Trotz Erkrankung arbeiten viele Beschäftigte im Homeoffice oder im Betrieb. Man spricht dann von Präsentismus. Mitarbeitende sind zwar anwesend, aber aufgrund tatsächlicher Gesundheitsprobleme nicht voll leistungsfähig. Das führt häufig zu Produktivitätsverlusten. Bei Anwesenheit im Betrieb kann die erkrankte Person zudem weitere Kolleginnen und Kollegen anstecken.

Daher sollte eigentlich gelten: Wer krankgeschrieben ist, arbeitet nicht, sondern kuriert sich aus.

Allerdings gibt es auch den Fall, dass man vor Ablauf der Krankschreibung wieder fit wird oder sich so weit arbeitsfähig fühlt, dass man zum Beispiel dringende Termine wahrnehmen kann. Was gilt dann rechtlich? Und dürfen Arbeitgeber darauf bestehen, dass Beschäftigte trotz Erkrankung arbeiten?

Rechtliche Lage aus Sicht der Beschäftigten

Grundsätzlich stellt eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kein Arbeitsverbot dar, sondern gibt eine ärztliche Prognose ab, wie der Krankheitsverlauf erwartet wird. Das bedeutet, aus rechtlicher Sicht können Beschäftigte trotz Krankschreibung arbeiten, wenn sie sich arbeitsfähig fühlen.

Auch versicherungsrechtlich ergeben sich keine Bedenken gemäß den Regelungen für die Unfallversicherung in §§ 2 Abs. 1 Nr.1 sowie 8 Abs. 2 SGB VII und für die Krankenversicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Anderes gilt für Beschäftigungsverbote wie beispielsweise für Schwangere. 

Beschäftigte dürfen ihre Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber jedoch nicht verheimlichen. Wenn absehbar ist, dass sie mit einer vorzeitigen Arbeitsaufnahme ihre Genesung gefährden oder gar den Krankheitszustand verschlimmern, sollten sie die Dauer der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit abwarten. Auch in ihrer Freizeit sollten sie nichts unternehmen, was die eigene Genesung gefährdet.

Rechtliche Lage aus Sicht der Arbeitgeber: Arbeitgeber haben Fürsorgepflicht

Sind Beschäftigte arbeitsunfähig und werden vom Arbeitgeber dennoch eingesetzt, so kann dieser gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen und sich schadensersatzpflichtig machen. 

Von Arbeitsunfähigkeit spricht man, wenn der oder die Arbeitnehmende objektiv nicht mehr in der Lage ist, die ihm oder ihr nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten oder Gefahr läuft, durch die Arbeit in absehbarer Zeit seinen oder ihren Zustand zu verschlimmern.

Arbeitgeber dürfen von ihren Beschäftigten also nicht verlangen, trotz Krankschreibung zu arbeiten.

Kommen Beschäftigte, die offiziell krankgeschrieben sind, freiwillig (vorzeitig) wieder zur Arbeit, sollten sich Arbeitgeber vergewissern, ob die Personen tatsächlich einen einsatzfähigen Eindruck machen. Ist dies der Fall, genügt die Erklärung des oder der Beschäftigten.

Gesundschreibung verlangen bei Zweifeln?

Auch wenn Arbeitgeber immer wieder eine Gesundschreibung fordern - im deutschen Gesundheitswesen gibt es eine solche grundsätzlich nicht. Ist der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin offensichtlich topfit, kann er oder sie auch trotz Krankschreibung einfach wieder arbeiten.

Falls aber besondere Umstände die Vermutung nahelegen, dass Beschäftigte noch nicht wieder arbeitsfähig sind, muss der Arbeitgeber notfalls im Rahmen seiner Fürsorgepflicht den Betriebsarzt einschalten oder anderweitig den Gesundheitszustand des Arbeitnehmenden überprüfen lassen. In diesem Fall kann eine ärztliche Bestätigung erforderlich sein, die den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin für arbeitsfähig erklärt. 

Trotz Krankschreibung arbeiten: Versicherungsschutz

Beschäftigte, die trotz Krankschreibung ihre Arbeit vorzeitig wieder aufnehmen, haben den üblichen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung und in der Krankenversicherung. Der Versicherungsschutz umfasst auch die Wege zum Betrieb. Grundsätzlich gilt dies auch für eine kurzzeitige Arbeitsaufnahme. Dies setzt jedoch immer voraus, dass die Person das selbst möchte und ihre Genesung damit nicht gefährdet.

Ratsam ist in allen Fällen eine vorherige Kontaktaufnahme zum Arbeitgeber. So ist bei einem möglichen Unfall klar, dass es sich im Zweifel um einen Wegeunfall handelt.

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