„Die ePA hat ein großes Potential, die Patientenversorgung zu verbessern“
Interview aus Rheinland-Pfalz
Ein Interview mit Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz.
TK: Dr. Matheis, die elektronische Patientenakte (ePA) zählt seit Jahren zu den größten Digitalprojekten im Gesundheitswesen. Sie soll nicht nur die Vernetzung der Akteure verbessern, sondern auch mehr Transparenz und Behandlungsqualität ermöglichen, beispielsweise durch den orts- und zeitunabhängigen Zugriff auf Arztbriefe und Laborwerte. Wie bewerten Sie den bisherigen Weg der ePA?
Ihr Potential kann die ePA erst entfalten, wenn sie richtig genutzt wird.
Dr. Günther Matheis: Die ePA hat ein großes Potenzial, die Patientenversorgung zu verbessern. Beispielsweise durch die Speicherung von wichtigen Befunden, dem Medikationsplan und Notfalldaten ist ein Datenaustausch zu Vorerkrankungen besonders bei Notfällen möglich. Zudem lassen sich mit den Daten Behandlungen besser koordinieren, Risiken schneller erkennen und Doppeluntersuchungen vermeiden. Dieses Potential kann die ePA erst entfalten, wenn sie richtig genutzt wird. In der Testphase in den Modellregionen hat sich gezeigt, dass die Praktikabilität noch nicht vollumfänglich gegeben ist. Daran muss noch gearbeitet werden.
Dr. Günther Matheis
TK: Seit dem 1. Oktober 2025 ist die Nutzung der elektronischen Patientenakte für Apotheken, Krankenhäuser und Arztpraxen verpflichtend. Damit die ePA ihr ganzes Potential entfalten kann, muss sie aber vollständig im Praxisalltag integriert sein. Wo ist der Einsatz der ePA schon jetzt erfolgreich und wo besteht - aus Ihrer Sicht - noch Unterstützungsbedarf?
Dr. Matheis: Besonders nützlich im Praxisalltag ist bereits die Medikationsliste, die automatisch mit Informationen zu verordneten Arzneimitteln befüllt wird. So können Behandlungen arztübergreifend besser aufeinander abgestimmt werden.
Unterstützung braucht es noch auf technischer Ebene: Die ePA muss in die bestehende Praxissoftware integriert werden, damit es keinen Mehraufwand bedeutet und ohne zusätzliche Zeit im ärztlichen Alltag genutzt werden kann. Die Praxissoftwarehersteller müssen hier dringend an einer Lösung arbeiten. Spätestens ab Januar 2026 dürfen Ärztinnen und Ärzte nur noch Systeme nutzen, die mit der ePA kompatibel sind. Diese Zulassung bestimmter Praxisverwaltungssysteme wird eine Herausforderung. Hier braucht es eine sinnvolle Übergangsregelung.
TK: In ihrem aktuellen Positionspapier spricht sich die TK für eine Vereinfachung des Registrierungsprozesses und mehr Unterstützung aller Akteure im Gesundheitswesen aus. Welche Maßnahmen wären Ihres Erachtens erforderlich, um die Nutzung der ePA im Versorgungsalltag weiter zu fördern?
Auch Patienten müssen bei Entwicklungen mit eingebunden werden.
Dr. Matheis: In erster Linie müssen die technischen Voraussetzungen geschaffen sein, um die ePA im Versorgungsalltag zu integrieren. Zudem sollte das System praktisch gut anzuwenden sein. Die Befüllung der Patientenakte darf nicht noch mehr Zeit im Versorgungsalltag kosten. Wenn die ePA befüllt ist, wird auch ihre Bedeutung im Versorgungsalltag steigen und Patienten werden diese aktiv nutzen können. Auch Patienten müssen bei Entwicklungen mit eingebunden werden. Hier sind die Krankenkassen gefordert, ihre Versicherten zu informieren und zu unterstützen. Damit die Patienten ihre ePA auch nutzen, muss der Zugang für Versicherte einfach aber sicher sein.
Zur Person
Dr. Günther Matheis ist seit 2016 Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und gehört seitdem dem Vorstand der Bundesärztekammer an. Dort engagiert er sich unter anderem als Vorsitzender der Ständigen Konferenz "Fortbildung" sowie als Beauftragter der Bundesärztekammer für die bundesweiten Transplantationsgremien und als Beauftragter für Menschen mit Behinderung. Der Facharzt für Thoraxchirurgie arbeitete viele Jahre als Sektionsleiter Thoraxchirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier.