Die DiGA bieten eine große Chance für die gesundheitliche Versorgung von Patientinnen und Patienten. Sie können helfen, Krankheiten zu erkennen, deren Verlauf zu überwachen und zu behandeln. Seit Oktober 2020 erstatten Krankenkassen die Kosten für die Apps auf Rezept - Zeit für eine Bilanz. 

DiGA werden genutzt

Seit DiGA-Start wurden von der TK in Schleswig-Holstein rund 3.140 DiGA-Anträge bewilligt. Bundesweit wurden rund 100.000 Anträge gestellt. Die Zahlen steigen kontinuierlich an. Die TOP drei DiGA, auf die sich fast die Hälfte aller gestellten Anträge beziehen, entfallen auf die Themen Rückenschmerzen, Adipositas und Tinnitus. 

Mit einem Anteil von über 67 Prozent sind es deutlich mehr weibliche DiGA-Nutzerinnen als männliche (33 Prozent). Das Durchschnittsalter insgesamt liegt bei etwa 45 Jahren. In einer Befragung für den DiGA-Report 2022 gaben 84 Prozent der TK-Versicherten an, dass sie diese mindestens einmal pro Woche nutzen. Zehn Prozent nutzen die App einmal im Monat, sechs Prozent niemals. Dass ihnen die DiGA geholfen hat die Beschwerden zu lindern, gaben 20 Prozent der Befragten an. 46 Prozent stimmten eher zu. 34 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer gaben an, dass die DiGA ihnen bei ihrer Krankheit nicht oder eher nicht geholfen hat. 

Viele Apps auf dem Markt - oft ohne Nutzennachweis 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) prüft, welche Apps von den Krankenkassen übernommen werden können. Sieht man sich die Zahlen der seit 2020 von den Herstellern eingereichten Anträge auf Prüfung ihrer DiGA an, stellt man fest, dass viel in Bewegung ist. Insgesamt 157 Anträge wurden zur Prüfung eingereicht, davon 122 zur vorläufigen Aufnahme zur Erprobung und 35 zur dauerhaften Aufnahme. Aktuell sind im DiGA-Verzeichnis 33 Anwendungen gelistet. 14 Anträge wurden negativ beschieden, 86 zurückgezogen. Fünf Apps wurden nach dem Erprobungsjahr wieder aus dem Verzeichnis gestrichen. Drei, weil kein Nutzennachweis erbracht werden konnte, zwei auf Antrag des Herstellers. Aktuell in Bearbeitung sind 19 Anträge.   

Der weit überwiegende Teil der Hersteller kann zum Start noch keinen Nutzennachweis erbringen. Deswegen stellen die Anbieter nur einen Antrag auf vorläufige Aufnahme zur Erprobung und müssen dann den Nachweis erst nach einem Jahr erbringen. Gelingt dies nicht, kann die Erprobungsphase verlängert werden. 

Darüber hinaus können die Anbieter die Preise im ersten Jahr frei bestimmen. Erst danach finden Verhandlungen statt. Gelingt keine Einigung, werden die Preise in einem Schiedsverfahren festgelegt. Die neuen Preise liegen dann oft deutlich unter dem Preis im Einführungsjahr. Dies kann dann dazu führen, dass Anbieter ihre App aus wirtschaftlichen Gründen wieder vom Markt nehmen. 

Medizinischen Nutzen sicherstellen - Preise transparent gestalten

DiGA sind noch eine sehr neue Möglichkeit, die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten zu unterstützen. Im Vordergrund muss der medizinische Nutzen stehen. Die bisherige Erfahrung zeigt aber, dass der tatsächliche Nutzen vieler DiGA, die zur Erprobung zugelassen werden und bereits zum Einsatz in der Versorgung kommen, für die Patientinnen und Patienten lange Zeit infrage steht oder in Einzelfällen überhaupt nicht nachgewiesen werden kann. Hier muss das Bewertungs- und Zulassungsverfahren überprüft und weiterentwickelt werden, um die Versorgungssicherheit mit Apps optimaler zu gestalten. 

Fehlende Evidenznachweise haben zur Folge, dass auch eine angemessene Preisgestaltung schwierig ist. Aktuell ist erfolgt diese seitens der App-Entwickler nicht immer transparent. Die Differenz zwischen Einführungspreis nach Zulassung und dem Verhandlungspreis ein Jahr nach der Zulassung ist teilweise erheblich und muss, ebenso wie das Bewertungs- und Zulassungsverfahren, anhand vorliegender Erfahrungen weiterentwickelt werden. 

Fazit

Die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Unterstützung der DiGA hat Vorteile: Sie kann zeit- und ortsabhängig genutzt werden und ergänzt die analoge Therapie durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern mit die höchsten Verordnungsquoten hat. Für ein eher ländlich geprägtes Bundesland ein potenziell erfreulicher Befund, soll die zunehmende Digitalisierung der Versorgung doch auch dabei helfen, die ländlichen Regionen besser an die Versorgung anzubinden.

Mit Blick auf die in den letzten zwei Jahren gewonnenen Erkenntnisse bleibt festzuhalten: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen nachgeschärft werden, um den medizinischen Nutzen für die Patientinnen und Patienten sicherzustellen und damit die Kosten im Vergleich zur analogen Therapie in einem angemessenen Rahmen bleiben.

Die TK-Migräne-App: Echter Nutzen für Betroffene nachgewiesen

Die TK-Migräne-App - im engeren Sinne keine DiGA - ist ein gutes Beispiel für eine kostenlos zur Verfügung stehende App, die Patientinnen und Patienten wissenschaftlich belegt einen echten Nutzen bringt. Sie hilft Kopfschmerz-Betroffenen und Migräne-Patientinnen und -Patienten gezielt, ihre Beschwerden besser zu verstehen und Schmerzattacken entgegenzuwirken. Die TK-Migräne-App ist gemeinsam mit Fachleuten der Schmerzklinik Kiel sowie Selbsthilfegruppen entwickelt und seit ihrer Einführung im Jahr 2018 bereits über 520.000 Mal heruntergeladen worden.

TK-Posi­tion zu Digi­talen Gesund­heits­an­wen­dungen

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