherte, die im Auslandseinsatz erkranken, erhalten vom Arbeitgeber die ihnen nach dem Sozialgesetzbuch zustehenden Leistungen ( § 17 SGB V ).
Auch familienversicherte Angehörige bleiben geschützt. Für Arbeitgeber gilt: Anspruch auf die Leistungen haben Beschäftigte auch dann, wenn die Kosten im Ausland deutlich über den in Deutschland üblichen Kosten liegen.
Die Krankenkasse erstattet dem Arbeitgeber die von ihm verauslagten Kosten nur bis zu der Höhe, die ihr im Inland entstanden wäre.
Arbeitszeiten und Vergütung
Wie viele Wochenstunden beträgt die Arbeitszeit im Einsatzland? Welcher Mindestlohn gilt? Bei Entsendungen gelten die Arbeitszeiten und Vergütungsbedingungen des Einsatzlandes.
Reisekosten, Unterbringungskosten und Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld
Nach der EU-Entsenderichtlinie EG 96/71/EG gelten im Tätigkeitsstaat die gleichen Rechte für alle EU-Staatsbürger:innen. Demnach dürfen Arbeitgeber keine Reisekosten, Verpflegungskosten oder Unterbringungskosten vom Lohn abziehen.
Stattdessen müssen Arbeitgeber diese übernehmen und eine angemessene Unterbringung sicherstellen.
"Neben dem gesetzlichen Mindestlohn haben Mitarbeitende einen gesetzlichen Anspruch auf sämtliche Lohnbestandteile, die im geltenden Tarifvertrag oder per Gesetz verbindlich vorgeschrieben sind. Auch Prämien und Zulagen wie Weihnachtsgeld oder Schlechtwetterzuschläge müssen nun bei der Vergütung berücksichtigt werden", betont Dotou.
Welche Arbeitsbedingungen und welcher Tarifvertrag gelten im Ausland?
Bei Entsendungen sollten Sie sich mit den Arbeits- und Vergütungsbedingungen befassen, die im Einsatzland gelten. Wichtig ist außerdem, dass Sie diese bei der Vertragsgestaltung berücksichtigen. Über die Rahmenbedingungen im jeweiligen Land soll EU-weit künftig eine einheitliche Datenbank aufklären, in der auch sämtliche Tarifverträge hinterlegt sein werden.
Weitere Infos zum Thema "Angemessene Mindestlöhne in der EU" finden Sie auf der Seite des Europäischen Rates.
Oft leisten Expats wesentlich mehr Arbeitsstunden als im Heimatland üblich. "Deshalb sollte vertraglich festgelegt sein, wie die entsendungsbedingte Mehrarbeit ausgeglichen werden soll", betont Katharina Vorländer, Rechtsanwältin bei Fragomen Global LLP.
Nach der Entsendung: Rückkehrregelung und Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses
Auch die Rückkehr sollte bereits vor der Abreise festgelegt werden. Eine sogenannte Wiederauflebensklausel sorgt dafür, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag nach dem Auslandseinsatz wieder gilt.
Mustervorlagen und praktische Hilfen
Bei TK-Lex finden Sie einen Mustervertrag und eine Ruhensvereinbarung .
Wichtig: Eine einheitliche Vorlage kann die Vertragsgestaltung erleichtern - sollte aber immer individuell angepasst werden. "Speziell zu Nachteilsausgleichen, festgelegten Arbeits- und Urlaubszeiten sowie Kostenerstattungen sollten allzu große Differenzen zwischen Mitarbeitern unbedingt vermieden werden", empfiehlt Rechtsanwältin Vorländer.
Außerdem gibt es dort auch eine praktische Checkliste für alle wichtigen Aufgaben bei Entsendungen. Diese Liste deckt das alles ab:
- Stellenbeschreibung
- Mitarbeitenden-Auswahl
- Vertragsgespräche
- Ausreisevorbereitung
- Betreuung während des Einsatzes
- Reintegration
Mehr Infos
- In der TK-Beilage zur Zeitschrift Personalwirtschaft sind weitere Infos zusammengestellt: Auslandsentsendung - Richtig planen in der Praxis (PDF, 1.7 MB)
- Und auch über das EURES-Portal sowie das EU-Portal Your Europe finden Sie noch mehr Infos zum Thema.