Urteil: Arbeitgeber durfte Entgeltfortzahlung bei bestimmter Online-Krankschreibung verweigern
Eine bestimmte Online-Krankschreibung ohne persönlichen oder telefonischen Arztkontakt erfüllte nicht die Voraussetzungen für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - so das Arbeitsgericht Berlin in einem Fall von 2021. Der Arbeitgeber durfte die Lohnfortzahlung verweigern.
Wenn Arbeitnehmer krankheitsbedingt ausfallen, müssen sie eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorweisen, um ihr Entgelt weiterhin zu bekommen.
Wie und von wem diese AU-Bescheinigung ausgestellt werden darf, verhandelte das Arbeitsgericht Berlin in einem Fall von 2021.
Zu dieser Zeit galten Sonderregelungen aufgrund der Coronapandemie für die Ausstellung von AU-Bescheinigungen: Bei leichten Atemwegserkrankungen war eine telefonische Krankschreibung möglich. Außerdem waren und sind Krankschreibungen per Videosprechstunde unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dennoch bietet nicht jedes telemedizinische Angebot eine rechtssichere Krankschreibung.
Der Fall: Arbeitgeber akzeptierte Online-Krankschreibung nicht
Im verhandelten Fall legte der Arbeitnehmer zum Beweis seiner Arbeitsunfähigkeit AU-Bescheinigungen vor, die er sich über ein spezielles Internetportal ausstellen ließ. Die Krankschreibung erfolgte ohne einen persönlichen oder telefonischen Kontakt zum Arzt. Der Arbeitnehmer musste lediglich einige Fragen zu seiner Krankheit online beantworten.
Der Arbeitgeber wollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht anerkennen und lehnte die Entgeltfortzahlung ab. Der Arbeitnehmer klagte daraufhin vor Gericht. Seine Begründung: Er wollte aufgrund der Coronapandemie einen Besuch in der Arztpraxis vermeiden.
Kein Beweis der Arbeitsunfähigkeit ohne Arztkontakt
Das Arbeitsgericht Berlin gab dem Arbeitgeber Recht: Es entschied, dass der Arbeitgeber in diesem Fall nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen habe. Die Online-Krankschreibungen waren aus Sicht des Gerichts nicht geeignet, die Arbeitsunfähigkeit zu beweisen.
Für eine "ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" im Sinne der BAG-Rechtsprechung fehle es an einer ärztlichen Untersuchung des Arbeitnehmers, stellte das Gericht fest. Weder habe ein Arzt mit dem Arbeitnehmer ein persönliches oder telefonisches Gespräch geführt, noch ihn persönlich untersucht. Auch gab es keine bestehende Patientenbeziehung.
Krankschreibung per Telefon bleibt vorerst pandemiebedingte Ausnahme
Daran änderten nach Auffassung der Berliner Richter auch die neuen Bestimmungen aufgrund der Coronapandemie nichts. Die zu der Zeit bestehende Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung war eine Maßnahme, um das Ansteckungsrisiko in einer Ausnahmesituation wie der Covid-19-Pandemie zu verringern. Selbst in einer solchen Ausnahmesituation sei zumindest ein telefonischer Kontakt zwischen Arzt und Patient erforderlich, um eine Diagnose zu stellen.
Aktuell gibt es Pläne, die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung unter bestimmten Voraussetzungen dauerhaft wieder einzuführen. Mehr dazu finden Sie in unserem Artikel:
Krankschreibung per Telefon soll wieder eingeführt werden