Interview mit Dr. Stephan Nowak über die Zukunft der Neurochirurgie
Interview aus Mecklenburg-Vorpommern
Neurochirurg Dr. Nowak gibt Einblicke in seinen Praxisalltag in Rostock. Im Interview erklärt er, wie ambulante Operationen, digitale Prozesse und die TK-Versorgungsverträge zusammenwirken, um Patientinnen und Patienten besser und schneller zu versorgen.
TK: Herr Dr. Nowak, Sie sind seit mehreren Jahren in der Neurochirurgischen Praxis in Rostock tätig und haben diese nun sogar übernommen. Dadurch bringen Sie viele Jahre Berufserfahrung als niedergelassener Neurochirurg mit - insbesondere bei der Durchführung ambulanter Operationen. Wie bewerten Sie die Entwicklung des ambulanten Operierens vor dem Hintergrund der Einführung der Hybrid-DRG-Systematik? Welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Versorgungsrealität in den kommenden Jahren?
Dr. Nowak: Zum jetzigen Zeitpunkt sind Wirbelsäulen-Eingriffe noch nicht in die Systematik der Hybdrid-DRG´s integriert, so dass ich bislang wenig Erfahrung damit sammeln konnte. Das ambulante Operieren wird meiner Meinung nach in Zukunft aber deutlich mehr in den Vordergrund rücken, da durch die moderne Medizin keine langen Krankenhausaufenthalte mehr notwendig sind. Das schafft Kapazitäten, also schnellere OP-Termine für die Patientinnen und Patienten und senkt die Übernachtungskosten für die Leistungserbringer und Krankenkassen erheblich. Die niedergelassen Fachzentren haben sich seit Jahren auf die ambulante chirurgische Versorgung spezialisiert und sind meiner Einschätzung nach für diesen Trend in der Medizin gut vorbereitet.
TK: Viele Patientinnen und Patienten beklagen sich zunehmend über den Mangel an Facharztterminen und den schwierigen Zugang zu einer medizinischen Behandlung. Als TK wünschen wir uns deshalb ein digitales, standardisiertes Instrument zur Ersteinschätzung, das gemeinsam mit einer einheitlichen Online-Terminplattform dafür sorgt, dass Kapazitäten in fachärztlichen Praxen gerechter und schneller am Behandlungsbedarf orientiert vergeben werden können. Welche Chancen und Risiken sehen Sie in diesem Modell?
Dr. Nowak: Ich denke ebenfalls, dass eine gut optimierte und interdisziplinär vernetzte aber auch stabile IT sicherlich den Informationsfluss verbessern kann und damit eine deutliche Zeitoptimierung für die Patientinnen und Patienten ermöglichen würde. Wichtig ist jedoch auch eine gepflegte Eigenverantwortlichkeit. Bei uns zum Beispiel werden die Termine aktuell für neue Patientinnen und Patienten innerhalb von vier Wochen vergeben, dringliche Überweisungen bereits innerhalb von 1 bis 2 Tagen, trotz dessen, dass wir eine überdurchschnittliche Patientinnen- und Patientenzahl aufweisen.
TK: Die aktuelle gesundheitspolitische Lage stellt Ärztinnen und Ärzte häufig vor wachsende wirtschaftliche und organisatorische Herausforderungen. Inwiefern beeinflusst dies aus Ihrer Sicht die Behandlungsqualität und die Attraktivität des niedergelassenen Sektors?
Dr. Nowak: Als Arzt möchte man natürlich, wie in jedem Beruf, seiner Berufung nachkommen und viel der verfügbaren Zeit der medizinischen Versorgung widmen. Auf Grund der zunehmenden Bürokratisierung muss man jedoch mehr und mehr seiner Zeit in die "Akten-Arbeit" investieren. Dass stellt sicherlich eine Hürde für viele junge Kolleginnen und Kollegen dar, sich in die Niederlassung zu begeben. In den Kliniken ist schließlich eine eigene Abteilung für Medizin-Controlling, IT, Marketing etc. vorhanden.
Dr. Stephan Nowak
TK: Mit unseren beiden innovativen Versorgungsverträgen "Mikrochirurgie am Rücken" und "Schmerztherapeutische Eingriffe" ermöglichen wir gemeinsam TK-versicherten Patientinnen und Patienten in Mecklenburg-Vorpommern einen verbesserten Zugang zu ambulanter Versorgung bei bestimmten neurochirurgischen Eingriffen am Rücken. Welche Erfahrungen haben Sie in der Umsetzung gesammelt und welchen Nutzen sehen Sie für unsere Patientinnen und Patienten?
Dr. Nowak: Die Umsetzung ist sowohl für die Behandler als auch für die Patientinnen und Patienten sinnvoll ausgearbeitet. Der große Vorteil ist eine schnelle und optimierte Behandlung. So können zum Beispiel bei Bandscheibenvorfällen zunächst PRTs (CT gestützte "Nerven-Spritzen") schnell durchgeführt werden, da auch der Termin bei meinen Kolleginnen und Kollegen der Schmerztherapie für das Zweitmeinungsverfahren zeitnah gewährleistet ist. Sollte es doch zur OP kommen, ermöglichen die Versorgungsverträge auch eine operative Behandlung in unserer wirbelsäulenchirurgischen Praxisklinik, so dass die Behandlung in "einer Hand" bleibt. Der Vorteil für die Patientinnen und Patienten liegt hierbei in der Betreuung durch den operierenden Arzt sowohl vor, also auch nach der OP.
TK: Welche politischen und strukturellen Veränderungen wären aus Ihrer Sicht notwendig, um die ambulante chirurgische Versorgung dauerhaft zu stärken und die Rahmenbedingungen für niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte zu verbessern?
Dr. Nowak: Das ist aktuell eine sehr schwierig zu beantwortende Frage, da die seit der ehemaligen Regierung in Gang geschobenen und unter der jetzigen Regierung erneut angepassten Reformen erst noch zeigen müssen, wie sie den medizinischen Sektor beeinflussen werden. Wünschenswert wäre diesbezüglich besonders eine starke Beteiligung der betroffenen Fachgremien der Ärzteschaft, Krankenhäuser, KV´en sowie der Krankenkassen und ein reger Austausch miteinander. Die Klassiker niedriger bürokratischer Hürden, umsichtige Reformen und daraus resultierende Zukunftssicherheit sind sehr wichtig. Die Versorgungsverträge, wie die der TK, stellen meiner Meinung ein gutes Konzept für Patientinnen und Behandler dar, da diese eine schnelle Behandlung ermöglichen, den bürokratischen Aufwand reduzieren und sich als etabliertes Konzept entwickelt haben.
TK: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Der Alltag in der Praxis kann sicherlich ganz schön fordernd sein. Was hilft Ihnen, den Kopf frei zu kriegen oder neue Energie zu tanken?
Dr. Nowak: Für mich ist es wichtig die Freizeit mit der Familie zu genießen und gemeinsam etwas in der Umgebung zu unternehmen. Dabei kann ich den Praxis-Alltag mal hinter mir lassen und meinen Akku schnell wieder aufladen.