TK spezial: In ihrer Koalitionsvereinbarung stellen SPD und CDU die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft als die zentrale Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Niedersachsen heraus. Konkrete Ziele, Maßnahmen und Zeitpläne bündelt Ihr Ministerium in einem "Masterplan Digitalisierung". Wo steht Niedersachsen derzeit in puncto Digitalisierung und welche Ziele gibt es für den Bereich Gesundheit?

Stefan Muhle: Wir wollen aufholen, wenn es um die Digitalisierung geht. Niedersachsen hat Nachholbedarf, wie alle anderen Bundesländer auch, wenn es um die digitale Infrastruktur geht. Darauf legen wir jetzt einen Schwerpunkt unserer Arbeit: eine flächendeckende Versorgung aller Menschen mit schnellem Internet und stabile Mobilfunktechnologie. Was die Digitalisierung als solche angeht, sehe ich Niedersachsen gut unterwegs. Digitale Praxis gibt es in allen Branchen, gerade auch im Gesundheitsbereich. In den Krankenhäusern gibt es zahlreiche eingespielte digitale Abläufe, es gibt viele Ansätze zur Implementierung der Telemedizin und vor allem in den Unternehmen der Gesundheitsbranche eine große Aufgeschlossenheit für digitale und digitaleren Ansätze. Allerdings ist auch überall noch Luft nach oben.

TK spezial: Sie haben als Kreisrat in Osnabrück viele Erfahrungen im direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern sammeln können. Wie können Sie diese Vorerfahrung für Ihre Aufgabe als Staatssekretär für Digitalisierung nutzen?

Muhle: Das Gespräch mit den Menschen ist und bleibt für mich der wichtigste Baustein einer gelungenen Digitalisierungsstrategie. Ich bin nicht derjenige der sagt, wir in Hannover geben jetzt alles vor. Digitalisierung funktioniert als laufender Prozess: mutig auf den Weg machen, klare Ziele verfolgen, schauen, was funktioniert und wo man schief liegt, die Wege korrigieren.

TK spezial: Als Flächenland steht Niedersachsen vor besonderen Herausforderungen, allen Bürgerinnen und Bürgern denselben Zugang zur Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Welche Erwartungen an die verschiedenen Akteure haben Sie und wo sehen Sie die Rolle der Landesregierung in Bezug auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen?

Muhle: Nur durch eine zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen kann es uns gelingen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern und dauerhaft eine hochwertige, patientenorientierte Versorgung sicher zu stellen. Die Landesregierung hat bereits eine Vielzahl von innovativen Projekten im Bereich Digitalisierung auf den Weg gebracht. Auch zukünftig werden wir gemeinsam mit den Akteuren im Gesundheitswesen intensiv am Thema "Fachkräftemangel im Gesundheitswesen" arbeiten. Weitere telemedizinische Projekte sind notwendig, um die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen zu verbessern. Hier ist unser Wunsch, dass diese dann auch schnellstmöglich in die Regelversorgung aufgenommen werden. Darüber hinaus gilt es, die IT-Infrastruktur in Krankenhäusern zu verbessern - hier wird die Landesregierung bei den Universitätskliniken ihren Beitrag leisten.

TK spezial: Wie verändert die Digitalisierung unsere Gesellschaft? Sind Roboter in Zukunft unsere "ziemlich besten Freunde"?

Muhle: Wir erleben schon jetzt eine große Veränderung. Am Frühstückstisch spielen e-Paper auf dem Tablet eine ebenso große Rolle wie die Smartphones, mit denen gecheckt wird, ob vielleicht die erste Schulstunde ausfällt. Vieles ist bereits selbstverständlicher Alltag geworden, anderes bedarf noch der Gewöhnung. Am Arbeitsplatz, aber auch zuhause, werden Roboter Einzug halten. Nicht als beste Freuende, sondern als hilfreiche Ergänzung, an Nutzen und Arbeitserleichterung orientiert.

TK spezial: Als Vater von zwei Kindern erleben Sie möglicherweise auch unmittelbar, wie Smartphone und neue Medien das Verhalten von Kindern prägen. Benötigen Kinder und Jugendliche Orientierung und Hilfestellung und wer sollte diese Aufgabe übernehmen?

Muhle: Unterm Strich brauchen wir alle Orientierung und gute Ratschläge, wenn es um neue Medien geht. Wir sollten uns hier gegenseitig unterstützen. Wir erleben heute, dass Kinder häufig einen Kompetenzvorsprung bei der Nutzung neuer Medien haben. Das sollten wir uns als Erwachsene noch viel stärker zu Nutzen machen. Andererseits können wir Erwachsenen vielleicht Gefahren und Risiken besser abschätzen. Es gibt hier ein ganz großes Thema, wo Familien untereinander lernen und Hilfestellung geben können. Ich gebe keine Ratschläge. Aber sich dies zu vergegenwärtigen, kann zuhause eine ganz neue Diskussionskultur bringen.

TK spezial: Vielen Dank Herr Muhle